Abschied von Eden
darüber beklagt. Ich wollte sagen, daß ich glaube, daß er nicht sehr zeugungsfähig war.«
»Aber irgendwie ist sie doch schwanger geworden und hat Katie bekommen.«
»Die Wege des Herrn sind unergründlich. Sehn Sie nur, wie lange Rachel gebraucht hat, um ein Kind zu bekommen.«
Vor zwei Jahren hätte Decker gefragt, was für eine Rachel? Doch jetzt war ihm klar, daß sie sich auf die biblische Matriarchin bezog. »Wissen Sie, ob Linda oder Luke wegen dieses Problems in Behandlung waren?«
»Hat sie nie was von gesagt.«
»Wissen Sie zufällig, wer Lindas Arzt ist?«
»Ich weiß zumindest, wer Katie geholt hat.«
»Wie heißt er?« fragte Decker.
»Doctor Stanford Meecham.« Sie wartete, bis er den Namen aufgeschrieben hatte. »Er hat seine Praxis in Sun Valley und steht im Telefonbuch.«
»Wunderbar.«
Die Kellnerin kam mit dem Hamburger und den Fritten. Als sie Decker zum sechsten Mal Kaffee nachschenken wollte, hielt er eine Hand über die Tasse und schüttelte den Kopf. Darauf die Kellnerin mit unbewegter Miene: »Ich hab’ mich schon gefragt, wieviel wohl in Sie reinpaßt.«
Decker lachte. Er wartete, bis Annette zur Hälfte aufgegessen hatte, dann fragte er nach Carla.
»Was gibt’s da groß zu sagen?« antwortete Annette.
»Fällt Ihnen jemand ein, der ihr vielleicht hätte weh tun wollen? Ein eifersüchtiger Freund?«
»Wie ich schon sagte, sie hatte viele Freunde. Ich hab’ da den Überblick verloren.«
»Hat ihre Mutter auch den Überblick verloren?«
Annette sah ihn verständnislos an.
»Schien ihre Mutter wütend über Carla und Linda zu sein?« sagte Decker. »Wie ich gehört hab’, ist Granny D eine gute Christin und hat nichts für Sünder übrig.«
»Das ist wohl wahr«, sagte Annette. »Granny D mochte Linda nicht, das wußte jeder. Aber man muß einfach wissen, wie Granny D ist. Sie hing sehr an Luke, und ich glaub’, sie hätte jede Frau abgelehnt, die er geheiratet hätte, egal wer das gewesen wär’. Granny D ist halt so. Nur die Familie, sonst nichts. B. B. mag sie übrigens auch nicht.«
»Was hielt Granny D von Carlas hemmungslosem Verhalten?« fragte Decker.
»Das hat sie sicher Linda in die Schuhe geschoben.«
»Und Pappy D?«
»Ich glaub’, der hat sich mehr darüber aufgeregt, daß Linda mit den Jungs von Manfred geredet hat.«
Decker trank einen Schluck Eiswasser, dann fragte er Annette, ob Byron irgendeinen Groll auf Luke gehabt hätte.
»Nicht, daß ich wüßte«, sagte Annette. »Mein Gott, Byron fühlte sich doch so schrecklich schuldig, für das, was er getan hatte.«
»Byron hatte es also nicht wegen Linda auf Luke abgesehen?«
»Das glaub’ ich nicht.«
Offenbar war nichts Neues herauszukriegen. Decker machte ein wenig Small talk, bis Annette ihren Kuchen gegessen hatte. Dann steckte er sein Notizbuch weg und bat die Kellnerin um die Rechnung.
»Sie haben mir sehr geholfen, Annette …«
»Nennen Sie mich ruhig Nettie. Das tut jeder.«
»Okay«, sagte Decker. »Und vielen Dank, daß Sie gekommen sind, um mit mir zu reden.«
»Tja, danke für das Mittagessen. Nur schade, daß Sie nichts gegessen haben.«
Decker lächelte. »Kein Problem.«
»Ist Ihre Frau eine gute Köchin?« fragte Annette.
»Eine sehr gute.«
»Haben Sie ein Foto von ihr?«
Decker antwortete nein, aber er hatte einen Augenblick zu lange gezögert.
»Doch, Sie haben eins. Das sehe ich Ihnen an. Sie wollen es nur nicht zugeben, damit man Sie nicht für ’nen Softie hält. Jeff ist genauso.«
»Na schön, ich hab’ eins dabei«, sagte Decker.
»Lassen Sie es mich mal sehen.«
»Wenn es Sie wirklich interessiert.«
»Natürlich. Sonst würd’ ich ja nicht fragen.«
Decker stöhnte innerlich, als er seine Brieftasche herausnahm, denn er wußte verdammt genau, was passieren würde. Widerwillig zeigte er ihr ein Foto von Rina, worauf sich Annettes Blick sofort trübte. Sie betrachtete das Foto eine ganze Zeitlang.
»Sie ist sehr schön«, sagte sie leise.
»Danke.«
»Sie sieht noch jung aus.«
»Sie ist jung.« Decker steckte seine Brieftasche wieder ein. »Nicht so jung, wie sie auf dem Foto aussieht, aber sie ist noch keine Dreißig.«
Annette wischte sich den Mund ab. »Ich glaube, ich sollte dann jetzt wohl gehn. Und Sie?«
»Ich auch«, sagte Decker. Während er aufstand, dachte er, die gute Rina – wie immer stiehlt sie allen die Show.
20
Das Haus lag im Achthunderter-Block am Whittier Drive in Beverly Hills. Es handelte sich um eine zweistöckige
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