Abschied von Eden
»Meine Frau und ich … wir hatten grad’ Probleme miteinander … Ich bin drauf reingefallen und hab’ mich echt in sie verknallt. Ich hab’ sogar geglaubt, ich lieb’ die Frau, bis sie mich einfach im Stich gelassen hat. Ich hab’ sie nicht nur im Bett verloren, sondern auch als Kundin. Das soll mir ’ne Lehre sein, nie mehr Vergnügen und Geschäft zu vermischen. Ich kann nur froh sein, daß meine Frau das nie spitzgekriegt hat. Das hätt’ mir grad noch gefehlt. Meine Frau ist Mexikanerin und kommt aus einer altmodischen mexikanischen Familie. Wissen Sie, was deren Brüder mit mir machen würden, wenn sie rauskriegten, daß ich meine Frau betrogen hab’? Und selbst wenn die mich nicht alle machen würden, würd’ mir ’ne Scheidung weiß Gott den Rest geben. Unterhaltszahlungen für sie und die Kinder. Ich hab’ sechs Kinder. Meine Frau ist auch noch katholisch. Ich brauchte einen Dispens, um sie überhaupt heiraten zu dürfen. Geben Sie sich bloß nie mit ’ner Mexikanerin ab.«
Er sagte das so, als ob nur Mexikanerinnen wütend würden, wenn ihre Männer fremdgehen. »Lassen Sie uns noch mal auf Linda Darcy zurückkommen«, sagte Decker und nahm sein Notizbuch heraus. »Was genau haben Sie gemeint mit ›sie verhielt sich plötzlich richtig freundlich‹?«
»Nun ja, jahrelang war sie immer nur ganz geschäftsmäßig. Schmiert den Wagen ab, wechselt die Keilriemen, seht den Kühler nach. Manchmal fuhr sie den Pick-up, manchmal den Dodge. Das war ein feines Auto. Zweifarbig lackiert …«
»Jim, inwieweit verhielt sie sich freundlich?« fragte Decker.
»Sie war halt einfach anders. Lächelte, wenn sie mit mir sprach, berührte meine Schulter, wenn wir zusammen unter die Motorhaube guckten. Und dann sagte sie plötzlich aus heiterem Himmel, sie hätt’ ’n bißchen Zeit, ob wir nicht in diesem McDonald’s ’ne Tasse Kaffee zusammen trinken sollten. Eins führte zum anderen, und plötzlich lagen wir zusammen im Bett.« Grains stockte. »Aber das ist alles Vergangenheit. Was soll das Ganze überhaupt?«
»Linda Darcy ist ermordet worden«, sagte Decker.
Grains Augen quollen noch weiter hervor, dann verschluckte er sich. Decker stand auf und versetzte ihm einen kräftigen Schlag zwischen die Schulterblätter. Grains hustete und spuckte einen Happen Essen in eine Serviette. Decker wollte warten, bis er sich ein wenig beruhigt hatte, doch Grains murmelte immer wieder »verdammte Scheiße«.
Schließlich sagte Decker: »Wie lange hatten Sie diese Affäre mit Linda?«
»Verdammte Scheiße! Ermordet? Wie?«
»Erschossen«, sagte Decker. »Wie lange hatten Sie und Linda …«
»Sie glauben doch nicht etwa, daß ich was damit zu tun hätte!«
»Bitte beantworten Sie die Frage, Jim.«
»Sie erzählen das doch wohl nicht meiner Frau?«
»Wie wär’s, wenn ich erst mal die Fragen stelle und Sie sie beantworten? Wie lange hatten Sie diese Affäre mit Linda?«
»Verdammte Scheiße«, sagte Grains. »Sechs Monate.«
»Wann fing das an?«
»Vor einem Jahr.«
»Und es dauerte sechs Monate?«
»Ja, Sir. Ich war im übrigen nur sechsmal mit ihr zusammen. Aber Mann, sie war wie eine Tigerin.«
Decker dachte, sechs Belege von dem Motel, sechsmal. Das haute hin. »Und seitdem haben Sie Linda nicht mehr gesehen?«
»Nein, Sir. Wie ich bereits sagte, ich hab’ sie als Frau und als Kundin verloren, als die Affäre beendet war.«
»Hat sie Ihnen eine Erklärung gegeben, warum sie die Affäre beendete?«
»Nope«, sagte Grains. »Das war das schlimmste für mich. Sie hat einfach gesagt, es wär’ Zeit für was Neues. Als ob ich nichts als ’n Stück Vieh wäre. Das hat mich echt angekotzt. Ich hab’ sie gefragt, wie sie das meinte, und sie hat mir keine Antwort gegeben. Ist einfach aus dem Motel raus, und ich hab’ sie nie wieder gesehen.«
»Haben Sie versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen?«
»Um Gottes willen, nein. Sie hat zwar das Motelzimmer und ihr Benzin bezahlt, aber ich hab’ ihr jede Menge Zeugs gratis gegeben – Reifen, Öl für Motor, Getriebe und Lenkung, Ersatzteile und Keilriemen, die ihr Mann, soweit ich weiß, für seine Maschinen brauchte. Einen kostenlosen Ersatzkanister mit bleifreiem Benzin. Mann, sie hat mich echt ’ne Stange Geld gekostet. Aber damals hab’ ich wohl geglaubt, daß sich’s lohnt. Das denke ich heute nicht mehr … aber das spielt ja keine Rolle mehr, jetzt wo sie … verdammt, das ist übel. Verdammte Scheiße!«
Decker klappte sein Notizbuch zu,
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