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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Cong Janie, die uns aufforderte, die Waffen niederzulegen, mit den Leuten daheim, die uns Babykiller nannten, mit Reportern, die uns fragten, ob wir nie über die moralischen Konsequenzen unserer Handlungen nachdenken würden. Und dann erzählst du uns auch noch, daß unsere Feinde auch Menschen seien. Wenn das keine Demoralisierung der Truppe ist. Sie war dabei, dich völlig umzudrehen, Abel!«
    »Wir haben nie über Politik geredet.«
    »Unsinn!« sagte Decker. »Du wußtest, daß sie keine Eltern mehr hatte, du wußtest, daß ihr Mann sie auf den Strich schickte. Sie hat dir einiges aus ihrem Leben erzählt. Dinge, die Mitleid in dir erregen sollten. Damit du die andere Seite auch als ›Menschen‹ siehst. Und natürlich sind das Menschen. Aber das darfst du dir nicht vorstellen, wenn du auf sie schießt. Sonst kannst du dir selbst nie mehr in die Augen sehen.«
    Schweigen. Schließlich sagte Abel: »Könnte schon sein.«
    Er trank sein Bier aus und quetschte die Dose zusammen. Dabei dachte er über Deckers Worte nach, dachte an all die Male, wo er und Song sich geliebt hatten. Ihre Arme und Beine um ihn geschlungen, und ihr Haar, das ihm ins Gesicht fiel, in seine Augen und in seinen Mund. Waren ihre geschmeidigen Glieder und ihr samtenes Haar eine Falle gewesen? Ihre Liebe war ihm so rein, so heilig vorgekommen. Doch damals war, wie Abel heute wußte, seine Seele völlig ausgehungert gewesen und bereit, jeden Brocken zu nehmen, den man ihm hinwarf. Ihre Liebe, war sie nichts als ein giftiger Köder gewesen? Er wußte, daß Decker zumindest in einer Sache recht hatte. Die Vietcong waren von den freundlich gesonnenen nicht zu unterscheiden gewesen.
    Er biß sich auf die Lippe, dann sagte er: »Wir werden nie erfahren, was wirklich mit Song war.«
    »Nicht in diesem Leben.«
    »Na ja, vielleicht hat das ja auch sein Gutes. Wenn wir die Wahrheit herausfänden, würde einer von uns der große Verlierer sein.«
    »So verlieren wir allerdings beide«, sagte Decker.
    »Aber nicht ganz so viel«, sagte Abel. »Wir können es beide rationalisieren.« Er sah Decker an. »Wie habt ihr das mit ihr rausgekriegt?«
    »An jenem Morgen haben wir ihren Mann gefangengenommen. Er hatte ein Foto von ihr in der Tasche.« Decker zündete sich eine weitere Zigarette an. »Dasselbe Foto, das sie auch dir gegeben hat. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Der Kerl hatte keine Skrupel, seine Frau herumzureichen. Vermutlich stellte er sich vor, wenn er sie uns auslieh, würden wir nachsichtig mit ihm sein. Schlechte Strategie – hat ihn das Leben gekostet. Gott, was für eine absolut beschissene Situation!«
    »Und ich hab’ die ganze Zeit geglaubt, es wäre dir völlig egal gewesen.«
    »Wie kommst du denn darauf? Glaubst du, ich wär’ aus Stein?«
    »Ich kann mich nur an deinen Gesichtsausdruck erinnern, als du geschossen hast. Du sahst so glücklich aus.«
    »Dope«, sagte Decker. »Damit sah man alles durch die rosarote Brille, Atwater. Ich hatte Angst!« Er trank das zweite Bier aus und warf die nur zur Hälfte gerauchte Zigarette in die leere Dose. »Wie ich schon sagte, wenn ich eine zweite Chance bekäme, würd’ ich es vielleicht anders machen.« Er starrte Abel an. »Aber du hattest trotzdem kein Recht, Rina das anzutun. Sie hat mir verziehen, ja sogar dir verziehen. Aber Mann, sie war völlig fertig. Das arme Mädchen hat wirklich schon was durchgemacht, und da mußt du eine solche Nummer abziehen.«
    »Das war gemein«, sagte Abel.
    »Sie hätte dich erschießen können. Ich muß dir sagen, ich bin überrascht, daß sie es nicht getan hat.«
    »Ich nicht. Ich wußte, daß sie es nicht kann.«
    »Hätte sie aber tun sollen.«
    »Yeah, das streite ich gar nicht ab.«
    »Gott, was ist nur in dich gefahren, daß du eine solche Selbstmordnummer abziehst?«
    »Wie gesagt, ich bin wohl ausgerastet. Ich hab’ eine ziemlich schlimme Zeit hinter mir. Wirklich schlimm, Peter. Jede Menge Blackouts, in fremden Gegenden aufgewacht, wegen Landstreicherei, Trunkenheit und ungebührlichem Benehmen verhaftet.«
    »Das steht aber nicht in deinem Vorstrafenregister.«
    »Das war in kleinen Orten – östlich und nördlich von L. A., weiß der liebe Himmel, wie ich da hingekommen bin. Weißt du, ich merke genau, wenn bei mir eine schlechte Phase anfängt. Als erstes kommen die Erinnerungen in meinen Träumen hoch, dann fange ich an, tagsüber Dinge zu sehen, höre ich Schüsse, wenn ein Auto Fehlzündung hat. Mein Verstand setzt aus, bis

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