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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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humpelte er zum Sofa, ließ sich in ein dickes Kissen sinken und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht.
    Schließlich sagte er. »Du hast ihr – oder mir – nie die Chance gegeben, es zu erklären.« Er wischte sich mit dem Handrücken über die feuchten Augen. »Ich hab’ dich angefleht, es nicht zu tun, Pete. Trotz des Morphiums, trotz des Schocks, trotz allem wußte ich, was passieren würde, und ich hab’ dich wie ein Verrückter angefleht, es nicht zu tun.«
    Decker antwortete nicht.
    »Weißt du, wie es ist … jemanden, den man liebt … explodieren zu sehen?« fragte Abel.
    »Ich hab’ nur dich explodieren sehen«, sagte Decker ganz leise. Er spürte, wie in seinem Kopf ein Schmerz entstand, gegen den Aspirin nichts ausrichten konnte. »Ich hab’ vorhin gelogen. Wenn ich gewußt hätte, was ich heute weiß, hätte ich es nicht getan.«
    Er atmete heftig aus, dann setzte er sich neben Abel.
    »Aber damals … ich weiß nicht … ich hatte einfach nicht die nötige Geistesgegenwart … die Erfahrung … ich war nur ein dummer Junge, Abe.«
    Abel warf die Hände in die Luft. »Wir waren alle dumm … Gott, wir hatten ja keine Ahnung … ich wünschte nur …« Er verstummte.
    »Du hast Rina eine Waffe an den Kopf gehalten, weil … weil du wissen wolltest, was das für ein Gefühl ist. Das hättest du mich auch direkt fragen können, Atwater.« Seine Stimme versagte. »Soll ich dir sagen, was das für ein Gefühl war? Es war der beschissenste Alptraum, den man sich vorstellen konnte. Meinst du, ich kann mich nicht erinnern, wie ihr Gehirn auf meine Kleider klatschte, ihr Blut mir in die Augen spritzte …«
    »O Gott!« Abel unterdrückte ein Würgen.
    »Alles …« Decker schüttelte den Kopf. »Es ging einfach so verdammt schnell. Du warst meine Hauptsorge. Es … Ich …« Decker versuchte, die richtigen Worte zu finden. »Ich hab’ dir zugeschrien, daß da eine versteckte Bombe …«
    »Ich hab’ dich gehört«, sagte Abel. »Ich hab’ dich zumindest schreien hören.«
    »Yeah. Du hast hochgeguckt, bist halb raus aus dem Jeep … Dann ging es los. Bum! Chaos! Ich bin aus dem Jeep gesprungen … Stiller, dieser Bagman und DeMarcos waren mit mir im Auto … Stiller fuhr … Ich bin zu dir rübergelaufen …«
    Decker hielt einen Augenblick inne, starrte auf seinen Schoß und schüttelte den Kopf.
    »Gott, war das eine Sauerei! Überall Rauch … meine Augen tränten wie verrückt, und meine Nase roch nur den Gestank von verbranntem … Gummi.«
    »Fleisch«, sagte Abel.
    »Mann, das auch … dein Stumpf … eimerweise Blut … und du warst von herumfliegenden Metallstücken fast zerhackt worden. Du … hast einfach überall geblutet.
    Ich hab’ mich um dich gekümmert, während die anderen … Scheiße, ich weiß nicht, was die anderen gemacht haben … ich kann mich erinnern, daß DeMarcos das Dorf dem Erdboden gleichmachen wollte. Mann, ich mußte dich behandeln und gleichzeitig DeMarcos daran hindern, ein zweites My Lai zu veranstalten. In dem Dorfe wohnten angeblich viele uns freundlich gesonnene … wer, zum Teufel, sollte das wissen … dann tauchte plötzlich Stiller auf und zerrte Song hinter sich her … sagte, er wolle sie vergewaltigen …«
    »Das hab’ ich nicht mitgekriegt«, sagte Abel.
    »Mann, du warst so mit Drogen vollgepumpt, du wußtest nicht mehr, was los war. Ich muß dir bestimmt … mein Gott, ja bestimmt drei Ampullen Morphium gespritzt haben. Ein Wunder, daß du nicht auf der Stelle an einer Überdosis krepiert bist … Ich hatte so ’ne Scheißangst. Dein Gesicht, Abe … wie völlig weggetreten. Kalt und grau. So wie einer, von dem man weiß, daß er dem Tod bereits ins Auge schaut. Es gelang mir, die Blutung unter Kontrolle zu bringen, aber der Schock hatte bereits eingesetzt …«
    Decker nahm eine Zigarette heraus, zündete sie an und tat einen langen Zug.
    Er spürte, wie ihm der Schweiß den Nacken und den Rücken herunterlief. Sein Körper war heiß und klebrig.
    »Stiller fing an, Song die Kleider vom Leib zu reißen. Ich sagte zu ihm, laß das … hör auf. Er brüllte mich an, nannte mich … ich weiß nicht mehr genau … einen Japsenfreund … sagte, ich wär’ genauso schlimm wie du … erzählte einfach Müll. In der Zwischenzeit mußte DeMarcos ein Magazin in sein Schnellfeuergewehr geschoben haben. Er fing nämlich an herumzuschießen … auf die Hütten loszuballern. Dann setzte Stiller … er mußte Song zu uns beiden rübergezerrt haben … dann

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