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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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einem Baum sitzen lassen«, sagte Byron. »Der hängt mindestens schon einen Tag da, nach der Größe der Wabe zu urteilen.« Byron sah Marge an. »Da muß was Schlimmes passiert sein.«
    »Und Sie wollen wirklich mit uns reingehen?« fragte Decker.
    »Ja, Sir, das möchte ich«, antwortete Byron. Er senkte seine Stimme ein wenig. »Das möchte ich.«
    Decker stellte die Automatik wieder auf Fahren und parkte vor dem Haus. Sobald er ausgestiegen war, drang ihm ein furchtbarer Gestank in die Nase. Es roch nach Verwesung. Bienen flogen ihm um den Kopf herum, zwar bei weitem nicht so viele wie bei dem ersten Schwarm, den er erlebt hatte, aber immerhin genug, um ein tiefes unheilverkündendes Summen zu erzeugen. Er tauschte einen argwöhnischen Blick mit Marge.
    Byron ging rasch ums Haus. »Alle Autos sind weg«, sagte er, als er zurückkam.
    »Was fahren sie für Autos?« fragte Decker.
    »Pappy D hat einen zweifarbig lackierten Plymouth aus den fünfziger Jahren, B. B. einen großen Ford Pick-up«, antwortete Byron. Er hielt sich den Mund zu. »Mein Gott, stinkt das.«
    »Ich hol’ Handschuhe«, sagte Marge.
    »Handschuhe?« fragte Byron.
    »Damit wir keine Spuren vernichten«, sagte sie. »Mr. Howard, ich halte es für das beste, wenn Sie draußen bleiben.«
    »Will ich aber nicht.«
    »Mr. Howard, ich fürchte, ich muß darauf bestehen, daß Sie draußen warten«, sagte Decker.
    Byron biß sich auf die Lippe, offenbar um eine Mischung aus Wut und Angst zu unterdrücken.
    »Ich weiß, daß Sie sich Sorgen machen«, sagte Decker. »Und was ich hier rieche, gefällt mir auch nicht. Aber so sind nun mal die Vorschriften, Sir.«
    Byron murmelte ein Schimpfwort und wandte sich ab.
    Decker nickte Marge zu, dann drehte er den Knauf der Haustür. Sobald sie auf war, schoß ihnen ein Schwall aus Hitze und bestialischem Verwesungsgestank entgegen.
    »O Gott!« rief Decker und unterdrückte ein heftiges Würgen.
    »Hier«, sagte Marge und gab ihm ein Glas VapoRub. »Stopf dir die Nase zu.«
    Decker tat in jedes Nasenloch etwas Salbe, dann nahm er ein Taschentuch und hielt es sich vor Nase und Mund. Marge preßte beide Hände vors Gesicht. Vom Entwurf ähnelte das Haus dem der Howards. Als erstes kam man in ein idyllisch rustikales Wohnzimmer, nur daß es hier wie in einem Schlachthaus roch. Bienen wirbelten wie Konfetti durch die Luft. Der Boden aus Kiefernholz war mit rotbraunen, bereits verkrusteten Streifen überzogen. Fußspuren in der gleichen Farbe führten von der Küche zur Haustür. Große Füße – etwa Größe elf – gefolgt von kleineren – vielleicht sieben oder acht. Decker wies Marge darauf hin, sie nickte und nahm einen Block heraus.
    Decker sah sich gründlich im Zimmer um. Nichts war umgeworfen oder zerstört worden. Die Polstermöbel aus rot-gelb geblümtem Stoff wiesen keinerlei Schlitze oder Risse auf, und die Kissen waren stilvoll arrangiert. Die dazu passenden Gardinen waren ebenfalls unbeschädigt und hingen ordentlich in Falten gelegt. Nichts klaffte auf oder war auseinandergerissen worden. Keine äußeren Anzeichen für einen Kampf. Marge tippte ihn auf die Schulter und zeigte auf eine dunkle flauschige Linie, die sich glitzernd über den Fußboden wand. Es war eine Schlange aus Bienen, die übereinanderhockten.
    Decker trat vorsichtig über die Bienen und ging auf die Küche zu. Der Gestank war unerträglich und die Luft voller Bienen, die ein Requiem summten. Decker schmierte sich noch mehr VapoRub in die Nase und hielt sich das Taschentuch wieder vors Gesicht. Marge hustete hinter ihren Händen.
    Die Küche war genauso groß wie die der Howards und ebenso modern. Decker warf einen raschen Blick durch den Raum und zwang sich, Einzelheiten aufzunehmen. Die glänzenden sonnenbeschienenen Geräte aus Edelstahl waren voller Spritzer aus getrocknetem Blut. Auf den Arbeitsflächen standen kleine Pfützen geronnener Milch, und überall lagen leere Dosen zum Abfüllen von Honig herum – auf dem Herd, auf den Arbeitsflächen, auf dem Fußboden. Ein offener Vier-Liter-Honigtopf war umgekippt. Der zähflüssige Inhalt bildete eine Lache auf dem Boden. Hunderte von Bienen krabbelten über die trübe braune Masse, und ihre Vorderbeine und Rüssel sammelten gierig die Beute auf.
    Schließlich wandte er den Blick in die Mitte des Raumes. Erst nur kurz, dann konzentrierte er sich ganz auf den grausigen Anblick.
    Dort lagen drei Tote – ein Mann und zwei Frauen –, alle mit einer klebrigen Schicht aus Blut

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