Absolut WILD 3
hauchte sich in die Hände. Es war ein bitterkalter Tag, ein richtiger Januar-Schocker. »Die Pferde sind für den Dreh der Zirkusszenen am Freitag in einer Woche gebucht. Vielen Dank, Addie, dass du dich um meine Mädels gekümmert hast.«
Bevor wir den Reitplatz verließen, streichelten Tori und ich noch Starlights warme Flanke.
»Wir sehen uns in zwölf Tagen, Starlight«, sagte ich, und die silberne Stute wieherte mich an, als hätte sie genau verstanden, was ich gesagt hatte.
»Okay«, sagte Papa, als wir mit unserem alten schwarzen Van auf der Autobahn in Richtung Fernleigh unterwegs waren. »Eure Mutter meinte, ich soll euch an der Bushaltestelle am Schwimmbad absetzen, damit ihr den Zwei-Uhr-Bus nehmen könnt.« Er sah auf seine Uhr. »Das schaffen wir problemlos.«
Ich atmete tief durch. Tori und ich hatten die Sache bis ins kleinste Detail durchgeplant. Jetzt durften wir nur nicht die Nerven verlieren.
»Mama hat garantiert eine andere Haltestelle gemeint«, sagte ich so unschuldig, wie ich konnte. »Die am Schwimmbad ist wegen einer Umleitung gesperrt.«
Papa runzelte die Stirn. »Ich bin sicher, dass es so in ihrer SMS stand. Eure Mutter vertut sich bei solchen Dingen eigentlich nicht.«
»Sie ist zur Zeit ziemlich müde«, sagte ich. »Ist wahrscheinlich voll anstrengend für sie, sich allein um uns zu kümmern. Gestern Abend hätten wir fast Hundefutter zu essen bekommen.«
»Hasi dachte, es wäre Weihnachten, als Mama angefangen hat, Lasagne in ihren Napf zu tun«, fügte Tori hinzu.
»Und dann wollte sie auch noch ihren Föhn in die Spülmaschine legen«, erzählte ich fröhlich. »Wir konnten es im letzten Moment verhindern.«
Papa wirkte beunruhigt. »Das klingt ja richtig gefährlich!«
»Nein, nein, sie gibt sich wirklich alle Mühe«, sagte Tori beschwichtigend. »Mach dir keine Sorgen, Papa. Wir hätten besser nichts davon gesagt.«
Wie wir erwartet hatten, war Papa nun erst recht besorgt. Er sah uns finster im Rückspiegel an. »Ich denke, ich sollte euch nach Hause fahren und mit eurer Mutter darüber reden, wie sie so klarkommt.«
»Nein, Papa, bitte nicht!« Ich tat so, als wollte ich ihn unbedingt davon abbringen. »Warum setzt du uns nicht einfach am Brown Bell -Kreisverkehr ab? Von da ist es nicht mehr weit zum Safari-Park, und wir müssen nur einmal die Schnellstraße überqueren. Die Ampel ist zwar kaputt, aber wir haben es diese Woche schon ein paarmal gemacht.«
»Mama macht uns wahrscheinlich ganz schön fertig, wenn sie den Eindruck bekommt, wir hätten uns beschwert«, sagte Tori und lieferte damit praktisch das Tüpfelchen auf dem i.
Papa trat aufs Gas. »Wir sind in zehn Minuten da«, sagte er grimmig. »Ich muss ein ernstes Gespräch mit eurer Mutter führen.«
Tori und ich klatschten uns lautlos auf der Rückbank ab. Phase eins unseres großen Masterplans war angelaufen.
7
Ein Bär, kein Chihuahua
Dummerweise hatten wir aber nicht über Phase eins hinaus geplant.
»Was habt ihr euch nur dabei gedacht?«, schnauzte uns Mama an. »Eurem Vater solche Lügen aufzutischen! Jetzt glaubt er, ich wäre nicht in der Lage, mich um euch zu kümmern, und am Ende zeigt er mich auch noch an! Ihr habt diese Woche beide Hausarrest. Keine Verabredungen nach der Schule! Ihr kommt jeden Tag auf dem schnellsten Weg nach Hause, damit ich euch im Auge habe!«
Tori und ich kauerten niedergeschlagen auf dem Sofa und kuschelten uns an Hasi, die zwischen uns saß.
»Tut uns leid, Mama«, murmelte ich.
»Wir wollten dich und Papa doch nur dazu bringen, dass ihr miteinander redet!«, sagte Tori. »Die ganze Simserei ohne Reden ist einfach total blöd.«
Mama schnaubte, stemmte die Hände in die Hüften und bleckte die Zähne wie ein wütender Pavian. »Tja, wir haben geredet, nicht wahr? Seid ihr jetzt zufrieden?«
Genauer gesagt hatten sie sich angebrüllt, als Papa Mama in der Küche zur Rede gestellt hatte. Dann war er aus dem Haus gestürmt, und als er den Gartenweg hinuntergelaufen war, hatte Mama mit einer unserer neuen blauen Kaffeetassen nach ihm geworfen. Ich freue mich, euch mitteilen zu können, dass die Tasse ihr Ziel verfehlte und in der Hecke landete und inzwischen wieder wohlbehalten im Küchenschrank steht.
»Außerdem habt ihr mir überhaupt nicht zu sagen, wie ich mit eurem Vater umgehen soll, Tori!«, schrie Mama.
Tori sprang auf, und Hasi, die sowieso schon nervös war, machte erschrocken einen Satz vom Sofa und suchte sich ein ruhigeres Plätzchen.
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