Absolut WILD 3
die Mädels auch!«
»Wir haben sie dazu gezwungen«, erklärte Tori.
»Wie geht es der Bärin?«, fragte ich aufgeregt. »Wie geht es den Babys?«
Dr. Nik zwinkerte uns zu. »Ihr könnt reinkommen und sie euch ansehen, wenn ihr versprecht, ganz leise zu sein. Das Bärenhaus ist zwar schallisoliert, aber wir müssen trotzdem vorsichtig sein. Wir hatten die Bärin ruhig gestellt, damit sie unterwegs nicht wach wird und in Panik gerät, aber der Transport ist reibungslos über die Bühne gegangen, und sie hat sich bisher kaum gerührt, obwohl das Medikament schon vor Stunden aufgehört hat zu wirken. Ich habe sie sicherheitshalber die ganze Nacht beobachtet.«
In dem neuen Bärenhaus war es schummrig und kalt. Es war nur mit einer einzelnen schwachen Glühbirne beleuchtet, damit die Bärin in ihrem natürlichen Ruhezustand nicht gestört wurde. Es dauerte einen Moment, bis wir die Umrisse der Jungen, die sich in ihr Fell kuschelten, durch das kleine Beobachtungsfenster erkennen konnten. Ich zählte: eins, zwei, drei.
»Bärinnen haben normalerweise nur ein oder zwei Junge«, sagte Dr. Nik, als er mich zählen sah. »Die drei Jungen sind ein Zeichen dafür, dass man sich im Zirkus gut um sie gekümmert hat. Zufriedene, wohlgenährte Tiere haben meist größere Würfe.«
Ich war erleichtert. Die Haltung von Wildtieren in Zirkussen war zwar grundsätzlich falsch, aber zumindest war dieser Zirkus anscheinend von Leuten geführt worden, die sich mit Bären auskannten.
»Wie heißt sie?«, fragte Tori, während sie die schlafende Bärin betrachtete.
»Sie hatte sicherlich einen Namen im Zirkus, aber den wissen wir nicht«, sagte Dr. Nik und sah uns mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Irgendwelche Vorschläge?«
»Brownie!«, rief ich sofort, bevor Tori etwas sagen konnte. »Nein – Belinda! Bella!«
»Sie kommt aus Russland«, bemerkte Tori. »Meinst du nicht, sie sollte einen russischen Namen haben?«
»Moskau«, schlug ich blitzschnell vor. »Kosak. Ähm …« Was gab es noch für russische Begriffe?
»Das klingt eher nach Jungennamen«, sagte Tori. »Wie wäre es mit Anna?«
»Wir haben schon drei Annas in der Klasse«, entgegnete ich. »Da müssen wir uns etwas Originelleres einfallen lassen. Wie findest du … Ivana?«
»Klopf, klopf!«, sagte Tori.
»Was?«, fragte ich verdutzt.
»Nun mach schon mit«, sagte Tori.
»Okay, wer ist da?«
»Ivana.«
»Ivana wer?«
»Ivana Bär!«
Ich schlug mir stöhnend vor die Stirn. »Deine Witze waren auch schon mal besser, Tori.«
»Seid leise, queridas «, ermahnte uns Mama.
Als wir uns erschrocken die Münder zuhielten, sagte Dr. Nik lächelnd: »Ivana gefällt mir. Den Jungen könnt ihr später Namen geben, wenn die Mutter wach ist.«
Mama beobachtete die kleinen Bären aufmerksam. »Sie scheinen alle gut gesäugt zu werden«, sagte sie.
»Bislang ja«, pflichtete Dr. Nik ihr bei. »Hoffen wir, dass es so bleibt, wenn die Mutter wach ist und mit ihnen interagiert. Ihre Reizbarkeit könnte zum Problem werden.«
»Komm doch zum Frühstück mit zu uns, Jonas«, schlug Mama vor. »Du siehst müde aus.«
»Weißt du noch, dass ich davon gesprochen habe, dass Dr. Nik Mama mag?«, raunte Tori mir zu, als wir den beiden nach draußen folgten. Mama lachte über etwas, das Dr. Nik ihr erzählte, während sie ein Stück vor uns in Richtung unseres Hauses gingen. Hasi zockelte gemütlich neben ihnen her. »Ich wünschte, ich hätte es nicht gesagt. Es kommt mir plötzlich so vor, als hätte ich da etwas herbeigeredet.«
»Mach dir darüber keine Sorgen«, sagte ich so tröstend, wie ich konnte. »Weißt du, was neben Mama lag, als ich sie geweckt habe? Papas Foto. Und gestern, als Dr. Nik am Telefon war und nicht Papa, hat sie schrecklich enttäuscht geklungen. Zwischen ihr und Dr. Nik wird garantiert nichts laufen, Tor.«
Tori kaute an ihrem Daumennagel. »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Sieh sie dir doch an!«
Das tat ich. Sie machten tatsächlich den Eindruck, als fühlten sie sich ziemlich wohl miteinander.
»Wir müssen Mama und Papa so schnell wie möglich wieder zusammenbringen«, sagte ich bestimmt. »Nächstes Wochenende fahren wir mit Papa zu den Zirkuspferden. Bis dahin brauchen wir einen Plan, okay?«
6
Hundefutter zum Abendessen
Die Zirkuspferde sahen genauso toll aus, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Die einzige Enttäuschung war, dass sie keine Federn auf den Köpfen hatten.
»Den Kopfschmuck setzen wir ihnen nur auf, wenn sie in die Manege
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