Absolute Beginners
mich diese Episode aufregte, das alles war so unnötig und altmodisch, einen Teenager wie ein Kind zu behandeln, und ich machte mich ziemlich wütend auf den Weg von der Victoria Station nach Hause.
Du musst wissen, dass sich die einzige Dunkelkammer, über die ich verfüge und ohne die ich, natürlich, meine Abzüge im Geschäft machen lassen müsste, im Domizil meiner Alten befindet, in Belgravia South, wie sie es nennen, nämlich in Pimlico. Du kannst dir wahrscheinlich denken, dass ich dort nicht gerne hingehe, auch schon seit Jahren nicht mehr wohne (außer wenn sie sich zu ihrer Sommer-Seebad-Orgie aufmachen). Aber sie lassen mir das, was sie »mein Zimmer« nennen, im Anbau nach hinten raus, der früher mal das Gewächshaus und voller Topfpflanzen war.
Die Familie, wenn man sie so nennen kann, besteht außer mir aus drei Personen plus zahlreichem Anhang. Die drei sind mein armer alter Dad, der noch gar nicht so alt ist, bloß achtundvierzig, aber von den 1930er-Jahren gebrochen und erledigt wurde, wie er nie versäumt, mir zu erzählen, und dann meine Mum, die viel älter ist, als sie sich anmerken lässt, oder, das muss ich ihr zugestehen, sicher drei oder vier Jahre älter aussieht als mein Dad, und schließlich mein Halbbruder Vern, den Mum sieben Jahre, bevor sie sich mit meinem Poppa zusammentat, von einem mysteriösen Mann bekommen hat, und welcher nun der Knallkopf, Faulpelz und Unhold Nummer eins von ganz Westminster City ist. Was den zahlreichen Anhang angeht, das sind Mums Mieter, denn sie betreibt eine Pension, und einige von ihnen haben sich, wie man es nicht anders erwartet, wenn man meine Ma kennt, sehr ausdauernd eingemietet, und weil mein Dad daran anscheinend nichts ändern kann, drückt ihm eine Kombination aus meiner Mum und den 1930ern aufs Gemüt, was einer von mehreren Gründen ist, aus denen ich das liebe alte Heim meiner Ahnen verlassen habe.
Mum gibt mir keinen Schlüssel, aber da ist sie sogar bei ihren im Voraus zahlenden Übernachtungsgästen streng, weil sie gerne weiß, wann einer kommt und geht, selbst spät am Abend, also wahre ich, obwohl ich mir, für Notfälle, einen Schlüssel habe nachmachen lassen, höflichkeitshalber die Form und klingele, auch, um ihr zu zeigen, dass ich mich als reinen Besucher betrachte und nicht da lebe . Wie immer und obwohl sie sauer wird, wenn man die Hintertreppe runtersteigt und an die Tür des Kellers klopft, wo sie fast immer aufzufinden ist, kam Mum erst mal von dort heraus, um nachzusehen, wer da war, bevor sie wieder reinging und mir die Haustür öffnete, was sie, wenn sie gut erzogen gewesen wäre, auch gleich hätte tun können.
Da stand sie, und wie immer hellten sich ihre Züge beim Anblick einer Männerhose auf, selbst bei der ihres Sohnes, und zwar zu diesem saloppen sexy Ausdruck, der mich immer wahnsinnig macht, weil meine Mum, versteckt hinter diesem ausgesprochen verlockenden Fleischwall, eigentlich echt Köpfchen hat. Aber das verwendet sie allein auf ihre Außenwirkung, wie Pfeffer und Salz und Knoblauch auf einem zu lang gebratenen Schweinekotelett.
»Hallo, Blitz-Baby«, sagte sie.
So nennt sie mich immer, weil ich während eines Luftangriffs geboren wurde, im Schutz eines U-Bahn-Schachts, mit einem Luftschutzhelfer als Hebamme, wie sie nie müde wird, mir oder, noch schlimmer, anderen Leuten in meinem Beisein zu erzählen.
»Huhu, Ma«, sagte ich zu ihr.
Sie stand immer noch da, ihre pinken, von Seifenwasser nassen Hände in ihre Toulouse-Lautrec-Hüften gestemmt, und warf mir diesen einladenden Blick zu, den sie sonst vermutlich für ihre Mieter aufhob.
»Willst du aufmachen?«, fragte ich sie, »oder soll ich durchs Wohnzimmerfenster einsteigen?«
»Ich schick dir deinen Vater runter«, antwortete sie mir. »Dich reinzulassen sollte er schaffen, schätze ich mal.«
Meine Mum hat diese Masche, mit mir über Dad zu sprechen, ganz so, als sei er nur mein Verwandter, nur meiner, mit dem sie nie irgendwas zu tun hatte (abgesehen natürlich davon, mit ihm Sex gehabt und den armen alten Kerl sogar geheiratet zu haben). Ich nehme an, das tut sie, weil Dad, zum Ersten, das ist, was man einen Versager nennt, obwohl ich ihn eigentlich nicht unbedingt als solchen betrachte, da für jeden hätte klar sein müssen, dass er es nie zu irgendwas bringen würde, und zum Zweiten, um zu zeigen, dass ihr erster Mann, wer auch immer er war, derjenige, der sie dazu angestachelt hat, mit ihm diesen Erste-Klasse-Morbiden zu produzieren,
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