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Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin MacInnes
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die Russen«, sagte der Hoplite, und ein verträumter Blick glitt über sein hübsches Antlitz. »Glaubst du, da drüben gibt es auch Teenager?«
    »Darauf kannst du wetten«, sagte ich. »Hast du mit keinem der Jungs gesprochen, die bei dem Kongress drüben waren? Die gibt es genauso wie bei uns. Aber die Russen haben dabei versagt, gute Propaganda zu machen und jemanden aus Fleisch und Blut zu schicken, den wir sehen oder mit dem wir reden könnten.«
    Dem Hoplite wurde langsam langweilig, wie das bei ihm so ist, wenn man vom Klatsch ins Theoretische kommt. »Du bist so ein schlauer Kerl«, sagte er und klopfte mir auf die Schulter, »und beurteilst uns, den Rest der Sterblichen, so scharfsinnig und unnachsichtig … Und ganz tief drinnen, glaube ich fest, bist du ein Patriot.«
    »Darauf kannst du wetten, dass ich ein Patriot bin«, rief ich aus. »Gerade weil ich ein Patriot bin, kann ich ja unser Land nicht ertragen.«
    Der Hoplite stand an der Tür. »Wenn’s dich interessiert«, sagte er, »heute Abend steigt eine Party,
die Wirtin
14 wäre Miss Lament.«
    »Ich weiß nicht, ob ich mir aus dieser Marktschreierin viel mache«, sagte ich. »Was für eine Party – ist es was Besonderes?«
    Dido Lament, das sollte ich erklären, ist eine Kolumnistin, und das ist tatsächlich ihr echter Name, zumindest ihr Mädchenname. Lament ist bei uns Kids bekannt, weil sie eine große Recherche in den ganzen Kaffee-Bars angestellt hatte, damals, als das Rock-Ding gerade im Kommen war, und dann von all ihren Schützlingen in der High Society vereinnahmt wurde – beziehungsweise von den Massen, die darüber beim Warten auf den Bus in ihrer Kolumne lasen.
    »Ach, das übliche SW3 -Gesindel«, sagte Hoplite und winkte abfällig mit den Händen, obwohl ich genau wusste, dass er es gar nicht erwarten konnte. »Werbeleute und Fernsehleute und Schneidersleute und Showbusiness-Nebenleute – die ganzen Parasiten«, sagte er. »Ich weiß, dass Henley kommt und habe Grund zu der Annahme, dass er Suze mitbringt.«
    »Tatsächlich?«, sagte ich und zeigte vor diesem Stück purer Tuntigkeit namens Hoplite keine Spur Trauer.
    »Und Wizard sollte da sein«, fuhr er fort, »zu jeder Schandtat bereit, zweifellos, der liebe Junge …«
    » IHR HENGSTE DA OBEN !«, kreischte es durchs Treppenhaus. »Kommt runter und besucht eure Puppe!«
    Das war Big Jill aus ihrem Kellerabteil.
    »Oh!«, rief Hoplite. »Ich wünschte, dieser weibliche Talentsucher würde nicht so schreien! Geh zu ihr, wenn du willst, Kind, aber was mich angeht, ich hab viel Besseres zu tun.« Er blies mir einen Kuss zu und trippelte traurig vor sich hin singend die Treppe hinunter.
    »Fünf Minuten, Jill Girl!«, brüllte ich von oben runter.
    Denn zuallererst wollte ich mir ein Foto von Suze ansehen, das uns beide auf dem Monument in der City zeigt und das ein Kid, dem ich meine Rolleiflex gegeben hatte, irgendwann gemacht hatte: sie vorne, und ich stehe hinter ihr, halte ihre Arme und schaue über ihren Kopf hinweg, nachdem ich sie eben in den Nacken geküsst habe. Und während ich so auf und ab ging, dieses und jenes anzog, trug ich dieses Foto mit mir herum und lehnte es irgendwo an, wenn ich beide Hände brauchte, und betrachtete das blöde Ding und dachte: Oh, Jesus, das ist erst einen einzigen Sommer her, was hat man davon, jung zu sein, wenn man nicht geliebt wird? Also gut – was hat man davon? Was? Oder ist das nicht klar, meine Frage, meine ich?
    So war das, und dann ging ich runter zu Big Jill.
    Aber auf dem Absatz im ersten Stock, vor dem Zimmer von Mr. Cool, bemerkte ich, dass seine Tür offen stand, was ich als Zeichen verstand, dass Cool mir etwas sagen wollte, aber zu stolz war, mich reinzubitten. Wenn es jemand anders gewesen wäre, hätte ich den Wink übergangen, aber mit den farbigen Jungs muss man so vorsichtig sein, weil sie sonst wieder denken, man hat Vorurteile. Also steckte ich meinen Kopf in die Tür und, Jesus, Maria und Josef, hatte fast einen Anfall, denn glaubt man’s, da saßen zwei Mr. Cools, einer farbig und einer weiß, so sah es jedenfalls aus.
    »Oh, hi«, sagte Mr. Cool, »das ist mein Bruder Wilf.«
    »Hi Wilf«, sagte ich. »Das ist ja verrückt!«
    »Was denn?«, sagte dieser Wilf.
    »Dass du der Bruder meines liebsten Mr. Cool bist. Als ich euch zwei gesehen habe, bin ich fast tot umgefallen.«
    »Warum?«, sagte diese weißhäutige Nummer, die mir, wie ich zugeben muss, kein ganz so schwungvoller Typ zu sein schien wie sein Bruder

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