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Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin MacInnes
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– tatsächlich sogar ziemlich un- cool.
    »Wilf wollte gerade gehen«, sagte Mr. Cool.
    »Jam«, sagte dieser Wilf, und: »Man sieht sich.« Und er schüttelte seinem Bruder die Hand und ging an mir vorbei nach draußen ohne mir seine Reverenz zu erweisen.
    Sowie er gegangen war, sagte ich: »Cool, entschuldige mal, aber ich versteh nicht ganz, was das hier soll. Ich war sehr höflich zu deinem Bruder, oder? Aber es hat ihn überhaupt nicht interessiert.«
    Mr. Cool stand sehr ruhig und sehr schmächtig und sehr ganz-allein da und sagte: »Mein Bruder ist gekommen, um mich zu warnen.«
    »Wovor denn? Klär mich auf, bitte.«
    »Wilf ist der Sohn meiner Mutter von einem anderen Mann, wie du sicher schon erraten hast.«
    »Na ja … Ja … Und …?«
    »Er mag mich nicht besonders, und meine Freunde mag er noch weniger, besonders meine weißen.«
    »Reizend! Und warum, bitte schön?«
    »Lass uns das nicht weiter ausführen. Aber auf alle Fälle kommt er in der Gegend rum und kennt sich aus, und er sagt, es würde Ärger geben für die Farbigen.«
    Ich lachte laut, aber ein bisschen nervös. »Oh, Cool, du weißt doch, das sagen sie schon seit Jahren, und nichts ist passiert. Oder? Ich weiß, dass wir in diesem Land die Farbigen alle wie du-weißt-schon-was behandeln, aber wir Engländer sind zu lasch, mein Sohn, um gewalttätig zu werden. Auf alle Fälle bist du doch einer von uns, großer Junge, ich meine, ein Heimatgewächs, du bist genauso ein Londoner Kid wie die anderen Millionen, und viel mehr noch als all diese blass-rosa Nummern aus Irland und Übersee, die sich zu Hunderten an das Wohlfahrtsding drankletten, aber überhaupt nicht hierher gehören, so wie du.«
    Mein Vortrag machte keinen Eindruck auf Mr. Cool. »Ich erzähl dir bloß, was Wilf sagt«, antwortete er. »Und so ungern, wie er hierherkommt, muss irgendetwas sein, so viel weiß ich, das ihm das Gefühl gab, es trotzdem tun zu müssen.«
    »Vielleicht hat ihn deine Mutter dazu gebracht«, schlug ich vor, weil ich mir immer gerne vorstelle, dass möglicherweise doch irgendwer ein weibliches Elternteil mit mütterlichen Instinkten hat.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er, »es war Wilfs Idee zu kommen.«
    Ich sah Mr. Cool genau an.
    »Und wenn etwas passieren sollte«, fragte ich, »auf welcher Seite stünde dein Bruder?«
    Mr. Cool blies etwas Rauch aus. »Nicht auf meiner. Aber er meinte kommen zu müssen, um mich zu warnen.«
    Während ich so dastand und den Cool ansah, wurde mir plötzlich sehr bewusst, wie absolut einsam der arme Arsch war – da stand er, ganz allein, und doch so entschlossen, so wag-es-nur-mich-anzufassen … Und auch in mir kam die fiese Frage hoch, was ich wohl täte, wenn es hier in Napoli Probleme gäbe – ich, das schlaue Kid, der Freund der ganzen weiten Welt? Waren das wirklich meine Prinzipien oder war es nur Anstrich? Und obwohl ich wusste, dass es das Falsche war, es schon in diesem Moment genau wusste, hörte ich mich zu Cool sagen: »Hör mal, Cool, du bist nicht zufällig knapp mit irgendwas, oder? Ich meine, ich könnte dir nicht mit ein bisschen Kohle aushelfen?«
    Er schüttelte bloß den Kopf, was ziemlich furchtbar war, und ich war echt erleichtert, dass Big Jill die Treppe hoch brüllte – diesmal viel lauter, weil nur zwei Stockwerke entfernt – » HENGST ! Kommst du jetzt zu mir runter?«
    »Komme schon, Puppe«, schrie ich und machte mich, mit einem Wink in Cools Richtung, auf den Weg in Jills niedere Regionen.
    Man braucht ein bisschen Fantasie, um zu verstehen, was die kleinen lesbischen Schmetterlinge an Jill finden, denn sie ist, gelinde gesagt, so wuchtig, und obwohl ich weiß, dass sie geradeheraus und dominant ist und all das und natürlich Männerhosen trägt und das sicherlich auch zu einer Hochzeit in St. Paul’s täte, kann ich nicht erkennen, dass sie auf irgendeine Art und Weise schön ist oder gar glamourös . Genau genommen würde man sie sich, wenn sie kein Stadtmädchen wäre, als Stallmädchen vorstellen – und wo ich jetzt so darüber nachdenke, ist es wahrscheinlich das, was die jungen Mädels reizt.
    »Du bist zu spät«, sagte sie, »du abscheuliches kleines Hengstchen.«
    »Was soll das heißen, ›zu spät‹, Big Jill? Hatten wir irgendeine Art von Verabredung?«
    Sie packte mich plötzlich wie ein Orang-Utan, hob mich einen halben Meter in die Luft und ließ mich wieder auf den Boden knallen. »Wenn du ein Mädchen wärst«, sagte sie, »würde ich dich

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