Absolute Beginners
Teenager. Habt ihr ein sehr aktives Sexleben?«
Sie können einfach nicht davon lassen. »Nein«, erwiderte ich, »tun wir nicht.«
Und was ich sagte, war tatsächlich wahr, denn auch wenn man die Teenager häufig ungeniert und innig umschlungen sieht, erreicht es doch nicht sehr oft den Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Aber in diesem unserem Königreich scheint unter den Altehrwürdigen der Glaube fest verwurzelt, dass überall, wo Kids unterwegs sind und sich des Lebens freuen, fleischliche Gelüste dahinterstecken, irgendwo, und nicht das, was meistens der Fall ist – Spaß und Vergnügen und sorgloses Feiern.
Weil das die Ex-Deb aber sowieso nichts anging, wechselte ich das Thema und sagte zu ihr: »Wo werden Sie dieses Jahr Ihre Ferien verbringen, Miss Sheba?«
»Wer, ich? Ach, keine Ahnung … Ich werde immer irgendwohin mitgenommen, wo es Sand gibt und Streitereien und einen schnellen Flug nach Hause … Und du, Kind? Ich hab gehört, heutzutage reist ihr Gören alle per Anhalter durch den Kontinent.«
»Nicht mehr«, sagte ich mit Nachdruck.
»Warum denn nicht mehr?«, fragte sie mich und wurde jetzt aufmerksam.
»Das Anhalter-Ding ist vorbei. Wir sind es satt, belästigt zu werden und irgendwo anzukommen, wo wir gar nicht hinwollten. Wir bezahlen jetzt selbst für unsere Tickets, wie alle anderen auch, genau genommen sind viele der neuen günstigen Reiseanbieter abhängig von den reisenden Teenagern.«
»Also warst du schon überall auf dem Kontinent?«
Das ist nun wirklich komisch … warum sollte ich mich dafür schämen, dass ich unsere Insel noch nie verlassen habe? Warum sollte ich? Denn der Grund ist, wenn ich auch Gelegenheit genug hatte (erst letzten Sommer wollten die Marxisten mich zu einem Jugenddingsda nach Bulgarien verschiffen – stell dir das vor!), wollte ich einfach nicht … Beziehungsweise … Gut, genau genommen habe ich nicht einmal London je verlassen, außer einmal, woran ich aber nur äußerst dunkle Erinnerungen habe, als ich für einen Tag runter nach Brighton geschleppt wurde, unten am Meer, und zwar in Zusammenhang mit einem Manöver meiner Ma, und ich weiß nur noch, dass ich hier und dort geparkt wurde, am Strand und auf Barhockern mit Ingwerlimonade, während sie verschwand, um mit dem leichten Jungen, den sie als Begleiter angeheuert hatte, herumzufummeln. Was das Land angeht, das große grüne Ding, das um die Hauptstadt herumhängt, samt Tieren: das habe ich nie gesehen, denn selbst als die Bomben im Krieg am heftigsten fielen, weigerte sich meine alte Ma, ihren Grund zu verlassen, ebenso wie sie sich weigerte, Vern und mich evakuieren zu lassen, mochte da kommen, was wollte. Und von der Reise von und nach Brighton ist mir im Wesentlichen die Ein- und Aussteigerei am Zug in Erinnerung geblieben und dass ich auf dem heißen und muffigen Sitz herumgeschaukelt wurde oder mich übergab.
Aber eines Tages muss ich rauskommen und die Welt sehen. Nicht nur diesen Kontinent, von dem sie immer reden – Paris und Rom und der ganze Quatsch –, sondern die große weite Welt, wie Brasilien zum Beispiel oder Japan, und deshalb muss ich vernünftig sein und ein bisschen Kohle sparen, Junge, eine Menge Zaster auftreiben und in Frieden an Bord eines Jets abfliegen. Also erwiderte ich:
»Nein, nicht überall. Ich bin am glücklichsten auf meinem Grund, wenn ich mich im Hyde Park sonnen oder vom höchsten Sprungbrett in den Hampstead Ponds eine Schwalbe machen kann.«
Sie blickte mich forschend an, und ihre Augen schwammen von dem Schnaps, den sie gekippt hatte. »Du bist ein Dichter, Jüngling, auf deine Weise«, sagte sie.
»Ach, da bin ich mir nicht sicher«, antwortete ich ihr.
Während diese absurde Unterhaltung zwischen der Ex-Deb und mir so vor sich hin lief, hatten ein paar Musiker im Dubious angefangen, sich einzublasen, weil ein Typ namens Two-Thumbs Tumbril, ein Bassist, offenbar ein Probespiel für ein Konzert in der Provinz abhielt, für das er, wenn es wie erhofft stattfinden sollte, eine Band auf die Beine stellen musste. Ich glaube, ich habe schon erwähnt, dass sich das Dubious in einem Keller befindet, so hallten die Instrumente mit donnerndem Effekt wieder, und während ich dem süßen und beruhigenden Klang lauschte, dachte ich mal wieder darüber nach, wie sehr ich Gott danken muss, ins Jazz-Zeitalter hineingeboren worden zu sein, denn wie um Himmels willen muss das gewesen sein, als es nichts als Balladen und Walzer zu hören gab? Denn der Jazz
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