Absolute Beginners
Gleiche erzählt«, sagte er, »– mein Bruder.«
»Gehört er zu denen?«
»Würde er gerne, aber sie nehmen ihn nicht, wegen mir.«
»Und dieser Flikker«, fragte ich Cool. »Kennst du den?«
»Ich kenne ihn vom Sehen …«
»Hart drauf, oder was?«
»Na ja, es heißt, dass er hier oben das Kommando über vierhundert Teenager hat.«
» Vierhundert ? Mach keine Witze, Cool.«
»Glaub’s mir. Vierhundert oder so.«
»Und Teenager ?«
»Na ja, Teds, Halb-Teds … du weißt schon … örtliche Hooligans …«
Ich wünschte, du könntest hören, welche Verachtung Cool in dieses letzte Wort legte! »Und was hältst du von der ganzen Sache?«, fragte ich ihn.
Cool zündete sich eine Kippe an. »Irgendwas ist los«, sagte er.
»Du meinst, jetzt gerade?«
»Irgendwas brodelt … Entschuldige, aber du würdest das gar nicht merken, als Nicht-Farbiger …«
»Na ja, dann erzähl’s mir: was?« Weil, Scheiße! Ich wollte die ganze Sache überhaupt nicht glauben.
»Zum Beispiel haben sie sich angewöhnt, uns mit Autos über den Haufen zu fahren. Und mit Motorrädern.«
»Unfälle. Betrunkene. Bist du sicher ?«
»Es ist so oft passiert. Mit voller Absicht. Du musst schauen, dass du springst, wenn du sie kommen siehst.«
»Was noch, Cool?«
»Na ja, da gibt es diese Sache. Sie halten dich an und fragen dich nach Zigaretten. Wenn du ihnen eine anbietest, nehmen sie die ganze Packung und grinsen. Wenn du ihnen nichts anbietest, verpassen sie dir eine und hauen ab.«
»›Sie‹. Wie viele ›sie‹?«
»Kleine Gruppen …«
»Ist dir so was schon mal passiert?«
»Ja. Auch das hier. Vor ein paar Tagen, unten an der U-Bahn-Station, hielten sie mich an und sagten: ›Auf welcher Seite hättest du deinen Scheitel gern?‹«
»Und was hast du gesagt?«
»Nichts.«
»Du warst allein?«
»Wir waren zu zweit. Acht oder neun von ihnen.«
»Was dann?«
»Sie sagten: ›Wir hassen euch‹.«
»Habt ihr geantwortet?«
»Nein. Dann sagten sie: ›Geht zurück in euer eigenes Land.‹
»Aber das hier ist dein Land, Cool.«
»Meinst du?«
»Bei Gott, ja! Ich sag’s dir, Mann, ja, das tue ich verdammt noch mal, das ist es!«
»Das hab ich ihnen auch gesagt.«
»Also hast du doch geantwortet.«
»Als sie das sagten, ja, da schon.«
»Was ist dann passiert?«
»Sie sagten, ich sei eine Promenadenmischung. Also sagte mein Freund: ›Wenn deine Mutter mal richtig gef-kt werden will, dann plagt sie sich mit deinem Vater gar nicht erst ab – sie kommt einfach zu mir.‹«
»Wie hat ihnen das gefallen?«
»Weiß ich nicht. Denn als er das sagte, zog mein Freund sein Schnappmesser und sagte, sie sollten ruhig kommen.«
»Und taten sie das?«
»Nein, taten sie nicht. Aber da waren sie nur zu acht oder neunt.«
In Cools Augen hatte sich, als er mich so anstarrte, ein Blick geschlichen, so wie der, den er diesen Teds zugeworfen haben muss. »Funkel mich nicht so an, Mann«, rief ich. »Ich bin auf deiner Seite.«
»Bist du das?«
»Ja.«
»Das ist nett von dir«, sagte Cool, aber ich merkte, dass er es nicht ernst meinte und mir nicht glaubte.
Ich drehte das MJQ ab. »Und was passiert jetzt als Nächstes?«, fragte ich ihn.
»Ich weiß es nicht, Junge. Ich wünschte, ich könnte es dir sagen, aber ich kann’s nicht. Alles was ich weiß , ist Folgendes. Bis jetzt waren es immer weiße Teds gegen Weiße, die ganzen Babygangs. Wenn sie mit den Farbigen anfangen, stoßen sie hier in der Gegend zwar nur auf ein paar Tausend, aber ich glaube nicht, dass du darunter viele Feiglinge finden wirst.«
Ich konnte diesen Albtraum nicht ertragen. Ich rief: »Cool, das hier ist London, nicht irgendeine Hinterwäldler-Stadt in der Provinz! Das hier ist London, Mann, eine Hauptstadt, eine riesige, große Stadt, in der seit den Römern alle erdenklichen Rassen zu Hause sind!«
Cool sagte: »Oh ja. Ich glaub dir.«
»Das würden sie nie zulassen!«, rief ich.
»Wer würde das nicht?«
»Die Erwachsenen! Die Männer! Die Frauen! Die ganze Obrigkeit! Recht und Gesetz sind das urenglische Ding!«
Hierauf erwiderte Cool nichts. Ich fasste ihn an der Schulter. »Und, Cool«, sagte ich. »Du – du bist einer von uns. Du bist ja genau genommen gar kein Neger …«
Er nahm meine Hand weg. »Doch, wenn es zu irgendwelchen Problemen kommt«, sagte er, »dann bin ich es. Und der Grund dafür, dass ich es bin, ist der, dass sie mich nie infrage gestellt haben, mich nie abgelehnt haben, mich immer angenommen haben –
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