Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin MacInnes
Vom Netzwerk:
Flikker und der ganzen Szene oben in Napoli. »Anscheinend läuft da oben irgendetwas falsch«, sagte ich.
    »Und was soll ich damachen?«, sagte Wiz nicht besonders freundlich.
    »Ich weiß es nicht, Wiz. Vielleicht mal hochkommen und dich umsehen?«
    »Warum, Kiddo? In diesem Beruf darf man sich nicht in Sachen einmischen, wenn man nicht muss.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    »Worum machst du dir überhaupt Sorgen, Junge? Du selbst bist doch kein farbiges Problem …«
    Ich merkte, dass ich Wiz überhaupt nicht klarmachen konnte, was ich meinte. Er saß da, eingerollt wie ein Gepard, und trug lässige Slipper, die weit mehr kosteten als normale, lächelnd und feixend und verdammt selbstzufrieden, behaupte ich mal.
    »Es ist bloß, Wiz«, sagte ich und versuchte es zum letzten Mal, »dass ich dachte, was ich dir erzählt habe, würde dich auch anwidern.«
    »Na ja«, sagte er, »in Wirklichkeit tut es das schon. Das tut es, mein Junge, das tut es – diese ganzen Trottel-Aktionen ekeln mich an: zuzuschlagen ohne Warnung, zum Beispiel. Die Spielchen , die die Leute spielen!«
    Dafür entschuldigte ich mich, und ich wollte ihm sagen, dass er selbst schon ein paar gespielt hatte und das immer noch tat, wenn wir schon dabei waren, aber beim Wizard darf man nicht vergessen, dass das Kid, irgendwo tief drinnen, noch so wahnsinnig jung ist. Ehrlich, in vielerlei Hinsicht ist er noch ein kurzbehostes Produkt.
    Er war aufgestanden, um Musik anzumachen, die er mit seinem Kassettenrekorder kopiert hatte. »Ich kenne dieses Flikker-Kid«, sagte er und drückte auf Knopf A oder B.
    »Ach ja? Na dann, los, Wizard. Erzähl schon.«
    Und das tat er. Es stellte sich heraus, dass der Wiz und Flikker beide Veteranen einer ekklesiastischen Baby-Farm in Wandsworth waren, unten am öffentlichen Park – was mir neu war, sowohl was den Wiz betraf als auch den Ted. Wiz zufolge war Flikker als Kind durch sein sanftmütiges und mildes Verhalten aufgefallen und dafür von den anderen jungen Findel-Flegeln erniedrigt worden, bis der Tag kam, an dem er im Alter von elf Jahren einen Junior im Fluss Wandle ertränkte, indem er den Knirps in eine Öltonne setzte und diese dann mit Steinen auffüllte, bis sie unterging. Seitdem hielten die anderen Jungtiere im Heim der verlorenen Katzen ein wenig Abstand von Flikker, was, Wiz’ Erinnerung zufolge, den jungen Flikker überraschte und verletzte, der anscheinend überhaupt keine Vorstellung davon hatte, dass er etwas Ungewöhnliches getan hatte. Wiz erzählte die Geschichte, wie ich das gerade getan habe, auf lustig, aber selbst er schien sie nicht so besonders zum Lachen zu finden, merkte ich.
    »Und dann?«, fragte ich. Dann, sagte der Wiz, wurde das Kind fortgeschickt, in die ganzen Käfige für Delinquenten, die sie für die verschiedenen Altersstufen eingerichtet haben, und arbeitete sich Jahr für Jahr nach oben, bis er jetzt, im Alter von siebzehn oder so, in asozialem Benehmen so gut ausgebildet war wie kein anderes Kiddo im Königreich, und das Gesetz wartete nur auf seine nächste größere Operation, um ihm eine schöne, lange Erwachsenenstrafe aufzubrummen. Der Himmel stehe den Wächtern bei, wo immer sie ihn hinschickten, sagte Wiz, denn wenn sie ihn nicht zusammenschlügen und in den Wahnsinn trieben, was sie wahrscheinlich tun würden, werde das Kid sicherlich einen von ihnen umbringen, wobei das Problem anscheinend weniger darin bestand, dass der Junge böse war, als vielmehr darin, dass er gar nicht begriff, was es überhaupt hieß , böse zu sein. In der Zwischenzeit, seit seinem letzten Heimurlaub aus der kirchlichen Obhut, hatte seine Hauptbeschäftigung darin bestanden, das »Classic«-Kino am Ladbroke in Stücke zu legen, und, mit einigen seiner Vierhundert, einen Polizei-Vierspänner in einen Bombenkrater zu schmeißen, während andere die Cowboys in einer offenen Feldschlacht mit Milchflaschen und Mülltonnendeckeln beschäftigten. »Im Grunde«, schloss Wiz, »sollte der Junge eingeschläfert werden.«
    »Das sollte niemand«, sagte ich. »Noch nicht mal du.«
    In diesem Moment klingelte das Telefon, und Wiz’ Dame erschien wieder und übernahm, sehr offensichtlich, für den Moment die Kapitänsbrücke vom Wiz, denn hier war ein Geschäft im Gange. Wenn man zufällig ihrem Gespräch zuhörte, weil zum Beispiel die Leitungen verwechselt wurden – ich meine, nur das, was sie sagte –, dann würde es vollkommen unverdächtig klingen, so bedächtig, wie sie ihre Worte

Weitere Kostenlose Bücher