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Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin MacInnes
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unverzüglich anhielte, dann würde ich ihn persönlich zur Rechenschaft ziehen. Und dann drehte ich mich zu den ganzen Passagieren um und sagte in lautem Ton, dass mein Dad im Sterben läge und der Käpt’n sich einen Dreck darum kümmere – genau genommen, wie du erraten hast, wurde ich ein bisschen hysterisch.
    Na ja, ich kenne Mums und Dads mittlerweile, und wenn offizielle Leute eines hassen, dann wenn ebenjene geschlossen auf sie losgehen – oder wenn irgendetwas einem Krawall nahekommt. Ein paar neugierige, sich einmischende Passagiere sahen sich Dad zum Glück mal an und sagten, ich hätte sehr recht – und ich merkte bald, dass sie ihn auch loshaben wollten, denn niemand hat Krankheit gern, schon gar nicht im Urlaub. Also drosselte der Käpt’n das Tempo und lenkte das Boot in die Nähe des Ufers und brüllte einem alten Knacker zu, der neben der Eisenbrücke Boote reparierte (zumindest besagte das sein Aushängeschild), und der Knacker ruderte in einem kleinen Boot hinaus, und wir ließen Dad hinunter und ruderten davon, und der Vergnügungsdampfer schipperte weiter.
    Als wir an der Anlege-Station ankamen, hatte Dad sich glücklicherweise schon erholt; worüber ich verdammt froh war, weil ich schon ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte, ihn in das kleine Boot gepackt zu haben – und überhaupt wegen meines ganzen hysterischen Auftritts. Der alte Knacker half ihm ins Bootshaus, in den Schatten, und schrie seiner Frau zu, sie solle eine Tasse Tee bringen und den örtlichen Repräsentanten des Nationalen Gesundheitsdienstes anrufen, der auch wenig später auftauchte, nicht sehr erfreut darüber, dass er beim Hantieren mit seinen Reagenzgläsern und Kanülen gestört worden war, und Dad war auch nicht besonders erfreut, ihn zu sehen, weil er sagte, dass sei eine Menge Getue um gar nichts, und wir hätten dort oben auf dem Boot bleiben sollen, und was zur Hölle: es war also keiner von beiden besonders kooperativ, was den anderen betraf. Und dieser Cookham-Arzt sagte, dass Dad eigentlich nichts weiter fehlte, soweit er sehen könne ( das hatte ich schon mal gehört!), und was er brauchte, sei Ruhe, und dann solle er in den Bus steigen und auf direktem Wege nach Hause ins Bett und schlummern.
    Also richtete der Boote reparierende Knacker Dad einen Liegestuhl her, mit einem Sonnenschutz dran und Quasten, und seine Frau brachte weitere belebende Tassen Tee, und ich sagte, ein Bus sei zu langsam, und koste es, was es wolle, ich würde Dad in einem Taxi zurück nach London bringen. Der Knacker sagte, er werde im örtlichen Autoverleih anrufen, doch ich sagte, nein, er solle mir einfach die Adresse geben, und ich würde hingehen und alles persönlich erledigen, und das würde Dad Zeit für ein kleines Schläfchen geben, das ihn wieder aufbauen würde, und mir die Gelegenheit, einen kurzen Blick auf dieses bezaubernde Kleinod von einem Ort zu werfen.
    Dieses Cookham ist ein echtes altes Dorf, wie sie auf Keksschachteln zu sehen sind: mit einer kleinen rechteckigen Kirche und gemütlichen Landhäusern und schlammigen Straßen und landwirtschaftlichen Nummern, die darauf herumschlurfen und tun, was sie eben so tun. Ich fragte den einen oder anderen nach der Adresse des Autoverleihs, und sie waren sehr entspannt und freundlich und redeten kein bisschen so, wie es die Leute vom Land in Varieté-Shows tun, und als ich ihren Wegbeschreibungen folgte, ging ich um ein paar Ecken … und bumm! sah ich Suzes Haus! Ja. Ich meine, es war das gleiche Haus, das ich mir in meiner Vorstellung ausgemalt hatte, fast das gleiche … auf jeden Fall fragte ich nicht weiter nach dem Weg, sondern ging einfach durch den Vorgarten und um das Haus herum zur Wiese beim Fluss und dort, im Gras sitzend und Radio hörend, sah ich Suze. Und nur Suze.
    »Huhu, Crêpe Suzette«, sagte ich.
    Sie sah auf, stand aber nicht auf und starrte mich eine Minute lang an und sagte: »Hi.«
    Ich kam ein bisschen näher. »Alles in Ordnung?«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Suzette.
    »Henley geht’s gut?«, fragte ich.
    »Oh ja«, sagte sie.
    »Kann ich huhu sagen?«
    Suze hatte ich sich hingekniet, und ihre Hände fielen zwischen ihre Knie. »Er ist oben«, sagte sie.
    »In London?«
    »Ja.«
    Ich kniete mich auch hin. »Dann verpasse ich ihn also«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Suzette.
    Und dann – tja, es war, als würden wir von hinten von zwei riesengroßen Händen aufeinander zu geschubst. Und dann waren wir bald in einem einzigen Bündel komplett

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