Absolute Beginners
würde.
Tja, auf dem Weg nach Hause wurde Dad wieder viel munterer: tatsächlich fing er sogar an, ein paar
George-Formby
-Nummern 46 zu singen, und ältere Songs, die er von seinem eigenen Dad gehört hatte, von
Albert Chevalier
47 und anderen historischen alten Veteranen, und anscheinend kannte der Fahrer aus Cookham auch ein paar davon, denn sie sangen mehrmals mitreißend im Chor und stritten sich darüber, welcher alte Music-Hall-Künstler was zuerst gesungen hätte. Ich aber, wenn ich das überhaupt erwähnen muss, ich fühlte mich kein bisschen danach, und mir war außerdem schlecht vom Autofahren, wozu ich schon immer neige, wenn jemand anderes fährt, und eigentlich wollte ich Dad von meinen Problemen erzählen, aber du verstehst sicher, warum ich das nicht konnte – und überhaupt, nicht einmal zu den besten Zeiten kann man seinem Vater und seiner Mutter erzählen, was einem wirklich wichtig ist.
Bald waren wir in den Außenbezirken, und obwohl es mir auf dem Land gefallen hatte, war ich so froh, wieder zurück in der Stadt zu sein – es war, als käme ich nach Hause. Und nicht viel später waren wir schon in Pimlico, und nachdem wir vor dem Haus gehalten hatten, musste Dad hineingehen und das Geld holen, da wir selbst zusammen nicht genug hatten, und das bescherte uns auch Mum und Vern draußen auf dem Gehsteig, und der fleischige Malteser hing aus seinem Fenster im zweiten Stock.
Keiner schien zu kapieren, wie gefährlich das für Dad gewesen war: wir bekamen bloß Geschrei zu hören, warum ich ihn mit aus der Stadt genommen hätte, ohne irgendjemandem was zu erzählen, und wo zur Hölle wir beide gewesen seien und warum wir acht Pfund zehn für ein Taxi ausgäben – wobei sogar Vern hilfreiche Bemerkungen einwarf –, bis mir das alles so peinlich war vor diesem Cookham-Fahrer und der Bevölkerung von Pimlico, dass ich wütend auf den ganzen Haufen losging und schrie: »Wenn ihr meinen Vater schon umbringt, dann bringt ihn nicht auf der Straße um, sondern lasst ihn in sein Bett!«
Das änderte die Stimmung, wir marschierten alle nach drinnen und verstauten Dad, und dann ging Mum auf mich los und sagte, nun wolle sie genau wissen, was hier los sei, und ich sagte, okay, ich würde es ihr verdammt noch mal erzählen, und Vern versuchte auch an der Party teilzunehmen, aber wir warfen ihn raus und gingen ins Wohnzimmer.
»Setz dich hin«, sagte meine Mutter.
Ich bekam sie an ihren beiden Schultern zu fassen (genauso, wie ich es mit Suze getan hatte) und stieß sie auf einen Stuhl – obwohl sie um ein verdammtes bisschen zäher ist – und sagte: »Jetzt setzt du dich mal hin, Ma, und hörst mir einfach mal zu.«
Dann gab ich es ihr so richtig. Ich sagte, sie sei die selbstsüchtigste Frau, die ich kannte, dass sie Dads Leben, seit ich mich erinnern konnte, zu einer einzigen Tortur gemacht habe, dass, was den Wirrkopf von Vern anging, ich dafür in keiner Weise verantwortlich sei, was aber mich anging, ihren Sohn von Dad, hätte sie mich so großgezogen, dass ich sie nur hasste und mich für sie schämte.
»Ist das alles?«, sagte sie und sah mich an, als hasste sie mich auch.
»Das ist ungefähr alles«, sagte ich.
»Willst du jetzt gehen, mein Sohn?«, sagte sie dann zu mir.
Das brachte mich ein wenig aus der Fassung. Ich sagte nichts, sondern wartete bloß dort.
»Also schön«, sagte meine Mutter. »Wenn du es aushältst, kannst du bleiben und dir das hier anhören. Seitdem ich ihn geheiratet habe, war dein Vater für mich zu nichts zu gebrauchen.«
»Er hat mich gezeugt«, sagte ich und starrte sie sehr, sehr intensiv an.
»Das hat er gerade so hingekriegt«, sagte sie. »Das war so ungefähr sein Beitrag.«
Genau in diesem Moment wollte ich meine Mutter schlagen: so wie sie es mit mir gemacht hatte, tausend Mal oder mehr, als ich nicht zurückschlagen konnte, und ich wollte sie richtig fest schlagen – fest, und dann hätte ich’s hinter mir; ich machte einen Schritt in ihre Richtung. Sie merkte ganz genau, was bevorstand, und sie bewegte sich keinen Zentimeter. Und ich bin sehr froh, sagen zu können, dass ich, als ich das sah – obwohl das alles natürlich nur einen kurzen Moment dauerte –, doch nicht nach ihr schlug, sondern sagte: »Was auch immer Dad gewesen sein mag oder nicht gewesen sein mag, du hast ihn geheiratet.«
»Ja, ich habe ihn geheiratet«, sagte sie in sarkastischem und sehr bitterem Tonfall.
»Und was auch immer du für Dad empfindest«, fuhr ich fort,
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