Absolution - Roman
Gesundheitsminister Anklage erhoben worden, weil er Millionen auf ein Konto im Ausland transferiert hatte. Clare schaltete den Fernseher ab, ging sich duschen und anziehen und hatte den Kaffee fertig, als Mark aus seinem Schlafzimmer auftauchte.
»Ich bin nach Hause zurückgerufen worden, Mutter. Leider muss ich heute Morgen abreisen.«
»Ich würde sagen, es war schön, dich hier zu haben, aber ich fürchte, dass es nicht schön für dich war. Es war auch für mich nicht vorbehaltlos schön, aber das meine ich gar nicht. Ich bin froh darüber, dass du gekommen bist, und ich hoffe, dass du mich bald wieder besuchen kommst. Ich verspreche, dich nicht mit weiteren Geständnissen zu belasten. Es ist klar, dass die einzige Antwort auf mein Problem eine ist, die ich selbst finden muss. Da die Toten mir nicht vergeben können, habe ich wenig Hoffnung auf Absolution und daher auch darauf, von diesen Erinnerungen befreit zu werden.«
»Es gibt da etwas, das ich nicht verstehe, glaube ich«, sagte Mark, warf seinen Schlips über die Schulter und setzte sich hin, um seinen Kaffee zu trinken. »Die Perücke. Glaubst du tatsächlich, dass Onkel Stephans Verwandte diejenigen waren, die in das alte Haus eingebrochen sind?«
»Wenn nicht seine Verwandten, dann seine Freunde oder Vertrauten oder auch von ihnen Angeworbene.«
»Aber was bedeutet das, wenn es wirklich so geschehen ist?«
»Ich habe es als Warnung aufgefasst – dass sie die Rolle kannten, die ich gespielt habe, und dass sie wussten, der Gerechtigkeit war nicht Genüge getan worden, soweit es meine Verwicklung betraf. Vielleicht war das nicht ihr Plan. Schließlich wurden sie von Marie mit ihrer kleinen Pistole gestört. Vielleicht hatten sie eine andere Beute als nur eine symbolische im Sinn.«
»Oder sie waren nichts weiter als gewöhnliche Diebe, die gestört wurden und das erste Beste, was ihnen in die Hand fiel, mitnahmen, als sie aus dem Haus flohen.«
»Aber warum sollten sie dann die Perücke zu dem Grabmal zurückbringen? Deine Version ergibt keinen Sinn, wenn man an diese Rückgabe denkt – sie müssten dann ja sachkundige Diebe gewesen sein, Diebe, die bereuten, was sie gestohlen hatten, die es an einen Ort zurückbrachten, wo ich es vielleicht fand, aber nicht zum Haus selbst.«
»Du bist ausgezogen. Und es ist möglich, dass sie doch wussten, wer du warst, und nur jemand ins Visier nahmen, von dem sie glaubten, er habe Geld. Nicht alle Diebe sind Dummköpfe. Ich habe eine Reihe sachkundige Diebe kennengelernt … und auch reuevolle.«
Clare schüttelte den Kopf und ging in der Küche umher, tat Brot in den Toaster, füllte die Kaffeetasse ihres Sohnes neu.
»Was du sagst, ist nicht völlig unmöglich, doch ich ziehe meine Version vor. Es war eine symbolische Tat – vielleicht nicht die Tat, welche die Räuber vorhatten. Möglicherweise hatten sie überhaupt nichts Symbolisches geplant, sondern etwas Brutales: eine leibhaftige Abrechnung. Wir werden es nicht erfahren. Ich fürchte sie nicht mehr, glaube ich. Von den Lebenden ist wenig zu befürchten außer Schmerzen und Schmerzen gehen am Ende vorüber. Ich könnte Schmerzen überleben, oder wenn nicht überleben, dann überwinden.«
Sie frühstückten gemeinsam und schwiegen. Als sie fertig waren, packte Mark seine Sachen zusammen, stellte den Koffer an die Tür und die beiden gingen wortlos durch das Haus. Da war niemand, der zwischen ihnen vermitteln konnte, kein Angestellter, der ihnen Gelegenheit gab, über etwas anderes zu sprechen als über sich. Clare untersagte es sich schließlich, nach neuen Vorwänden zu suchen, wegzugehen oder sich zu beschäftigen, und stand wartend an der Tür, während Mark zwischen dem Gästezimmer, dem Badezimmer, der Küche und der hinteren Veranda hin und her ging. Es war, als ob er die Abreise hinauszögerte, aber ihr nicht sagen könnte, dass er gern länger bleiben wollte.
Als es beinah neun war und er bloß noch eine halbe Stunde hatte, um zum Flughafen zu kommen, legte er Clare die Arme auf die Schultern und beugte sich zu ihr, um sie links und rechts auf die Wange zu küssen. Sie atmete ihn ein und spürte den Geruch, von dem er nie merken würde, dass es der Geruch seiner Mutter und seines Vaters zu gleichen Teilen war, eine Mischung der beiden: eine fruchtbare Würze einerseits, eine steife, leichte Muffigkeit andererseits. Clare schlang die Arme um ihn, zog ihn an sich und sagte, obwohl sie hoffte, dass es unnötig war: »Du weißt alles, was es
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