Absolution - Roman
frühere Unterhaltung wieder auf, als hätte es keine Unterbrechung gegeben. »Vielleicht habe ich von meiner eigenen Bedeutung eine übertriebene Vorstellung gehabt, doch ich hatte gehofft, du könntest verstehen, warum das so war. Es gibt keine Beweise, dass der Tod von Nora und Stephan nicht das Resultat meiner Leichtfertigkeit gewesen ist, Mark, obwohl es zugegebenermaßen auch keine konkreten Hinweise dafür gibt. Dennoch kann ich nicht anders, als so zu empfinden, wie ich es tue. Harte Worte oder die Andeutung drakonischer Strafen, das hilft in einem Fall wie dem meinen nicht . Als ich dir die Angelegenheit unterbreitete, habe ich mir ein offenes Mitdenken gewünscht. Ich habe es nur zur Sprache gebracht, weil ich dein Denkvermögen und deinen Sinn für Gerechtigkeit schätze, nicht weil ich dich belasten wollte. Ich möchte, dass du verstehst, was mich verfolgt, was mich zunehmend und ganz konkret nachts wach hält. Wenn ich es dir nicht erzählen kann, wem dann?«
Er schüttelte den Kopf und rollte mit den Augen. »Wenn es dir hilft, meine brüske Art zu verzeihen, dann versuch zu verstehen, dass meine Reaktion heute Morgen zum Teil durch totale Frustration über die Rolle, die du mir zugedacht hattest, verursacht war. Ich wollte diese Rolle nicht spielen. Mir passte die Dialogform nicht. Ich wollte meine Antwort aufschreiben, doch ich habe gemerkt, dass ich es nicht konnte. Ich habe gesagt, was du meiner Meinung nach hören wolltest, in der Form, wie du es meiner Meinung nach hören wolltest. Wenn du mich liebst, dann gib mir die Chance, meine eigenen Worte zu äußern, nicht deine. Hör auf, dich als Bauchrednerin –«
»Dann rede! Sag, was du zu sagen hast.«
»Dann unterbrich mich nicht!«, schrie er, wobei ihm die Röte ins Gesicht stieg. Sie standen einen Augenblick lang schweigend da und dann klingelte das Telefon. Clare wollte es ignorieren, befürchtete aber, es könnte Marie sein.
»Mrs Wald?«
»Ja? Wer ist am Apparat?«
»Ihr Nachbar, Donald Thacker.«
»Was wollen Sie?«
»Ich habe gesehen, dass bei Ihnen überall Licht brennt und dass ein Auto hereingefahren ist. Ich wollte mich vergewissern, dass alles in Ordnung ist.«
»Völlig in Ordnung. Vielen Dank für Ihre Sorge. Ich muss jetzt Gute Nacht sagen. Ich habe einen Gast«, sagte sie und legte das Telefon ab. »Mein Nachbar«, sagte sie zu Mark. »Ein verwitweter Engländer, der sich überall einmischen muss.«
Mark ließ sich in einen Sessel fallen und schleuderte seinen Aktenkoffer auf den Teppich. Er holte einen Inhalationsapparat aus der Tasche seines Jacketts und nahm eine Dosis.
»Bitte, sprich. Ich werde schweigen«, sagte Clare. »Zur Abwechslung werde ich die Zuhörerin sein.«
Mark wirkte erschöpft und sah Clare auf eine Weise an, die sie denken ließ, dass sie viel zu viel von ihm erwartete. Sie wollte ihm nicht weitere traurige Gefühle oder Schmerzen bereiten oder ihn zwingen, etwas auf sich zu nehmen, was gerechterweise nur sie zu tragen hatte.
»Du hast mir dein Geständnis gemacht«, sagte er und atmete nun gleichmäßiger. »Ich frage mich nun, ob du bereit bist, das meine anzuhören? Wie bei dir ist es kein Geständnis eines Verbrechens an sich. Ich denke, wir können uns darauf einigen, dass du kein Verbrechen begangen hast. Ich habe ebenfalls keine Sünde zu gestehen, da Sünde etwas ist, woran ich nicht glaube, und ich vermute, du auch nicht, obwohl ich feststelle, dass wir über dieses Thema nie gesprochen haben. Es ist daher ein weltliches Geständnis von – ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Nennen wir es ein weltliches Geständnis eines Versagens, wie das deine so etwas wie ein weltliches Geständnis einer Unüberlegtheit war. Das sind Geständnisse, die wir nur einander machen können. Ich weiß nicht, vielleicht könnte ich das auch Dad erzählen, obwohl wir beide über solche Dinge nicht sprechen. Es ist nicht leicht für mich als jemand, der sich die Beschwernisse und Fehler anderer Leute anhört und der in seinem Berufsleben ständig nach Schwachstellen und Mängeln Ausschau hält, meine eigenen zu beschreiben oder auch nur einzugestehen, dass ich welche habe.«
Er machte eine Pause, und gerade als er weitersprechen wollte, klingelte das Telefon erneut.
»Zum Teufel mit dem Mann«, sagte Clare und nahm das Telefon auf. »Was wollen Sie?«
»Mrs Wald? Es ist noch einmal Donald Thacker. Entschuldigen Sie die Störung, aber ich habe bemerkt, dass Ihr Licht immer noch an ist, und habe mich
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