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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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ausgewählt und bist zur Fahrerkabine geschlichen. Bernard hat geschnarcht, aber als du die Tür geöffnet hast, hat er dir ins Gesicht gesehen, verkehrt herum, halb im Schatten; der Stein lag dir schwer in den Händen.
    »Herrgott noch mal, Frau! Du hast mich vielleicht erschreckt. Wo ist Tiger?«
    »Auf Vogeljagd in der Schlucht.«
    »Ich finde ihn. Ich muss nur mal kurz verschwinden.«
    Du hast den Stein hinter dir zu Boden fallen lassen, als Bernard aus der Kabine sprang, über den Rastplatz und in die Schlucht hinunterging, wobei er den Zündschlüssel stecken ließ. Du hast Sam gewinkt, der herbeigelaufen kam und durch die Beifahrertür ins Fahrzeug kletterte. »Verriegle deine Tür.« Sam gehorchte und starrte dich mit einem Gesichtsausdruck an, der dümmlich und undurchdringlich war. Du konntest nicht einfach fortfahren, deshalb hast du den Motor angelassen und auf Touren gebracht. Bernard kam mit noch offenem Hosenstall zum Lkw gelaufen.
    Du hast den Motor noch einmal hochgejagt, den Gang eingelegt und Gas gegeben, während Bernard nebenher rannte und sich dann, schneller rennend, zwischen den Lkw und die Straße brachte. »Schließ die Augen, Sam.«
    Der Junge bedeckte die Augen mit den Händen, während du den Lkw zurücksetztest, Gas gabst, vorwärts rastest und Bernard überfuhrst. Der Aufprall schleuderte dich und Sam nach vorn und dann in den Sitz zurück.
    Du hast den Lkw wieder zurückgesetzt, was den sich windenden Körper des fetten Mannes zum Vorschein brachte, dessen pinkfarbenes Hemd dunkle Flecken aufwies, dessen Mund arbeitete und zwischen dessen Zähnen Blut hervorströmte. Du hast wieder in den ersten Gang geschaltet und das Rad so gedreht, dass das volle Gewicht des Lasters ihn zermalmte.
    »Halt die Augen geschlossen«, hast du gesagt und bist über ihn vor und zurück gefahren, bis er still war. Jedes Mal holperte der Lkw weniger heftig, Bernard plattwalzend, als wäre etwas Großes, Künstliches auf ihn gefallen, aus dem Himmel herab, aus den dunklen Wolken oben.
    Man bedenke, dass ich einmal gesagt habe, dir fehle der mütterliche Instinkt.
    Wenigstens ist das deine Version des Geschehens, die Begründung, die du mir in deinem letzten Notizbuch gibst, die Begründung für die Änderung deiner Pläne und warum du Verantwortung für das Kind übernahmst. Irgendwie ist das keine Version, die ich glauben kann. Ich versuche eine andere zu finden, eine, die zu dem passt, von dem ich weiß, dass du es zu tun imstande warst.
    Bernard schnarchte weiter und kam nie wieder zu Bewusstsein, als du den Stein auf seine Stirn schmettertest, wieder und wieder, bis deine Arme und dein Gesicht ganz vollgespritzt waren.
    Man konnte also Blut aus einem Stein holen.
    Du hattest schon Schlimmeres im Leben getan.
    Du zogst den Zündschlüssel ab, schlossest die Tür, gingst um die Fahrerkabine herum und öffnetest die Beifahrertür. Du packtest ihn bei den Füßen und zogst ihn aus der Kabine, dabei schlug sein Kopf gegen die vier Metallstufen. Er hinterließ eine rote Spur, gefleckt mit Sternen blassen Gewebes. Sam hyperventilierte, seine Augen waren groß und dunkel und ohne Vorwarnung krümmte er sich und übergab sich auf den Boden. Sein Körper wurde vom Würgen geschüttelt, bis nur noch Schaum aus seinem Mund tropfte.
    Du zerrtest Bernards Körper in die Schlucht und verstecktest ihn im selben Dornengestrüpp, wo Tiger tot lag. Aasfresser würden das meiste der Schweinerei vor Einbruch der Nacht bereinigen. Du wuschst dich an der Standleitung, reinigtest Arme und Gesicht, schrubbtest den Biss an deinem rechten Bein und es gelang dir, nichts zu fühlen. Das war ein Talent, das du dir antrainiert hattest.
    Sam starrte dich an, sein Gesicht und sein Hemd waren mit Erbrochenem bekleckert.
    »Kannst du dich mal waschen?«, hast du gefragt und ihm die Hände auf die Schultern gelegt.
    »Ja.« Er spritzte sich Wasser ins Gesicht, wusch sich die Hände und wischte sein Hemd mit nassen Handflächen ab, wobei er sich stärker durchnässte als beabsichtigt.
    »Hast du noch Wechselsachen?«
    »Ich habe eine Tasche. Im Laster.«
    »Dann zieh dich um.«
    »Es ist klebrig«, sagte Sam und zog die Hand vom braunen Vinylpolster der Sitzbank. Seine Handfläche war blutverschmiert.
    »Wisch sie auf dem Boden ab.«
    Als du den Lkw auf den Highway steuertest, fing es an zu regnen. Du stelltest die Lüftung in der Fahrerkabine auf Umluft, um wenigstens die schlimmsten Dämpfe nicht einzuatmen, die aus dem Wasser stiegen, das

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