Absolution - Roman
Jungen, unter zehn, beäugen uns aus einiger Entfernung und rufen uns etwas zu. Greg antwortet ihnen.
»Was wollen sie?«, frage ich.
»Sie sagen: Mister, Mister, bitte, wir wollen auch so ein Eis. «
»Was hast du gesagt?«
»Ich habe ihnen gesagt, tut mir leid. Vielleicht nächstes Mal. Das ist wahrscheinlich ein Fehler – nächstes Mal. Sie wollen bestimmt wissen, wann das nächste Mal ist.«
»Ich kann ihnen doch meins geben.«
Er schüttelt den Kopf. »Dann würden sie auch meins wollen und dann Dylans und danach ein wenig Geld, und mit dem Geld würden sie sich Süßigkeiten kaufen, oder wenn wir richtiges Pech hätten, würden sie Klebstoff kaufen oder was Schlimmeres und in bekifftem Zustand andere ahnungslose Leute mit Messern überfallen oder sie würden eine Überdosis nehmen und auf der Straße sterben oder dealen. Es hört nicht auf. Ich fasse es nicht, dass ich das gesagt habe.«
»Gehören sie zu den Straßenhändlern?«
»Nein, sie sind von hier. Die Händler sind gar keine Einheimischen. Wahrscheinlich sind es alles Westafrikaner oder aus Sim. Das Zeug, was sie verkaufen, ist auch nicht von hier. Das meiste davon kommt in Containern aus China.«
Die Jungen rufen weiter und Greg antwortet ihnen in höflichem, aber bestimmtem Ton. Es ist, als spreche er zu Dylan, dessen Gesicht nun mit schmelzendem Schokoladeneis beschmiert ist, nur dass ich einen leichten Kommandoton in seiner Stimme höre, den ich nicht höre, wenn er mit Dylan oder mit Nonyameko spricht, mit seinem Gärtner oder seiner Hausangestellten. Oder wenn es kein Kommandoton ist, dann ist es Panik. Als die Jungen näher kommen, frecher geworden, finden wir, dass es Zeit ist zu gehen.
»Kann man es ihnen verdenken?«, sagt er im Auto. »Wenn ich an ihrer Stelle wäre und sie an unserer, würde ich das Gleiche machen. Manchmal weiß ich nicht, was ich tun soll, was richtig und was falsch ist. Es wäre so viel einfacher irgendwo anders.«
»Schwierigkeiten der einen oder anderen Art gibt es überall, egal wo du bist«, sage ich. Er sieht mich einen Augenblick lang an, als bezweifelte er, dass das stimmt.
Dylan sitzt in seinem Stühlchen und malt Enten und Hühner, während wir in Gregs Küche das Abendbrot zubereiten. Ich mache einen Salat, er stellt ein gebratenes Huhn zum Aufwärmen in die Röhre, wir öffnen eine Flasche Wein und wollen uns gerade zum Essen niederlassen, als die Hunde draußen sich verrückt gebärden, knurren und bellen.
»Das ist wieder derselbe Kerl, der schon gestern da war«, sagt er und steht auf.
»Welcher Kerl?«
»Er geht rum und bietet an, Reparaturen auszuführen oder Messer zu schleifen.« Greg tappt zur Tür und ruft die Hunde zurück, die weiter bellen, fünf Stimmen, ein Mann und vier Hunde. Zwischen uns und dem Mann draußen sind zwei Tore – das Tor zwischen dem Garten und der Auffahrt und das Tor am Ende des Fahrwegs – und dann ist da das Haus selbst mit seiner Alarmanlage, mit Alarmknöpfen, Zusatzgenerator, Bolzenschloss, Einbruch-Schutzgittern, kugelsicherer Verglasung. Wir könnten uns einschließen und ihn den Hunden überlassen. Erst als der Mann schließlich verschwindet, kommt Greg zurück und setzt sich hin. »So etwas wie wandernde Kesselflicker gibt es nicht mehr. Das ist eine ausgestorbene Spezies. Er kontrolliert, ob jemand hier ist«, sagt er und nimmt sich ein Hühnerbein. »Das glaube ich jedenfalls. Kann sein, dass er harmlos ist, doch es hat Einbrüche gegeben. Hältst du mich für paranoid? Meine Assistentin ist eines Nachts aufgewacht und vier Männer bedrohten sie mit Gewehren. Aber sie hat keine Hunde. Einer der Männer hatte seinen Gürtel gelöst und war gerade dabei, sie auszuziehen, als die Polizei durch die Tür kam. Sie hat einen Alarmknopf am Bettgestell. Nur das hat sie gerettet.«
ABSOLUTION
Der Umzug war eine Entschuldigung, nicht für Clare, aber für Jacobus, den Mann, der ihr in der Canigou Avenue bei der Gartenarbeit geholfen hatte, seit sie und ihr Mann das Haus dort gleich nach ihrer Heirat gekauft hatten. Wie Clare war auch Jacobus der Auffassung, dass ein Garten einen Zweck erfüllen sollte, dass er nicht nur schön anzusehen sein, sondern auch zum Lebensunterhalt in einer unsicheren Welt beitragen sollte, dass er Ernten liefern sollte, an denen sich die Eigentümer erfreuen konnten. Gemeinsam hatten Clare und Jacobus die Beete auf dem Rasenflickenteppich hinterm Haus geplant, einem Rasen, den die vorherigen Eigentümer mit manischer Sorgfalt
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