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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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verstreichenden Zeit entzogen worden, und da du permanent in geschlossenen Räumen gehalten wurdest, in einer fensterlosen Zelle, durch fensterlose Korridore in andere fensterlose Räume, fensterlose Duschen, fensterlose Verhörkammern gebracht wurdest, mit der stets gleichen orangefarbenen Beleuchtung, wusstest du nicht zu sagen, wie viele Tage es her war, seit du zum letzten Mal den Himmel und die Sonne gesehen hattest. Und die Sonne! Ihr schockierender Glanz machte dich zunächst blind. Sie hatten dich ausgestreckt fixiert, dein Gesicht brannte im harten Licht, sodass du die Augen vor der grellen Helligkeit schließen musstest, statt die Welt zu prüfen, um dich zu versichern, dass sie noch war, wie du sie in Erinnerung hattest; obwohl diese Augenblicke, in denen du die Augen vor der Sonne schlossest und das orangefarbene Leuchten durch deine fahlen Lider sahst, nicht mehr als ein kurzes Innehalten waren, verglichen mit der drinnen verbrachten Zeit. Nach der abgestandenen Luft im Gefängnis war es eine Erleichterung, die Meeresluft zu atmen, die Sonne deinen ganzen Körper erwärmen zu spüren, sodass sogar die Vorrichtung, die dich festhielt, fast verzeihlich war und du in den ersten Minuten fast vergessen konntest, dass dein Rückgrat und deine Beine lediglich von einer dünnen Metallstange, nicht dicker als dein Handgelenk, gestützt wurden. Du schmecktest das Salz in der Luft und konntest schreien, wenn du wolltest, aber du hattest schon lange den Mut zu schreien verloren und wagtest nur vor dich hin zu flüstern, kaum die Lippen bewegend, auf denen das Salz scharfe weiße Blumen bildete. Sie hatten den Käfig geschlossen und waren fortgegangen, die Dünen hinauf, und du wurdest zurückgelassen und lauschtest der Brandung und, wenn sich der Wind drehte, den Stimmen anderer deinesgleichen, die vor sich hin flüsterten, wimmerten, leise weinten und dann einen erstickten Schrei hören ließen.
    »Das ist ein einfaches System, meine Damen und Herren, einer Angel nicht unähnlich, aber mit einem fast entgegengesetzten Zweck, wie Sie hier sehen können. Die Käfige, aus ultraleichtem Titan hergestellt, sind mit diesen Zahnradgetrieben verbunden, mithilfe derer man sie an Seilen bis außerhalb der Reichweite der Flut herausziehen oder aber die Seile so erschlaffen lassen kann, dass die Käfige von den zurückweichenden Wellen bis zu einem halben Kilometer mit hinaus ins tiefe Wasser gezogen werden, je nachdem was gewünscht wird. An diesem, sehr abgelegenen, Strandabschnitt – eine Stunde Fahrt bis zur äußeren Umzäunung, wie Sie wissen, und noch eine Stunde bis zur nächsten Hauptverkehrsader – gibt es fünfundzwanzig Käfige, die für gewöhnlich voll ausgelastet sind.«
    »Wie sind die Abmessungen?«
    »Jeder Käfig ist ein Meter im Quadrat und drei Meter hoch, und innen befindet sich entlang der senkrechten Achse eine Stange mit einer verstellbaren Querstange, die je nach der Schulterhöhe des Häftlings höher oder tiefer geschoben werden kann; es ist wichtig, dass die Vorrichtung stets gut angepasst ist, damit der Häftling sicher fixiert bleibt, selbst wenn er untergetaucht ist. Fesseln an den Füßen, dem Hals und den Handgelenken halten jeden Häftling fest und lassen sich auch verstellen, sodass es keine Möglichkeit gibt, dass einer, wenn er nass ist, herausrutschen und im Käfig nach oben schwimmen kann.«
    »Selbst in diesem Fall könnten sie nicht entkommen, oder?«
    »Nein, aber sie könnten Luft holen.«
    Die Erinnerungen, die frühen Erinnerungen, waren sehr klar; es war dein Zugriff auf die unmittelbare Vergangenheit, der unsicher war. Du erinnertest dich an das erste Mal, als du, mit zwei Jahren, am Strand warst, mit deinem Vater und mir und deinem Bruder, du konntest deinen roten Badeanzug mit dem gelben Fischmuster eng anliegend auf der Haut fühlen. Du konntest dich an die ersten Schritte erinnern, die du gemacht hast, ganz ohne Angst, denn du wusstest alles über das Meer, wusstest, dass es zum Schwimmen da war, wusstest auch, dass es kälter war, als es aussah. Du bist in die Brandung hineinmarschiert und begannst vertrauensvoll zu paddeln, mit deinem Vater und mir rechts und links neben dir schwimmend. Da war die Erregung des Auftriebs, die das Schwimmen leichter machte als im Wasserreservoir auf der Farm, aber auch die Gewalt der Wellen, die dich mehr forderte. Nach zehn Minuten im Wasser warst du bereit, dich am Strand auszuruhen, den Brustkorb im Rhythmus der Brandung sich heben und

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