Abtruennig
Alexander Crane. Er ist rund sechshundert Jahre alt und besitzt die besondere Fähigkeit Gedanken lesen zu können. Er wird also merken, wenn man ihm etwas verheimlicht.“
Diese Erkenntnis setzte mir auf eine merkwürdige Art und Weise zu. „Na toll. Die eine Sache ist schon schlimm genug, aber wie soll ich es mit einem Vampir aufnehmen, der über sechshundert Jahre alt ist?“ Ich schüttelte den Kopf. „Das wird nicht klappen.“
Vincent grinste auf einmal. „Du hast mich gegen die Zimmerwand gestoßen, hast du das schon vergessen? Wie bereits erwähnt, ich hatte es nicht kommen sehen und vor allem konnte ich mich dagegen nicht wehren. In jenem Augenblick hattest du ungeahnte Kräfte und ich gehe davon aus, dass du meine Energie mit aufnimmst. Du wirst mehr Stärke besitzen als du es jetzt für möglich halten wirst und dadurch hast du eine reelle Chance gegen ihn zu bestehen.“
Ich fuhr mir nervös durchs Haar. „Lesley hat keine Zeit zu verlieren, also werde ich tun, was du für richtig hältst.“
„ Ich bin mir sicher, dass er spüren wird, wenn du nicht alleine bei ihm auftauchst-“
„ Ich würde ohnehin alleine gehen“, unterbrach ich ihn entschlossen.
Er nickte. „Ja, das war mir irgendwie klar und es ist vielleicht auch die bessere Wahl.“ Er hob eine Augenbraue. „Wie willst du sie denn finden? Er hat nicht gesagt, wo er sie hingebracht hat, also wo willst du anfangen zu suchen?“
„ Ich weiß, dass ich Liz finde, ganz gleich wo er sie auch festhält. Es ist schwer zu beschreiben, aber es ist manchmal so, als wären wir bereits tiefer miteinander verbunden, auch wenn wir keine Blutsverbindung haben. Ich kann fühlen, dass sie noch lebt und ich werde ihren Aufenthaltsort aufspüren. Ich muss!“
„ Es soll ja so etwas geben“, er rollte mit seinen Augen. „Ein Mitglied des Rats hat ebenfalls eine bedeutungsvolle Verbindung mit seiner jetzigen Gefährtin gehabt, und zwar lange bevor sie sich vereinigt haben, möglicherweise ist es bei dir und Lesley ähnlich. Vielleicht gibt es doch so etwas wie Seelenverwandtschaft?“ Er lachte kurz. „Gut. Ich werde also dann unterdessen mit den Ältesten sprechen, wir werden ihnen einfach auftischen, dass du der Abtrünnige bist und ich dich nicht mehr zur Vernunft bringen konnte. Wenn Alexander sich vergewissern will, ob du lügst, so wird er sich vielleicht beim Rat erkundigen und er wird ihnen glauben, weil sie die Wahrheit sagen werden.“ Er fing an zu grinsen. „Sie wissen es schließlich nicht besser. Allerdings musst du daran glauben, damit deine Gedanken dich nicht verraten.“
„ Das werde ich. Was immer auch nötig sein wird, ich werde alles in Kauf nehmen, solange Lesley dadurch gerettet wird.“
Er zuckte mit den Achseln. „Selbst wenn er unseren Plan durchschauen wird, wir haben immer noch einen Vorteil auf unserer Seite.“
„ Und welchen?“
Vincents Grinsen wurde breiter. „Er wird dich unterschätzen…“ Er trat wieder einige Schritte auf mich zu.
„ Dann muss ich diesen Vorteil wohl einfach nutzen.“
Vincent streckte mir seinen Arm entgegen. „Ich weiß, dass du das tun wirst und gerade deshalb wird es auch funktionieren!“ Es klang voller Überzeugung und ich glaubte ihm.
Ich sog scharf etwas Sauerstoff ein, während ich nach seinem Unterarm griff. Mein Kiefer begann zu pochen, als ich mich auf die Adern in seinem Handgelenk konzentrierte.
„ Tu es Nicholas, es wird funktionieren.“
Ich blickte in seine dunklen Augen und er nickte. Die ungenutzte Luft entwich aus meinen Lungen und im nächsten Moment biss ich zu. Meine Zähne bohrten sich in Vincents kalte Haut. Der erste Tropfen seines Blutes berührte meine Zunge und eine Welle der totalen Zufriedenheit überschwemmte mich augenblicklich. Es war nicht vergleichbar mit dem ersten Mal, als ich von Vincents Blut trank. Damals war ich menschlich gewesen und ich war erst dabei mich von meiner sterblichen Hülle zu lösen. Jetzt war es anders. Die Reinheit seines Saftes übermahnte mich. Es war die pure Vollkommenheit, die meinen Mund füllte, flüssige Kraft, die sich warm in meinen Adern ausbreitete. Besser als alles, was ich bisher gekostet hatte. Ich schloss meine Augen, um jeden einzelnen Schluck zu genießen. Vincent gab mir kein Zeichen, trotzdem war ich mir im Klaren darüber, wann ich aufhören musste, doch es fiel mir schwerer als für gewöhnlich. Vielleicht lag es an diesem unbeschreiblichen Gefühl, dass sich in mir ausbreitete. Die Zeit schien
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