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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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vollständig still zu stehen, bis ich plötzlich eine Berührung an meinem Kopf spürte.
    „ Hör auf, Nicholas“, es war Vincents Stimme.
    Ich löste meine Lippen unwillig von seinem Handgelenk und in der nächsten Sekunde brachen schlagartig Bilder auf mich ein. Es waren nicht meine Erinnerungen, die sich vor meinem inneren Auge abspielten, sondern Vincents.
    Ein heftiger Schmerz ließ mich abrupt zusammenzucken. Es war Kälte, die sich plötzlich in meine Brust bohrte, wie eine Klinge aus Stahl. Mein Körper fiel auf einmal zu Boden, ohne dass ich es hätte verhindern können. Ich hörte Vincents Worte, aber sie erreichten nicht mein Bewusstsein. Ihre Bedeutung schien mir nicht mehr vergönnt, sie verschwommen zu einem sanften Gemurmel. Alle meine Sinne konzentrierten sich jetzt nur noch auf das Eis, das sich durch meinen gesamten Oberkörper schnitt. Ich war nicht imstande darauf zu reagieren. Meine Augen suchten Vincents Blick, aber die Dunkelheit legte sich blitzschnell um mich, ehe ich etwas dagegen tun konnte. Der Sog des Leids riss mich unbarmherzig mit sich fort und ein Mantel aus Finsternis hüllte mich vollständig ein.

22. Abschied

    Die Bilder zogen in Sekundenbruchteilen an meinem inneren Auge vorbei. Ich sah meine wunderschöne Frau Agnes, wie sie lächelnd ihr goldfarbenes Haar kämmte. Unseren Sohn Markus, der um sie herum tanzte und dabei Grimassen schnitt. Meine geliebte Familie. Mein Ein und Alles. Ausgelöscht.
    Der Schmerz quälte sich in mein Bewusstsein und er war schlimmer als die Wunden, die meinen geschundenen Körper übersäten. Die Klinge, welche letztendlich meinen endgültigen Tod herbeiführen sollte, steckte noch tief in meiner Brust. Sie hatte mein Herz nur um eine Haaresbreite verfehlt. Wie unglücklich. Ich sehnte mich nach dem Frieden und der Stille. Ich wollte sterben, um bei meiner Familie sein zu können, aber mein Dasein wurde in die Länge gezogen. Unbeabsichtigt, denn ich war wieder allein. Die Bestien waren inzwischen weitergezogen, sie hatten sich genommen, was sie begehrt hatten und die pure Verwüstung zurück gelassen. Die Flammen, die um mich herum züngelten, hatten unser Heim verschlungen. Verkohltes Holz, rußgeschwärzte Steine und Asche, mehr war nicht übrig geblieben. Und der Rauch hatte meine Lungen mittlerweile so weit gefüllt, dass ich nur noch hoffte, ich würde endlich daran ersticken. Der Geruch von Blut und verbranntem Fleisch stieg mir unweigerlich in die Nase. Mit jedem neuen Windhauch wurde mir abermals das grauenhafte Schicksal derer ins Bewusstsein gerufen, die ich geliebt hatte und deren Existenz meine einzige Berufung in dieser gnadenlosen Welt gewesen war. Sie waren fort und ich wollte ihnen folgen.
    Ich schlug meine Augen auf und starrte in den grauen Himmel über mir. Die Hitze des Feuers wurde langsam schwächer, denn es gab nun nichts mehr, dass die Flammen hätten verschlingen können. Nichts, außer mir. Meine Glieder versagten allerdings, sie gehorchten mir nicht mehr, stattdessen lagen sie schlaff auf der trockenen Erde. So sehr ich mich auch versuchte dagegen zu wehren, mein Verstand ließ sich nicht abstellen. Auch wenn alles in mir endlich sterben wollte, so hatte mein Körper wohl noch nicht aufgegeben. Zumindest ließ er nicht zu, dass ich meinen Tod beschleunigte. Wie sehr wollte ich das Schwert tiefer in meine Brust drücken…
    Ein unerwartetes Geräusch beendete meinen Gedankengang. Es waren die Hufen eines Pferdes, dem war ich mir sicher. Würden die Peiniger beenden, was sie angefangen hatten? Ich wünschte es mir, denn dann würde es zumindest schneller vorbei gehen.
    Die Hufschläge stoppten abrupt und es war nun nichts mehr zu hören, außer dem Knacken des Feuers. Auch wenn sich die Zeit für mich nicht mehr richtig greifen ließ, so war ich mir trotzdem sicher, dass es nur Sekunden dauerte, bis eine dunkle Gestalt in mein Blickfeld trat. Das Gesicht war unter einer schwarzen Kapuze verborgen und es war anscheinend keiner der Ritter. Vermutlich nur ein Herumtreiber, der nach Habseligkeiten Ausschau hielt. Er würde hier nichts mehr finden, das Kostbarste war mir genommen worden und so etwas wie Schmuck oder Gold besaßen wir auch nicht mehr. Mein Bewusstsein korrigierte mich. Es gab kein `wir´ mehr. Es sollte auch kein `ich´ mehr geben.
    Die Person beugte sich langsam über mich, lautlos, wie ein Schatten. Er schien sich über mir auszubreiten. War es der Tod, der gekommen war, um mich zu sich zu holen?
    Ich wollte

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