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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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Körper dabei war zu sterben. Der eisige Tod kroch durch meine Venen, er ließ meinen Blutkreislauf gefrieren. Meine gesamten Glieder erstarrten und ich war nicht mehr imstande mich zu bewegen. Ich sah aus meinen Augenwinkeln das Schwert, welches noch vor Minuten in meiner Brust gesteckt hatte. Es lag nur eine Armeslänge von mir entfernt. Das Einzige, was mich jetzt noch hätte erlösen können, zum Greifen nah, und dennoch war es zu weit, um es mit meinen steifen Fingern erreichen zu können.
    Mein Atem ging schwer und der Rauch um mich herum machte es mir noch schwerer genügend Sauerstoff in meine Lungen zu pressen. Mir blieb keine Wahl, außer es zu ertragen. Ich versuchte meine Gedanken auf etwas zu konzentrieren.
    Meine Familie. Ich sah sie wieder vor meinem inneren Auge, doch dieses Mal vermochte ihre Wärme mich nicht zu berühren, die Kälte in mir schien alles andere fernzuhalten.
    Gott, lass es endlich aufhören!
    Selbst der Hass in mir gab auf, aber es sollte nichts nützen. Ich war dabei zu sterben und ich wusste nicht wie lange es noch dauern sollte.
    Das Rauschen in meinen Ohren wurde stärker, aber ich konnte trotzdem hören, wie mein Herz schlug. Laut und kraftvoll war es einst gewesen, jetzt drang das leise Klopfen zwar noch in mein Bewusstsein, aber es war nur noch eine Frage der Zeit, bis es still stehen würde. Eins, zwei…die Sekunden zwischen den einzelnen Schlägen wurden länger. Meine Augen wurden schwer, doch der Schmerz schien nicht müde zu werden.
    Lass es aufhören, lass es aufhören… Mein Flehen war ein leises Flüstern meines Verstandes. Zu schwach, um zu sprechen.
    Drei, vier… mein Herz konnte das kalte Blut kaum noch durch meinen Körper pumpen. Und als das Rauschen in meinen Ohren abrupt endete, hörte ich plötzlich gar nichts mehr.
    Mein Herz hatte endlich aufgehört zu schlagen. Es war verstummt und all das Leid war mit ihm vergangen. Der letzte Rest der unverbrauchten Luft entwich aus meinen Lungen. Schwarze Schatten griffen nach mir und zerrten mich mit sich fort. Hinein in die totale Finsternis. Hinein in die absolute Stille. Ich war endlich tot und ich war dankbar.
    Meine Seele sollte jetzt Frieden finden, aber mir war es, als wäre sie noch immer Teil meines Körpers. Ich wusste, dass ich nicht mehr lebte, aber ich konnte trotzdem noch denken. Würde mir die letzte Ebene noch bevorstehen?
    Gleißendes Licht blendete mich plötzlich, obwohl meine Augen geschlossen sein mussten. War das der Himmel? Ich versuchte zu erkennen, was sich hinter den hellen Strahlen verbarg und ich konnte zwei Gestalten erkennen. Sie schienen zu schweben. Waren es…? Das war doch nicht möglich!
    „ Noch nicht mein Geliebter.“ Es war meine Frau, die zu mir sprach.
    „ Vater…“, flüsterte mein Sohn.
    Ich wollte nach ihnen greifen und sie berühren. Ich wollte nur bei ihnen sein, aber das Licht wurde stärker. Es blendete mich so sehr, dass ich meinen Blick abwenden musste. Der Mantel der Dunkelheit kehrte zurück. Er griff erneut nach mir und zog mich fort. Ich versuchte mich dagegen zu wehren, aber ich konnte nicht dagegen ankämpfen. Das Licht verschwand und mit ihm meine Hoffnung. Meine Liebe. Mein Leben.

    Mein Körper schnellte nach oben, in eine sitzende Position. Ich rang nach Luft, aber der Sauerstoff schien meine Lungen nicht zu erreichen, es war ein Reflex meines Körpers, der noch nicht wusste, dass ich nie wieder atmen musste. Ich saß auf der trockenen Erde, vor meinem alten Haus. Der Rauch hatte sich beinahe vollständig verflüchtigt und es war inzwischen Nacht geworden. Über mir funkelten hunderte Sterne. Wie lange war ich bewusstlos gewesen?
    Bewusstlos? Mein Verstand korrigierte mich – ich war tot. Ich lauschte angestrengt in die vermeintliche Stille hinein. Mein Herz war erstarrt, es hatte aufgehört zu schlagen, ich benötigte keinen Sauerstoff mehr und ich konnte sehen, obwohl es Nacht war. Die Dunkelheit war nicht mehr so, wie ich sie kannte. Ich konnte alles um mich herum erkennen. Der Mond zeigte sich hinter ein paar Wolkenfetzen, doch für mich schien er heller als die Sonne bei Tag. Was war nur mit mir geschehen? Mir schoss nur ein einzelnes Wort durch den Kopf.
    Vampir!
    Ich betrachtete meine Hände und Arme. Meine Haut schimmerte bleich im seichten Mondlicht, so blass, genau wie bei der seltsamen Frau. Nervös starrte ich auf meine Brust und ich schob den beschmutzen Stoff zur Seite. Die klaffende Wunde war noch da, sie hatte allerdings aufgehört zu

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