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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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verrieten letztendlich meine Gegenwart.
    Lesley hob plötzlich ihren Kopf.
    „ Nicholas?“
    Es klang nicht erschrocken, eher überrascht.
    „ Hallo“, sagte ich leise.
    Ich stand da wie ein begossener Pudel und ich kam mir zum zweiten Mal ziemlich dämlich vor.
    „ Was tust du hier?“
    „ Du warst seit einiger Zeit nicht mehr auf dem Campus, da habe ich mir Sorgen gemacht.“
    So banal es auch klang, es war die Wahrheit, ich mutierte noch zum absoluten Waschlappen in ihrer Nähe.
    Sie hüpfte grazil von dem Gatter herunter und stellte sich mir in den Weg.
    „ Deswegen kommst du extra hierher?“ Sie musterte mich von oben bis unten. „Du bist ja pitschnass. Oh Gott, du musst dich ja zu Tode frieren. Bist du etwa gelaufen?“
    Ich nickte.
    „ Hatte ich eine andere Wahl? Der Wachmann hätte mich doch niemals herein gelassen, oder? Du hast ihm vermutlich ein Fandungsfoto von mir gegeben“, ich musste grinsen.
    Ich rechnete mit einer abweisenden Bemerkung, aber sie lächelte mich allen Ernstes an. Und es war hinreißend!
    „ Guter Punkt, den hebe ich mir fürs nächste Mal auf.“
    „ Nächstes Mal?“
    Ich zog eine Augenbraue nach oben.
    Ihre dichten Wimpern senkten sich.
    „ Du lässt ja anscheinend sowieso nicht locker…“, murmelte sie.
    Warum war ich noch mal hierher gekommen?
    „ Was soll das heißen?“
    Ich konnte nicht vermeiden, dass so etwas wie Hoffnung in meiner Stimme mitschwang.
    Ihre Wangen erröteten. Der Geruch ihres Blutes traf mich unvorbereitet, wie ein donnernder Faustschlag. In meinem Kiefer begann es gierig zu pochen, aber ich ignorierte es einfach. Werde wieder zu dem, was du bist! Mein Innerstes schrie mich an – verzweifelt. Ich trat Lesley entgegen. Dicht vor ihrem Gesicht blieb ich stehen. Ich konnte ihr Herz hören, wie es auf einmal anfing, gegen ihren Brustkorb zu hüpfen. Es fing an schneller zu schlagen. Ich hob ihr Kinn nur mit einem Finger an, damit sie mich ansehen musste.
    „ Spiel nicht mit mir, Liz.“
    Was immer es auch bedeuten mochte, ich wusste, dass ich es nicht ertragen wollte...oder konnte.
    „ Kann ich das denn überhaupt“, fragte sie ungläubig und ihre Augen erwiderten meinen Blick.
    „ Oh ja, das kannst du.“
    Sie sagte nichts, sie sah mich einfach nur an. Die Stimme in meinem Kopf wusste in dieser Sekunde, dass sie verloren hatte, denn ich würde gleich etwas tun, was mein Bewusstsein bis vor ein paar Tagen selbst nicht hätte glauben können. Jetzt würde ich zu weit gehen, aber dann sollte die grausame Erkenntnis mich wenigstens endlich von diesem unerklärlichen Bann erlösen. Meine kalten Finger umfassten ihre heißen Wangen und sie zuckte ein wenig zurück, aber ich behielt ihr Gesicht weiterhin in meinen Händen. Langsam beugte ich mir zu ihr hinunter und mein Mund näherte sich ihrem. Für wenige Sekunden gab ich ihr die Möglichkeit, mich wegzustoßen oder anzuschreien. Irgendeine Reaktion zu zeigen, die mich zurück weichen lassen würde. Doch nichts dergleichen geschah! Ihre Atmung wurde flacher und ihr Herz fing an zu rasen. Konnte ich ihr solche Empfindungen entlocken? War das wirklich möglich? Lizs blaue Augen starrten mich einfach nur an und so etwas wie Erwartung schien in ihnen aufzuflackern. Ich konnte mich selbst in ihren Pupillen sehen und mir war nicht klar gewesen, wie ich in diesem Moment aussah. Das Verlangen war in meinem Gesicht deutlich zu erkennen und ich war bereit sie zu küssen, auch wenn das gegen jede Regel und Vernunft war.
    Meine Lippen waren dabei ihre zu berühren, kaum merklich und dennoch spürte ich sofort die Wärme, die von ihnen ausging. Ich schloss meine Augen und verringerte die letzten Millimeter zwischen uns, um meinen Mund auf ihren zu legen.
    „ Lesley!“
    Eine helle Frauenstimme zerriss diesen einen Augenblick. Liz zuckte erschrocken zusammen und sie löste sich sofort von mir. Ich wollte sie nicht loslassen, aber sie drückte mich von sich weg, also ließ ich meine Arme sinken und gab sie frei.
    „ Meine Tante…“, hektisch wandte sie sich in die Richtung, aus der anscheinend die Stimme gekommen war.
    Mein Körper versteifte sich sofort.
    „ Soll ich gehen?“
    Lesley wirbelte herum und blickte mich verwirrt an. Ihr Mund war leicht geöffnet, aber es kam kein Laut über ihre Lippen.
    Meine Güte, du hast sie vollkommen überrumpelt! Was tust du hier Nicholas? Hau ab! Die Stimme in meinem Kopf hatte ihre Fassung wieder gewonnen und sie schrie mich erneut an. Was zum Henker tat ich hier

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