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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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dass sie mit Mühe ein Lächeln unterdrückte.
    „ Ich müsste heute Nachmittag zum Flughafen.“
    „ Zum Flughafen?“ Es klang irritiert. „Du fliegst weg? Bist du sicher, dass du Samstag wieder hier bist?“
    Ich nickte. „Wie wäre das: Du lässt mich am Terminal raus und fährst einfach mit meinem Auto weiter bis zu deiner Tante.“
    Sie zog eine Augenbraue nach oben. „Du – lässt – mich – deinen – BMW – fahren?“
    Ich musste lauthals losprusten. „Was habt ihr eigentlich immer alle mit Autos? Es ist nur ein BMW, du hast sicherlich weitaus wertvollere Fahrzeuge in der Garage stehen.“
    „ Du willst mich auf den Arm nehmen, oder?“ Es klang tatsächlich ungläubig. „Männer sind doch sonst immer so pingelig mit ihren Wagen.“
    „ Nun, ich mache mir jedenfalls nicht sonderlich viel aus diesem Metallhaufen.“ Ich lehnte mich zu ihr und flüsterte weiter. „Zugegeben, er ist schnell, aber ich bin schneller! Ich hoffe, du bist jetzt nicht von mir enttäuscht, aber ich gehöre nicht zu den Männern, die auf Blech stehen. Der BMW ist bloß ein Mittel zum Zweck, nichts weiter.“
    Ehe ich mich versehen konnte, schlang Liz ihre warmen Arme um mich. „Du bist einzigartig“, trällerte sie vergnügt. „In vielerlei Hinsicht.“
    Ich schmunzelte. „Also, ich gehe davon aus, dass du es okay findest?“
    „ Ja und ja! Ich bringe dich selbstverständlich zum Flughafen, dann habe ich noch einen Moment länger mit dir.“
    „ So war es ja auch geplant!“, zwinkerte ich ihr zu. „Also, dann sehen wir uns heute Nachmittag, so gegen halb Fünf. Einverstanden?“
    „ Ist gut. Kommst du hier vorbei?“
    „ Ja.“ Ich küsste sie zum Abschied.
    Als ich in meinem Wagen saß wurde mir klar, dass ich mit Peter reden musste. Ich war es ihm schuldig, obwohl ich noch nicht wusste, wie ich es ihm sagen sollte. Ich geriet irgendwie von einem Extrem direkt ins Nächste. Seufzend ließ ich den Motor an und wendete meinen Wagen. Ich brauste die lange Allee entlang und kramte dabei mein Handy aus der Tasche. Ich drückte die Kurzwahltaste von Peter und wartete auf seine vertraute Stimme.
    Er nahm bereits nach dem ersten Klingeln ab. „Der verschollene Bruder…“
    „ Ich bin unterwegs, wo bist du?“
    „ Wo sollte ich bei diesem traumhaften Wetter schon sein?“ Es klang mehr als ironisch.
    „ Gut, ich komme vorbei. Ich muss dringend etwas mit dir besprechen.“
    „ Das wird auch Zeit! Wann bist du hier?“
    „ In zwanzig Minuten, bis gleich.“
    „ Alles klar…“
    Ich legte auf und erreichte im nächsten Augenblick auch schon das große Tor. Ein anderer Wachmann, der anscheinend die Frühschicht übernahm, winkte mir freundlich zu, obwohl er mich durch die getönten Scheiben gar nicht sehen konnte. Mein Auto war anscheinend bekannt genug oder es lag daran, dass ich von der richtigen Seite kam. Die schmiedeeisernen Gitter öffneten sich zu beiden Seiten. Ich ließ das Beifahrerfenster herunter und nickte dem großen Mann dankend zu, als ich hindurch fuhr. Ich steuerte geradewegs auf die Hauptstraße zu. Ausnahmsweise hielt ich mich heute mal an die Geschwindigkeitsbegrenzung, was größtenteils daran lag, dass ich nicht besonders heiß auf das Gespräch mit Peter war. Ich war mir ziemlich sicher zu wissen, was er sagen würde.

    „ Bist du von Sinnen?“ Peter fuhr mich lautstark an.
    Ich hatte ihm in Kurzform erzählt, was ich vorhatte. Seine Reaktion war in etwa so, wie ich sie mir ausgemalt hatte. Ich setzte mich seufzend in einen der abgenutzten Sessel in der Wohnung, die unsere momentane Unterkunft darstellte. Nicht besonders luxuriös, aber das war Peter und mir ziemlich gleich. Wir waren sowieso zu selten hier. In der Regel bewohnten wir auch nicht länger als einige Monate die gleiche Behausung, demnach reichte es uns, wenn es sauber war. Ich hatte auch mal in einer Gruft ausharren müssen, deswegen war ich bescheidener geworden und bereits froh, wenn es wenigstens trocken war. Solche Wohnungen sorgten außerdem kaum für Aufsehen, man bezahlte bar und dem Vermieter war es herzlich egal, wer sich in den vier Wänden aufhielt oder was sich dort abspielte.
    Peter folgte mir ins Wohnzimmer. „Lass es mich mal anders ausdrücken. Ist dir die Ewigkeit zu Kopf gestiegen oder hast du einen Drogensüchtigen zur Ader gelassen? Siehst du vielleicht noch irgendwelche Farben oder hörst du seltsame Stimmen?“
    Nur die eine in meinem Kopf. Ich musste zwangsläufig grinsen. „Weder das eine noch das

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