Acacia 01 - Macht und Verrat
angeordnet, sie zu töten; die Goldaffen indes hatten die Frauen in ihr Herz geschlossen. Sie blieben.
»Ich habe den überarbeiteten Vertrag mitgebracht«, sagte Sire Dagon. »Ihr und Eure Berater könnt ihn Euch bei Gelegenheit durchlesen. Im Großen und Ganzen wäre das alles. Dann könnte Ihr Euch weiter Eures schwer erkämpften Reiches erfreuen. Es gibt nur eine einzige Neuerung an dem Vertrag, der Ihr Beachtung schenken solltet.« Der Gildenvertreter schien sich auf einmal wieder an die Speisen zu erinnern und beugte sich über den Tisch. Seine Bemerkung ließ er einen Moment lang im Raum stehen, doch Hanish wartete ab. »Als Gegenleistung für unsere Verhandlungsführung bittet die Gilde … nun, wir verlangen keine Erhöhung unseres Anteils, keinen Geldgewinn, nichts dergleichen. Wir möchten Euch stattdessen eine Last von den Schultern nehmen und sie uns selbst aufbürden.«
Hanish berührte mit dem Daumen die Narbe an seiner Nase, nicht mehr als eine flüchtige Geste. »Ich kann meine Neugier kaum bezähmen«, sagte er trocken.
»Wir möchten Euch die Außeninseln abnehmen. Wir möchten, dass sie in unseren Besitz übergehen.«
»Auf diesen Inseln wimmelt es von Piraten.«
Sire Dagon lächelte. »Das haben wir bedacht. Sie stellen kein Problem dar. Wir haben uns genauestens kundig gemacht, wie sie vorgehen, und sind zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, mit ihnen fertig zu werden.«
»Das sind wohl kaum Leute, die tatenlos die Hände in den Schoß legen.«
»Sie haben Euch Schwierigkeiten gemacht, nicht wahr?«, erkundigte sich Sire Dagon. »So viele Probleme habt Ihr Euch aufgeladen. Vielleicht habt Ihr ja nicht damit gerechnet, dass der Frieden eine größere Herausforderung darstellen würde als der Krieg. Diese Lektion lässt sich nur durch Versuch und Irrtum lernen. Das ist auch der Grund, weshalb die Gilde sich stets für den Frieden entschieden hat, selbst wenn unsere Freunde sich gegenseitig bekriegt haben.«
Hanish konnte die Weisheit dieser Einstellung nicht bestreiten. Wer hätte ahnen können, dass der Sieg in der Schlacht ein Kinderspiel sein würde im Vergleich dazu, ein ganzes Reich zu führen? Eine Krise folgte auf die nächste. Einige Probleme hatte er selbst verursacht. Zum Beispiel hatte das Fieber heftiger gewütet als erwartet. Er war nicht voll darauf vorbereitet gewesen, wie weit es sich ausbreiten und wie rasch es seine militärischen Ziele überrollen würde. Es hatte einfach zu viele Menschen getötet und einen geschwächten Bevölkerungsrest zurückgelassen, den er nach dem Krieg wieder hatte aufbauen müssen.
Außerdem hatten die Numrek ausgedient und waren nicht mehr willkommen. Obwohl Hanish sie für ihre Dienste großzügig belohnte, hatten sie sich nicht wieder über die Eisfelder zurückgezogen, wie sie es versprochen hatten. In den Nachkriegswirren, als im Süden noch das Fieber wütete, hatten sie sich in Aushenia verschanzt, die ganze Region für sich beansprucht, Städte, Dörfer und königliche Besitzungen eingenommen und die Bewohner versklavt, die das Pech hatten, von ihnen gefangen zu werden. Schlimmer noch, sie hatten sogar begonnen, an der Westküste Talays Kolonien zu gründen. Geschöpfe des eisigen Nordens, in der Tat! Wie sich herausstellte, kannten sie kein größeres Vergnügen, als in der prallen Sonne zu braten und im warmen Wasser zu schwimmen.
Es gab andere Probleme, an denen er unschuldig war. Die Menschen – vielleicht weil der Nebelnachschub gestört war – verfielen auf alle möglichen Ideen. Sie wurden aufsässig, schmiedeten Ränke, zettelten Aufstände an, verübten Sabotage. Zum Beispiel setzten sie die Kornspeicher auf dem Festland in Brand, was zur Folge hatte, dass die Hälfte aller Vorräte ein Opfer der Flammen wurde und dass im darauffolgenden Jahr eine Hungersnot ausbrach. Sie spannen Prophezeiungen von Heiligen zu Geschichten aus und behaupteten, Hanish und seine Seuche seien die Vorboten der Wiederkehr des Schöpfers. Sie entwickelten eine Vorliebe für Märtyrer, aufrührerische Störenfriede, für die Folter und Hinrichtung lediglich ein Segen waren. Es war ihm nicht gelungen, Talay vollständig zu befrieden; auf den Außeninseln wimmelte es von Piraten; Attentäter, die sich als treu ergebene Untertanen tarnten, setzten seinen Soldaten zu.
Noch ärgerlicher waren indes die Aufstände in den Bergwerken. Ausgerechnet in dem Moment, als Hanish den Handel wieder in Gang bringen wollte, verfielen die Grubenarbeiter auf die
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