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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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berührte sein Schulterblatt, fuhr mit den Fingern am Knochen entlang über das Gewebe seines Hemds bis zu seinem unbedeckten Nacken. Schon so lange hatte sie ihn dort berühren wollen. Seine Haut fühlte sich warm an und so weich wie bestimmt nur wenige Stellen seines Körpers. Sie meinte, durch die Haut seinen Herzschlag zu spüren, doch vielleicht war das auch nur das Blut, das in ihren Fingerspitzen pulsierte.
    Es war ermüdend, ihrem Vater Treue zu halten, ermüdend, sich an die Hoffnung zu klammern, ihre Geschwister würden auftauchen und Einfluss auf ihr Leben nehmen. Ihr Magen rebellierte gegen die Säuren, die sie jeden Tag in sich nährte. Warum sich nicht Hanish ergeben? Wen gab es Besseren als ihn? Sie wünschte, Hanish hätte tatsächlich die Macht gehabt, sie seinem Willen zu unterwerfen. Sie wünschte, es hätte ihrem Wesen entsprochen, sich mit jeder Rolle abzufinden, die er für sie ausersehen hatte. Er besaß wirklich eine grausame Ader. Die würde er nicht verlieren, auch wenn er sich jetzt verletzbar gab. Morgen früh würde er wieder Hanish Mein sein, und die Welt würde von den Rissen unter seiner Fassade der vollkommenen Selbstbeherrschung niemals etwas wissen. Doch aus irgendeinem Grund – und trotz allem, was sie für gut und richtig hielt – wünschte sie sich, genau diese Eigenschaft von ihm zu erlernen. Sie wollte sie sich Stück für Stück aus seinem Munde einverleiben, sie in sich aufnehmen, bis sie zu ihr gehörte.
    Als er ihr ins Gesicht sah, wich sie nicht zurück. Tatsächlich lag etwas wie Trotz auf ihrem Gesicht. »Wie seid Ihr darauf gekommen, mich ausgerechnet in dieses Haus zu bringen?«
    »Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, so etwas zu wissen. Sagt mir, dass es Euch gefällt, und ich bin glücklich.«
    »Gibt es hier Zimmer mit Glasböden?«, fragte sie und kannte die Antwort bereits.
    Hanish nickte. »In den Kinderzimmern. Die liegen ein Stockwerk tiefer.«
    »Dann zeigt sie mir«, sagte Corinn; ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

49

    Aliver kehrte in die Welt der Lebenden zurück. Er verabschiedete sich von den Santoth mit beiderseitigen Versprechen und stellte im Gehen nach und nach das Verständnis für seinen eigenen Körper wieder her. Zunächst schlenkerten seine Gliedmaßen unbeholfen um ihn herum, so schwer, als bestünden sie aus geschmolzenem Metall. Er hatte Mühe, die Beine anzuheben. Jedes Mal, wenn er den Fuß aufsetzte, bedauerte er, die Erde mit seiner Last zu beschweren. Wieso war ihm das noch nie aufgefallen? Das Verstreichen der Zeit, die Wanderung der Sonne über den Himmel, die sengende Tageshitze und die durchdringende Kälte der Nacht: Es gab so vieles, was er sich wieder in Erinnerung rufen musste. Anscheinend war das Buch des Lebens in völlige Unordnung geraten. Die leisesten Geräusche – das Rieseln der Sandkörner, der in der Ferne grollende Donner, der Luftschwall, den er beim Husten ausstieß – erschütterten ihn bis ins Mark. Immer wieder musste er stehen bleiben, sich den Kopf halten und flach und leise atmen. Bei jedem Schritt erwog er umzukehren. Doch eigentlich kam das nicht in Frage. Es war wie das Verlangen eines Rauchers nach dem grünen Nebel. Er hatte nicht die Absicht, ihm nachzugeben. Tatsächlich war seine Entschlossenheit, sich in der Bekannten Welt seinem Schicksal zu stellen, noch nie größer gewesen.
    Kelis traf er genau an der vereinbarten Stelle an. Irgendetwas daran, mit einem anderen Menschen zusammen zu sein, riss die letzte Barriere nieder, die Aliver noch von der Welt getrennt hatte. Scheinbar seit einer Ewigkeit vernahm er zum ersten Mal wieder eine menschliche Stimme. Er öffnete den Mund, um zu antworten, und stellte zu seiner Erleichterung fest, dass seine Sprache nicht mehr der wirre Missklang war wie vorher. Als sie Umae erreichten, rannten er und Kelis wieder, und beide sahen nicht anders aus als vor Wochen, als sie aufgebrochen waren.
    Umae jedoch hatte sich verändert. Seine Größe hatte sich verdoppelt. In alle Richtungen quoll es aus der flachen Mulde hervor. Zelte drängten sich um das Dorf, neue Siedlungen, die den Eindruck machten, sie seien für länger gedacht. Als er und Kelis sich näherten, kündigten laute Rufe ihr Kommen an. Auf den Wegen zwischen den Feldern, in den Akazien und auf jedem freien Flecken Land hockten Menschen. Die Dialekte von Nachbarstämmen drangen an Alivers Ohr, als er zwischen ihnen hindurchging. Er sah Balbara-Kopfschmuck aus Straußenfedern, Muschelhalsketten

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