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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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wohlgesonnen sind? Manchmal wundere ich mich über dich, Onkel. Kein Menschenleben ist wichtig, nur das Ziel.«
    Haleeven schenkte ihm ein halbes Lächeln. »Aber jeder Mann hat dabei seine Aufgabe. Manleith war nicht dein Freund. Er wollte den Ruhm, der bald dein sein wird, für sich, das war alles. Er hätte dich nicht gerade jetzt herausfordern dürfen. Ausgerechnet dich, die zweiundzwanzigste Generation...«
    »Ich bin nicht der einzige Sohn dieser Generation«, entgegnete Hanish. »Meine Aufgabe ist es, ein Beispiel zu geben. Deshalb habe ich mit Manleith getanzt. Er war ein Freund aus meiner Jugend. Denk an die Männer in der Halle. Denk daran, wie sie jetzt marschieren, wie sie für den bevorstehenden Krieg üben. Mit klarem Blick, gestählt, kein Einziger von ihnen vom Nebel besudelt. Denk daran! Vergleiche unsere Männer mit den Millionen in der Welt, die Sklaven der Täuschung sind. Wenn du glaubst, ich könnte mir ihre Treue erhalten, ohne ihnen die meine zu beweisen, dann täuschst du dich.«
    Mit diesen Worten verließ Hanish seinen Onkel, der die Übungen beaufsichtigen musste. Er schritt durch die Tür aus Kiefernholz, stieg die Treppe aus dem Calathfels hinauf und hinaus ins Freie. Ein heftiger Wind traf ihn mit solcher Wucht, dass er einen Moment breitbeinig stehen bleiben musste und Wangen und Augen mit der Hand vor den winzigen Eiskristallen schützte. Obwohl er dies alles die ganzen neunundzwanzig Jahre seines Lebens ertragen hatte, versetzte der Winter des Mein ihn doch immer wieder in Erstaunen, zumal wenn er aus dem geschützten Calathfels oder der Wärme der inneren Festung ins Freie trat. Es fühlte sich an, als wäre der Winter ein lebendes, wütendes Wesen. Je mehr sie sich verschanzten und ihr Leben auf dem Plateau erträglicher gestalteten, desto mehr bemühte sich der Schnee, sie zu begraben, desto heftiger versuchte der Wind, sie gegen die Bergfelsen zu drücken, desto hartnäckiger trachtete die Kälte danach, in ihre Schutzräume einzudringen. Weit vorgebeugt machte sich Hanish auf den kurzen Weg über den gefrorenen Boden, auf die tief geduckte Schattenmasse zu, im Schneesturm kaum zu erkennen, die Tahalia war.
    Im Innern der Feste erwartete ihn Arsay, ein Adjutant. Er reichte ihm eine kleine Schriftrolle. »Eine Nachricht von Maeander«, sagte er. »Thasren hat Leodan berührt. Er ist unerkannt inmitten der Feinde gewandelt, hat geschlafen und gegessen.
    Bei einem Festessen hat er den König gestellt und ihn mit einer Ilhach-Klinge durchbohrt. Das Idyll des Königs hat ein Ende.«
    Hanish nahm ihm die Nachricht aus der Hand, doch er las sie nicht. Seit Thasrens Aufbruch hatte er jeden Tag an die Mission seines Bruders gedacht, und doch verspürte er jetzt, da er seinen Namen hörte, einen Anflug von Scham, weil er auch nur ein paar Stunden verbracht hatte, ohne an ihn zu denken. Thasren, der seit Wochen in der Fremde weilte, im verräterischen Acacia, und dessen Leben täglich auf ganz andere Weise gefährdet gewesen war als bei einem Maseret. Hanish wusste, dass Thasren sich als Bruder stets gering geschätzt hatte. Der Jüngste, derjenige mit dem wenigsten Geschick in der Kriegskunst, der Letztgeborene. Ein drittgeborener Sohn hatte es bei den Mein nicht leicht. Doch ein solcher Stachel im Fleisch kann ein Segen sein, wenn er zum Handeln treibt. So lautete ein Sprichwort der Mein.
    »Und mein Bruder?«
    Arsay wandte den Blick ab und antwortete mit der uralten Formel, die einen ehrenhaften Tod anzeigte. »Er bittet darum, dass man ihn preisen möge.«
    »Er wird gepriesen werden«, antwortete Hanish rasch. Er wies Arsay an, für den nächsten Morgen den Rat der Generäle einzuberufen, und befahl ihm, zwei Boten loszuschicken; der eine sollte der im Gebirge versteckten Armee die Nachricht überbringen, dass der Moment zum Angriff gekommen sei, der andere Maeander in Cathgergen anweisen, die Numrek loszulassen. Außerdem sollte er die Seesöldner aufscheuchen, die schon so lange in dieser Eiswüste zu Gast waren. Sie hatten genug Grog getrunken, hatten lange genug die Annehmlichkeiten genossen, welche die Mein zu bieten hatten. Es war an der Zeit, dass sie sich ihren Sold verdienten. Sie waren tausend Meilen vom Meer entfernt, doch eine Flotte war bereit, ein weiteres geheimes Unterfangen, an dem jahrelang gearbeitet worden war. Schon bald würde sie sich in Bewegung setzen und sich ihren Weg durch einen gefrorenen Ozean bahnen.
    »Ich werde mich morgen mit allen beraten«, sagte

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