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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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der Königin war nur eines von vielen Beratergremien, mit denen sie sich beriet. Im Gegensatz zu den anderen – die ihr demütig nackte Tatsachen zu den verschiedenen Themen überbrachten, die für ihre Herrschaft wichtig waren – neigten die Ratsmitglieder dazu, ihre eigene Bedeutung übermäßig zu betonen. Sie hatte sich damit abgefunden, dass sie sie brauchte, aber sie traute ihnen nicht. Wären sie nicht notwendig gewesen, um den Schein zu wahren, dass sie die Traditionen ehrte, so hätte sie sie entlassen und sich gute Ratschläge gekauft, nur für Geld, von Beratern ihrer Wahl.
    Schon zu Beginn ihrer Herrschaft hatte sie in dem Bestreben, einen wirklichen Beraterstab zu schaffen, ein paar von den zehn Ratgebern selbst ausgesucht. Sie hatte Jason ausgewählt, ihren ehemaligen Hauslehrer. Es hatte allerdings nicht lange gedauert, bis ihr klar geworden war, dass die meisten, die sie erwählt hatte, genauso eigennützig waren wie die, die ihr von der Tradition aufgenötigt wurden. Sie hatte schon vor langer Zeit aufgehört zu versuchen, sie zu Freunden zu machen. Was die Ratsmitglieder anging, war sie vorsichtig und ebenso wachsam, als ginge es um ein Treffen mit erklärten Feinden. Allerdings merkte man ihr davon nichts an.
    »Teure Ratsmitglieder«, verkündete sie, als sie das Zimmer betrat, das einst ihrem Vater gehört hatte, »erhellt mich mit Eurem Wissen, auf dass ich mit Weisheit regieren kann.« Es war eine der traditionellen Begrüßungsformeln, und sie brachte sie völlig ernst vor.
    Als sie sich setzte, begrüßten die Ratsmitglieder sie ebenso freundlich. Sie konnten sich gar nicht genug über die großartigen Dinge ereifern, die sie über ihre Reise nach Talay gehört hatten. »Ein Triumph!«, erklärte Sai Seyden in seinem nasalen, aristokratischen Acacisch.
    »Eine Reise voller Wunder«, verkündete Balnievs aus der Sharratt-Familie. Selbst Sire Dagon wirkte auf seine zurückhaltende Weise beeindruckt. Er sollte auch beeindruckt und bereichert sein, dachte Corinn, und außerdem auch sehr verwirrt. Nach außen hin waren sie alle voll des Lobes; innerlich jedoch mussten sie sich fragen, wie sie all diese Wunder vollbracht hatte. Sie mussten über der Frage brüten, was für andere Kräfte sie noch haben mochte, eine Reaktion, die sie von Anfang an beabsichtigt hatte.
    Sie kam zu dem Schluss, dass sie sich ruhig noch ein bisschen länger Gedanken machen sollten, und gab Rhrenna ein Zeichen, dass sie die Sitzung beginnen lassen sollte.
    Rhrenna tat wie geheißen, indem sie die Geister der ersten fünf Könige der Akarans anrief und sie bat, die Versammelten mit Weisheit zu erfüllen. Nach dieser vollmundigen Eröffnung lenkte Rhrenna das Gespräch auf weltliche Dinge, wie sie von Corinn zuvor angewiesen worden war. Akten und Geschäftsbücher, Schätzungen über die Produktion der Minen, und sogar ein Gutachten, wie viel Potential der Vumu-Archipel als Nutzholz-Lieferant bot: Mit solchen Themen verbrachten sie eine lange, langweilige Stunde.
    Als sie sich militärischen Dingen zuwandten, musste General Andeson, der Befehlshaber der acacischen Armee, zugeben, dass die Gesamtzahl der Soldaten zurückgegangen war, doch er hielt das für etwas Gutes. Seiner Meinung nach würde das Militär als etwas kleinere Streitmacht bessere Dienste leisten, als wenn man neue, weniger geeignete Soldaten rekrutierte. Ohne einen Gegner, gegen den es zu kämpfen galt, sagte er, war es gefährlich, zu viele Männer und Frauen unter Waffen zu haben.
    »Was ist mit der Sicherheit?«, fragte Talinbeck, ein knochendürrer Ingenieur mit buschigen, störrischen Augenbrauen. »Meine Aufseher schwören, dass bei den Arbeitern etwas im Gange ist – nichts Fassbares, aber irgendetwas.«
    Andeson strich sich mit dem Daumen über seinen kurz geschorenen schwarzen Bart. »Zeigt mir einen Feind, und ich unternehme etwas, aber ich kann uns nicht gegen etwas verteidigen, das nicht fassbar ist.«
    »Ich habe schon früher Gerüchte über Unmut gehört«, sagte Corinn. »Gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass die Unruhestifter sich organisieren?«
    »Nein, Euer Majestät«, sagte Balnievs. »Es ist nur das verhaltene Murren der Massen. Das ist nichts Neues. Als der Nebel noch frei geflossen ist, war es nichts weiter als ein Murmeln. Noch ist es nicht viel mehr als das, aber die einfachen Leute wollen künstlich beschwichtigt werden! Deshalb trinken sie. Deshalb rauchen sie jedes Kraut, das die Welt für sie ein bisschen

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