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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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sich eine Antwort zurecht und schluckte sie dann hinunter. Er überlegte sich eine andere, doch er fand sie armselig. Schließlich räusperte er sich, blieb jedoch stumm. Hinter ihnen spielten Naamen und Shen ein Reimspiel und klatschten dabei in die Hände. Dann und wann hörte er Shen lachen.
    »Als ich ein kleines Mädchen war, habe ich oft von Bergen geträumt«, sagte Benabe. »Merkwürdig, nicht? Ich habe an einem flachen, heißen Ort gelebt, aber ich habe von hohen, kalten Dingen geträumt. Ich wollte Schnee sehen. Wie der Schneekönig.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Sag mir, dass du auch ein paar so verrückte Ideen hattest, Kelis. Komm, sag’s mir.«
    Ich habe eine Liebe für einen Prinzen empfunden, die anders war als die, die er mir entgegengebracht hat, sagte Kelis, aber nur im Stillen. Laut antwortete er: »Es ist nicht verrückt, über den Horizont hinausblicken zu wollen. Sagen die Weisen nicht ›Der, der am weitesten reist, kennt sein Zuhause am besten‹?«
    »Die Weisen sagen viele Dinge – so viele, dass sie uns andere durcheinanderbringen. Seit ich diese Berge zum ersten Mal gesehen habe, habe ich das Gefühl, ich hätte sie erschaffen. Es sind jene alten Träume, die zurückkommen, um mich zu bestrafen. Shen sagt allerdings, dass es nicht so ist. Sie sagt, die Steine haben sie dahin gestellt, um uns willkommen zu heißen. Um andere abzuschrecken, ja, aber um uns willkommen zu heißen. Sie werden uns hindurchführen, sagt sie, und uns auf der anderen Seite wohlgeborgen und in Sicherheit willkommen heißen.« Sie wandte den Blick von den Bergen ab und sah Kelis an. »Glaubst du das?«
    »Wenn deine Tochter es glaubt« – er machte eine kurze Pause, kam dann aber zu dem Schluss, dass das, was er zu sagen begonnen hatte, die Wahrheit war –, »dann bin ich beruhigt. Sie ist eine der Weisen.«
    »Ja, hör auf sie. Sie ist weise genug, um zu lachen.« Benabe stieß schnaubend die Luft durch die Nase aus. Lächelte. Doch der Augenblick der Heiterkeit verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war. »Das wirklich Seltsame ist eigentlich, dass ich mich mit meiner Tochter auf die Suche nach Zauberern begebe, vor denen ich mich zu Tode fürchte, weil das Einzige, was mir noch mehr Angst macht, die Vorstellung ist, sie nicht zu finden. Weißt du, wie Shen mich überzeugt hat? Es war nach meinem ersten Treffen mit Sinper Ou. Er hat Shen als seine Kusine bezeichnet, aber in ihm ist keine Freundlichkeit. Er würde sie zu seiner Frau machen, wenn er könnte, oder sie mit einem seiner Söhne verheiraten. Und dann würde er der Welt verkünden, dass sie lebt und als Alivers Tochter die rechtmäßige Herrscherin der Bekannten Welt ist.«
    Kelis spürte, wie sein Herz schneller schlug. »Glaubst du wirklich, er würde die Königin herausfordern?«
    »Wenn er glaubt, dass sie geschwächt ist – ja. Aber selbst wenn er es nicht tun würde, ich glaube, er würde versuchen, sich ganz Talay anzueignen. Die Ous glauben schon lange, sie wären besser als alle anderen. Große Löwen. Warum sollten sie nicht Könige und Königinnen sein? Ich konnte diese Gedanken jedes Mal aufwallen sehen, wenn Sinpers Herz geschlagen hat. Er würde die Königin herausfordern, wenn er könnte, verstehst du, aber ich glaube, er wäre genauso glücklich, wenn er die Welt in zwei Teile brechen könnte. Talay ist reich genug, sogar für einen Mann wie ihn. Alles, was er braucht, ist meine Tochter an seiner Seite. Er muss nichts anderes tun, als sie als Alivers Erbin zu bezeichnen, und ganz Talay wird sich vor ihr verneigen. Und Sinper wird diese Unterwerfung in ihrem Namen annehmen. Dessen war ich mir sicher, und ich war mir auch sicher, dass er bereits ein Spinnennetz um uns herum gewoben hat. Ich hatte sie all die Jahre versteckt, weil ich wollte, dass sie in Sicherheit ist, dass niemand von ihr weiß. Lieber ein lebendiges Dorfmädchen als das Ziel für die Wölfe. Das war meine Überzeugung. Ich glaube das immer noch, aber es ist schwer, Geheimnisse zu bewahren. Sangae hat schon von ihr gewusst, lange bevor er mit mir gesprochen hat. Und dann hatte er keine andere Wahl, als es den anderen Ältesten zu erzählen. Und was die Ältesten wissen, wissen bald auch die Ous.«
    »Du könntest selbst verkünden, dass sie Alivers Tochter ist. Könntest Sinper diese Gelegenheit nehmen …«
    »Sobald die Welt von ihr erfährt, hat sie eine Million Feinde, von denen die meisten sich als Freunde tarnen.«
    »Aber sie wird auch wahre

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