Acacia 02 - Die fernen Lande
keine Minute zögern.«
Als Antwort auf diese Worte löste ein Mann namens Tam den Streitkolben, den er am Gürtel trug, und wiegte ihn ein paar Herzschläge lang leicht in beiden Händen, als wolle er sein Gewicht abschätzen, während er sich überlegte, wo er zuschlagen sollte. Dariel wusste, dass er von den Fru Nithexek geflohen war, obwohl die einzigen Kennzeichen der Himmelsbären an ihm dunkle, kreisförmige Tätowierungen um die Augen waren. Er wählte sein Ziel, einen schräg verlaufenden Teil der Wand, auf dem sich von Hand geformte, erhöhte Auflagen befanden. Die Umstehenden wichen zurück.
»Irgendwie glaube ich nicht, dass …«, setzte Dariel an.
Tam schwang den Streitkolben. Der eiserne Kopf prallte so heftig von der Steinplatte zurück, dass der Arm des jungen Mannes über seinen Kopf hinweg nach hinten gerissen wurde. Der Streitkolben rutschte ihm aus der Hand, und ein paar der anderen mussten sich ducken, um nicht getroffen zu werden. Tam schrie auf, und einen eisigen Moment lang dachte Dariel, der junge Mann würde tot zusammenbrechen, von einem Fluch oder dergleichen getroffen. Doch nein, es waren nur die Schmerzen in Hand und Schulter, die ihn hatten aufschreien lassen. Er stand da, rieb sich die Schulter, und sah gleichzeitig gekränkt und betreten aus.
Dariel wartete einen Augenblick und beendete dann den Satz, den er zuvor begonnen hatte: »… dass wir diesen Raum einfach in Stücke hauen können.«
»Tam«, sagte Skylene in einem Tonfall, der ihre Worte zu dem Lob machten, als das sie gedacht waren, »ich danke dir, dass du uns gezeigt hast, was nicht geht. Wir müssen eine andere Möglichkeit finden.«
Dariel hörte zu, während die Gruppe bereit war, doch der größte Teil seiner Aufmerksamkeit galt einer Idee, die ihm gerade gekommen war. Er umkreiste sie, war sich nicht sicher, ob er sie vorbringen sollte. Es könnte aus vielerlei Gründen fehlschlagen. Es war riskant. Darüber hinaus bedeutete es für ihn, eine Wand aus Erinnerungen zu durchbrechen, denen sich zu stellen er alles andere als reizvoll fand. Oder sollte er es doch tun? Musste er es nicht tun? Diese Erinnerungen waren mit genau den Kindern verknüpft, die hierhergebracht worden waren. Sie schlossen dieselben Leute ein, gegen die er jetzt vorging. Er hatte mit der Gilde noch eine Rechnung zu begleichen. Das hier könnte ein Teil davon sein.
»Ich glaube, ich weiß eine Möglichkeit«, sagte Dariel schließlich. Die anderen verstummten und wandten sich zu ihm um. »Ich habe schon einmal so etwas Ähnliches gemacht. Wir haben es in Stücke gesprengt – Explosionen, Flammen und Rauch.«
Tunnel nickte gewichtig. »Gute Idee.« Einen Augenblick später fügte er hinzu: »Und wie machen wir das?«
»Dafür brauchen wir natürlich Sprengstoff«, sagte Dariel. »Und ich glaube, ich weiß, wo wir welchen finden.«
Sie nutzten den Schutz der Dunkelheit, als sie wieder zur Westseite von Lithram Len zurückfuhren. Der Mond war nur eine schmale Sichel, aber die Sterne leuchteten hell, und Dariel schien keine Probleme zu haben, die Konturen des Ufers und die verborgenen Gefahren im schwarzen und silbernen Wasser zu erahnen. Die anderen schwiegen. Dariel konnte spüren, wie ihre Angst wuchs und sie förmlich zu beben begannen, als der Lichtschein des Hafens, in dem sich Gildenschiffe drängten, den Nachthimmel erhellte. Sie waren so dicht am Ufer, dass sie ihn anfangs als dunstiges Glimmen über den dunklen Umrissen der Bäume wahrnahmen.
Als sie näher kamen, nahm der Himmel einen rötlichen Schimmer an; er schien tiefer zu hängen und von Rauchschwaden durchzogen zu sein. Langsam und vorsichtig steuerte Dariel das Boot um die letzte Landzunge herum, und der geschäftige Hafen mit dem Labyrinth aus Kais und Stegen und die Stadt dahinter kamen in Sicht. Er summte vor Leben, genauso wie beim ersten Mal.
Sobald sie in Sicht waren, wusste Dariel, wie sehr ihr leuchtend weißes Boot auffallen würde. Glücklicherweise hatte die Gilde bereits viele Schiffe der Lothan Aklun beschlagnahmt. Er sah mehrere durch den Hafen kreuzen, noch mehr lagen am Kai. Jetzt waren sie für jedermann zu sehen, daher lenkte der Prinz das Boot entschlossen mit seinem Willen vorwärts, auf die brennenden Fackeln und die aberhundert Arbeiter zu, die alle ihre Feinde waren.
»Am besten, sich deutlich sichtbar zu verbergen, richtig?«, fragte Dariel. »Da sind wir uns doch immer noch einig, oder?«
Niemand antwortete ihm. Doch es widersprach auch
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