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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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winzigen Kiva-Fische, die gebraten, getrocknet oder zu Brei zerstampft eine so wichtige Eiweißquelle gewesen waren, waren dahin. Und dahin waren auch die Wasservögel, die sie jagten. Auch die Lebenskraft der Halaly, die so sehr auf ihren zuverlässigen Nahrungsquellen beruht hatte, begann zu schwinden, und die Abgaben und der Handel, die sie zum Herzen des Kontinents gemacht hatten, gingen zurück. Und als wäre das alles noch nicht schlimm genug, wimmelte die Luft von Moskitos und Stechfliegen, die sich nun unbehelligt von den Kiva-Fischen, die sich einst an ihren Eiern gütlich getan hatten, vermehrten. Die eine Art übertrug Krankheiten, während die andere Quaddeln auf der Haut zurückließ, die sich leicht entzündeten.
    Die Stimmen der dunkelhäutigen Männer, die all das schilderten, klangen gleichermaßen zornig und ungläubig. Sie schienen an ihrer eigenen Geschichte zu zweifeln, noch während sie sie erzählten. Das mächtige Halaly, so geschwächt von einem einzigen Fischwesen? So entkräftet, dass die Stiche eines Insekts Männer fiebernd aufs Lager zwang. Sie schienen kaum in der Lage, ihren eigenen Worten zu glauben. Und doch waren sie hier und erzählten.
    »Hat die Kreatur auch Menschen getötet?«, fragte Melio.
    »Ja«, antwortete eines der Ratsmitglieder. »Sie macht nicht Jagd auf uns, um uns zu fressen, aber bei dem Versuch, sie zu töten, sind viele Männer umgekommen.«
    »Die Halaly haben die Niederlage nicht einfach hingenommen, oh nein«, fügte ein anderer hinzu.
    Wieder und wieder hatten sie versucht, die Kreatur zu fangen, sie zu vergiften, sie zu harpunieren, mit Haken und Leinen zu fangen oder ihr anderweitig beizukommen. Doch bis jetzt hatten sie auf diese Weise nur ihre Boote zertrümmert und mit angesehen, wie Männer zermalmt und ertränkt wurden. In den letzten paar Monaten hatten sie ihre ganze Tatkraft in den Bau einer Flotte von Segelgleitern gesteckt, leichte Boote mit großen Segeln und kompakten Rümpfen, die selbst die Untiefen befahren konnten. Mit beinahe einhundert dieser Gleiter hatten sie die Bestie in die Buchten der östlichen Seeecke gedrängt. Sie war so groß geworden, dass sie in den tieferen Bereichen gefangen war, und diese hatten sie begrenzt, indem sie die Dämme geöffnet hatten, um mehr Wasser als üblich abzulassen. Es war eine extreme Maßnahme, aber so war die Bestie, fett und aufgeschwemmt, wie sie war, nun verwundbarer als jemals zuvor. Sie waren bereit, beteuerten sie, es zu Ende zu bringen.
    »Gut«, sagte Mena und gab sich Mühe, zuversichtlich und angesichts der düsteren Stimmung dennoch respektvoll zu klingen. »Ich bin froh, dass wir hier sind, um euch zu helfen. Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, bis wir euch zu Hilfe kommen konnten, aber es hat viele Übeldinge gegeben. Jetzt sind es zum Glück nur noch zwei. Und eines davon werden wir morgen töten, ja?«
    Die Ratsmitglieder antworteten mit Nicken, ein paar brummten zustimmend – nicht unbedingt eine Begeisterung, die der ihren gleichkam. Unsicher, ob diese Reaktion fatalistisch oder vielleicht auch ihrer verspäteten Ankunft geschuldet war, sagte Mena: »Meine Familie hat nicht vergessen, dass die Halaly uns im Kampf gegen Hanish Mein beigestanden haben. Ihr seid in unseren Augen geehrte Freunde. Und das gilt für ganz Talay.«
    Oubadal räusperte sich. Es war das Erste, was er zu der Unterredung beitrug. Er sah ziemlich anders aus als damals, vor vielen Jahren, als Mena ihn zum ersten Mal gesehen hatte – damals, als Aliver die Macht von ganz Talay um sein Banner geschart hatte. Damals war er in seinen königlichen Jahren gewesen, bedächtig und mächtig, schwer und reich, und er war sich der Tatsache bewusst gewesen, dass er seine Welt vollkommen beherrschte. Seine erste Antwort an Aliver war unverschämt gewesen, fast schon eine Beleidigung, das wusste Mena. Damals hatten jüngere Männer sich seiner Autorität gebeugt, und hinter ihm hatte ein Chor der Alten seine Weisheit gepriesen. Jetzt sprachen die Jüngeren; die Alten waren nirgends zu sehen. Abgesehen von Oubadal selbst, natürlich. Sein Fleisch hing schlaff an ihm, überreif und kraftlos. In seinem Gesicht war die Haut immer noch von satter, dunkler Farbe, doch die Augen, die daraus hervorsahen, waren müde und klein.
    »Deine Worte sind freundlich, Prinzessin«, sagte Oubadal. »Du erinnerst mich an den Schneekönig, möge er für immer ruhen.« Bei diesen Worten neigte er kurz den Kopf und hob ihn dann wieder.

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