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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Dariel aus.
    Aaden hielt seinem Blick einen Moment lang stand. »Ich weiß genug. Mutter hat gesagt, jetzt, wo ich älter bin als die Quoten-kinder, bin ich auch alt genug, um über sie Bescheid zu wissen. Wenn sie tapfer genug sind, ins Unbekannte zu gehen, sollte ich wenigstens fähig sein, darüber Bescheid zu wissen.«
    »Das hat Corinn gesagt?«
    »Ja, aber erzähl ihr nicht, dass ich es dir gesagt habe«, sagte Aaden. »Manchmal tut sie so, als wäre ich zu jung, um manche Sachen zu wissen. Und dann sollst du wieder Sachen nicht wissen, die ich weiß. Ist das logisch?«
    Dariel stand auf, trat von dem Jungen weg, griff nach seinem Holzschwert und focht damit in der Luft herum. Die Bewegungen waren nur eine Ausrede, um kurz nachdenken zu können. Natürlich hatte Corinn Aaden manches erzählt. Sie wusste ebenso gut wie er, dass königliche Kinder nicht in Unkenntnis der unangenehmen Machenschaften der Nation aufwachsen sollten, wie es bei ihm und seinen Geschwistern größtenteils der Fall gewesen war. Doch er wusste auch, dass Corinn diesen Teil der Erziehung ihres Sohnes als ihren Zuständigkeitsbereich betrachtete. Er musste vorsichtig sein, was er enthüllte.
    »Ja, meine Reise hat etwas damit zu tun«, sagte er. »Ich meine, sie hat etwas mit den Lothan Aklun und dem Handel mit ihnen zu tun. Ich darf allerdings nicht darüber sprechen. Frag deine Mutter, wenn du mehr wissen willst.«
    »Hast du solche Angst vor ihr? Du kannst ja nicht einmal stillstehen.«
    Dariel hielt in seinem nervösen Übungskampf inne. »Corinn ist meine Schwester«, sagte er. »Warum sollte ich Angst vor meiner Schwester haben? Sei nicht albern, und versuche nicht, mich reinzulegen. Sie ist meine Schwester, aber sie ist deine Mutter. Wenn sie will, dass du über Staatsangelegenheiten Bescheid weißt, dann ist es an ihr, dir davon zu erzählen.«
    Aaden spießte mit dem Käsemesser eine Weintraube auf. Er hob sie hoch und musterte sie, als hätte er seinen Onkel gar nicht gehört. »Es ist einfach nicht richtig. Ich sehe nicht, wie das richtig sein könnte. Kinder sollten nicht …«
    »Warte, Aaden …«
    »… in die Sklaverei geschickt werden. Mutter hat gesagt, sie weiß, dass es nicht richtig ist, und trotzdem erlaubt sie es. Kinder, Dariel, die jünger sind als ich. Sie werden ihren Eltern weggenommen! Ich weiß, du verstehst, was das bedeutet. Du bist doch ganz allein in die Welt hinausgeschickt worden, als du klein warst, oder?«
    Dariel ließ sich auf die Knie nieder und legte das Holzschwert zur Seite. »Ja, das stimmt.«
    »Und es war schlimm, ja, so allein zu sein? Ganz auf dich gestellt, mit der ganzen Welt um dich herum.«
    Dariel erinnerte sich an die schmerzhafte Angst, die er empfunden hatte, als er allein in jener halbverfallenen Hütte am Rande des verlassenen Dorfs in den Bergen von Senival gehockt hatte. Eine kalte, dunkle Nacht, die Welt wie ein Rachen, der sich gleich schließen und ihn mit Haut und Haar verschlingen würde. Er sagte nur: »Ja, das war nicht leicht.«
    »Also – wirst du dem ein Ende machen? Geh und sieh nach, worum es geht, aber versprich mir, dass du es beenden wirst, wenn es schlimm ist. Auch wenn Mutter dann böse auf dich ist. Ich würde es selbst tun, aber ich bin noch nicht alt genug. Versprich mir, dass du tun wirst, was richtig ist, und wenn ich dann König bin, werde ich mich daran erinnern.« Aaden, der immer noch die auf seiner Messerspitze aufgespießte Weintraube in die Höhe hielt, hob den Blick zu seinem Onkel und wartete auf eine Antwort.
    Die Antwort, die er Aaden gegeben hatte, klang Dariel am nächsten Morgen immer noch in den Ohren, als er über den Kai stapfte, auf dem sich Arbeiter, Wachen und Tiere, Seeleute und Soldaten des Ishtat-Inspektorats drängten. Er hatte von der Rochenfinne gehört, dem Klipper der Gilde, auf dem er das erste Teilstück der Reise zurücklegen würde, doch er hatte das Schiff nur aus der Ferne gesehen. Als er es erreichte, stand er einen Moment lang reglos inmitten des ganzen Tumults da und starrte es an.
    Der Klipper war wunderbar anzuschauen, war mit dem ganzen Geschick der Gilde, das über Generationen hinweg immer mehr verfeinert worden war, für hohe Geschwindigkeit gebaut. Sein Rumpf war schlank und sah gefährlich aus; er war überall von dem glänzenden, strahlend weißen Überzug bedeckt, den alle Gildenschiffe aufwiesen. Er wusste, dass dieser Anstrich aus dem Harz bestimmter Bäume aus Aushenia hergestellt wurde, doch die genaue

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