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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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nichts mehr übrig.«
Während sie sich über das Bett beugt, tröpfelt sie
Aceton auf die Finger seiner linken Hand und löst danach die
Handschellen. Die Flasche mit dem Lösungsmittel stellt sie so
hin, dass er sie gut erreichen und sich selbst vom Rest befreien
kann.
    »Bis morgen. Denk dran: nach dem
Frühstück.«
    Sie ist bereits an der Tür, als er ihr nachruft: »Aber
du hast mir den Grund nicht genannt!«
    »Betrachte es einfach als eine Methode, deine Meme zu
verbreiten.« Sie haucht ihm einen Kuss zu, schließt die
Tür hinter sich und beugt sich nieder. Nachdenklich stellt sie
einen weiteren Karton direkt vor seine Schlafzimmertür, einen
Karton, der ein ausgeweidetes, heraufgeladenes Kätzchen
enthält.
    Danach kehrt sie zu ihrer Suite zurück, um Vorbereitungen
für die gänzlich von Körperchemie bestimmte Hochzeit
zu treffen.

 
der troubadour
     
     
    DREI JAHRE SPÄTER IST MANFRED AUF DER FLUCHT. Sein
grauäugiges Schicksal ist ihm dicht auf den Fersen, verfolgt ihn
via Scheidungsprozess, Chat Room und Konferenzen des Internationalen
Krisenstabs für Monetäre Angelegenheiten. Es ist ein
hübscher Tanz, den er da mit Pamela aufführt. Allerdings
läuft Manfred nicht einfach davon, vielmehr hat er eine
persönliche Mission: In Rom, der alten Stadt, will er sich den
Gesetzen der Ökonomie entgegenstellen und den spirituellen
Maschinen ein Ständchen bringen. Mit dem Ziel, die
Wirtschaftsunternehmen von ihren Zwängen zu erlösen und die
italienische Regierung zu zerschlagen.
    In seinem Schatten rennt sein persönliches Monster hinterher
und leistet ihm Gesellschaft, ohne jemals innezuhalten.
     

     
    Als Manfred erneut in Europa einreist, kommt er auf einem
Flughafen an, dessen Chrom und Röhren noch aus dem Zwanzigsten
Jahrhundert stammen. Der bröckelnde Glanz des Atomzeitalters
wirkt barbarisch auf ihn. Er hastet durch den Zoll, durchquert die
lang gestreckte, widerhallende Ankunftshalle und holt dabei von den
örtlichen Medien Informationen ein. Es ist November, und in
einem fehlgeleiteten Versuch, die Adventszeit aufzuheitern, ist den
Wirtschaftsunternehmen die endgültige Lösung des
Weihnachtsproblems eingefallen: Plüschweihnachtsmänner und
Elflein werden jetzt massenweise hingerichtet. Alle paar Meter
baumeln schlaffe Körper von der Decke, deren künstlich
animierte Füße hin und wieder wie im Todeskampf zittern.
Es sieht so aus, als hätte jemand einen Spielzeugladen zum
Schauplatz eines Kriegsverbrechens gemacht. Die Konzerne, die mehr
und mehr von Automaten gesteuert werden, verstehen heutzutage gar
nicht mehr, was Sterblichkeit heißt, denkt Manfred, als er
an einer Mutter vorbeikommt, die ihre betrübte Kinderschar
weiter scheucht. Die Unsterblichkeit der Automaten ist ein Handicap,
wenn sie mit den Menschen zu tun haben, auf die sie sich
stützen. Eine der wesentlichen Motivationen für Verhalten
und Denken dieser Maschinen aus Fleisch und Blut, die den Konzernen
Input liefern, können die Automaten schlicht nicht begreifen. Nun ja, früher oder später werden wir uns damit befassen
müssen, sagt sich Manfred.
    Die Kanäle der freien Medien sind hier dichter gestreut und
schwelgen in mehr Selbstreferenz, als er es im Amerika des
Präsidenten Santorum je erlebt hat. Allerdings wirkt der Akzent
der verbalen Mitteilungen fremd. Luton, Londons vierter
Satellitenflughafen, meldet sich mit einem so überheblichen
Zungenschlag, dass es nervt. Es klingt so, als spräche ein
Australier mit einer Pflaume im Mund. Hallo, Fremder. Ist das ein
Gehirn in deiner Tasche oder freust du dich einfach, mich zu denken?
Ping Walford Informatics: Das Neuste an kognitiven Modulen und sexy
Filmausschnitten.
    Als Manfred um die Ecke biegt, findet er sich unversehens an die
Wand gequetscht, die das Büro zur Suche und Rückgabe
verlorener Gepäckstücke von einem Rudel besoffener Belgier
trennt. Offenbar sind sie Fans von Sattelschlepper-Rennen. Derweil
versucht der linke Abschnitt seiner Brille eifrig, ihm etwas
über das Eisenbahnnetz Kolumbiens mitzuteilen. Die Fans haben
ihre Gesichter blau geschminkt und brüllen etwas, das unheimlich
ähnlich klingt wie der uralte britische Schlachtruf Wemberrrly, Wemberrly! Als Totem haben sie einen gigantischen
virtuellen Traktor ins interne Netz des Flughafens eingespeist, der
auf dem Display der Ankunftshalle zu sehen ist. Manfred
beschließt, lieber die Gepäckausgabe aufzusuchen.
    Als er die Sammelstelle für nicht abgeholte
Gepäckstücke betritt, versteift

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