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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Erinnerungen verfügt, mit Macht in sein Bewusstsein. Es
kommt Manfred so vor, als werde eine ganze Tonne rötlich
glühendes Computronium auf ihn abgeladen.
    Es ist ein klassischer O Scheiße!- Moment.Während ein Fuß den Boden berührt und der
andere noch in der Luft hängt, stolpert Manfred heftig, verrenkt
sich fast den Knöchel und schnappt nach Luft. Er erinnert sich. Sozusagen aus dritter Hand erinnert er sich daran, dass er
als Manni reinkarniert wurde, als winziger Prachtbengel von Rita und
Sirhan (dass sie ausgerechnet einen Vorfahren großziehen
wollen, anstatt ein neues, eigenes Kind zu zeugen, zählt zu
diesen kulturellen Eigentümlichkeiten, die ihm so fremd sind,
dass er sie kaum begreifen kann). Danach erinnert er sich eine Weile
daran, wie er als Mannis beschleunigt gealtertes Erwachsenen-Ich
gelebt hat, das unter Gedächtnisschwund leidet. Vom gemeinsamen
Cyberspace der Stadt aus hat der erwachsene Manni auf sein junges
Original aufgepasst. Manfred ruft sich ins Gedächtnis, wie
Pamela angekommen ist, wie der erwachsene Manni auf Pamela reagiert
hat und wie sie eine weitere Kopie von Manfreds Erinnerungen bei
Manni abgeladen hat. Und jetzt das hier: Wie viele
Doppelgänger von mir gibt es überhaupt?, fragt er sich
nervös. Und gleich darauf: Pamela? Was macht sie denn
hier?
    Manfred schüttelt den Kopf und blickt sich um. Jetzt erinnert
er sich an die Zeit als Erwachsenen-Ich des kleinen Manni. Instinktiv
weiß er, wo er sich befindet und – was noch wichtiger ist
– wozu all diese Interfaces der Stadt, die zur Folgegeneration
zählen, zu gebrauchen sind. Die Wände und die Decke sind
mit leuchtenden Symbolen übersät, die ihm alles
Mögliche versprechen, vom sofortigen Zugang zu örtlichen
Dienstleistungen bis zur Teleportation über interstellare
Entfernungen hinweg. Also haben sie die Geografie doch noch nicht
ganz kollabieren lassen, denkt er voller Dankbarkeit und klammert
sich an den nächstliegenden eigenen Gedanken, der irgendwie
plausibel ist, bis die Erinnerungen des erwachsenen kleinen Manni ihm
alles erklären können. Es ist ein verrücktes
Gefühl, all diese Dinge zum ersten Mal zu sehen – das ganze
Drum und Dran einer Technosphäre, die derjenigen, in der er
zuletzt im Wachzustand gelebt hat, um Jahrhunderte voraus ist –,
und gleichzeitig über Erinnerungen zu verfügen, die das
alles erklären. Er stellt fest, dass seine Füße ihn
immer noch vorwärts tragen, zu einem grasbedeckten Platz, von
dem rechts und links Türen zu Privatwohnungen abgehen. Hinter
einer dieser Türen wird er auf seine Nachkommen stoßen und
höchstwahrscheinlich auch auf Pamela. Bei dieser Vorstellung
dreht sich ihm leicht der Magen um. Ich bin noch nicht bereit
dafür…
    In diesem Moment hat er ein starkes Gefühl von
Déjà-vu. Er steht an einer Türschelle, die ihm
vertraut ist, obwohl er sie noch nie gesehen hat. Die Tür
öffnet sich, ein ernsthaft blickendes Kind mit drei Armen sieht
zu ihm auf. Er kann nicht umhin, es anzustarren: Der zusätzliche
Arm besteht vom Ellbogen abwärts aus einer mit
scheußlichen Widerhaken versehenen Knochensense. »Hallo,
mein Ich«, sagt das Kind.
    »Hallo du.« Manfred starrt das Kind weiter an. »Du
siehst anders aus, als ich dich im Gedächtnis habe.«
Dennoch ist ihm Mannis Äußeres aufgrund der Erinnerungen
des großen Mannis vertraut -Erinnerungen, die das stets
wachsame Argusauge des allgegenwärtigen optischen Nebels in der
Luft eingefangen und aufgezeichnet hat. »Sind deine Eltern zu
Hause? Und deine…«, seine Stimme bricht,»…
Urgroßmutter?«
    Die Tür geht weiter auf. »Du kannst hereinkommen«,
erklärt das Kind gewichtig. Dann springt es nach hinten und
taucht schüchtern in einem Nebenzimmer ab. Schüchtern
– oder so, als rechne es damit, von einem feindseigen
Heckenschützen niedergemäht zu werden, denkt Manfred. Ist
schon hart, ein Kind zu sein, wenn es keine Gesetze gegen die
Anwendung tödlicher Gewalt mehr gibt, weil man nach Spielschluss
aufgrund eines Backups jederzeit wieder lebendig werden kann.
    Die Wohnung (diese Unterkunft ein Haus zu nennen, kommt Manfred
deplatziert vor, schließlich liegen Billionen von Kilometern
leeren Raums zwischen den einzelnen Zimmern) scheint ziemlich
überfüllt zu sein. Vom Wohnzimmer her hört Manfred
Stimmen, also wendet er sich dorthin. Auf dem Weg durchquert er das
Spalier aus dornlosen Rosen, die Rita für die Umrandung des
T-Tors gezüchtet hat. Sein Körper fühlt sich
inzwischen leichter

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