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Accelerando

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Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Raumfahrt.
    Nach wie vor bemüht sich die Gesellschaft der Raumsiedler,
für ihren jüngsten Kolonialisierungsplan L5 und dessen
Vermarktung das Interesse des Disney-Konzerns zu wecken –
ohne zu wissen, dass es da draußen bereits eine Kolonie
gibt, allerdings keine menschlichen Siedler: Die erste Generation
von Uploads, es sind kalifornische Stachelhummer, die eine
prekäre Symbiose mit älteren Expertensystemen
eingegangen sind, blüht und gedeiht auf einem Asteroiden,
denn hier hat die Franklin Treuhand die Ausbeute von Rohstoffen in
Gang gebracht.
    Mittlerweile bedrohen Mittelkürzungen bei der chinesischen
Raumfahrtbehörde die Weiterexistenz der Mondbasis Mao.
Offenbar hat noch niemand herausgefunden, wie man aus der
Raumregion jenseits der geostationären Umlaufbahn Gewinne
ziehen kann.
    Vor zwei Jahren haben das Jet Propulsion Laboratory der NASA,
die Europäische Weltraumbehörde und die Kolonie der
heraufgeladenen Hummer in der Nachbarschaft des Kometen
Chrunitschew 7 ein offenbar künstliches Signal aufgefangen,
das von einer Raumregion außerhalb des Sonnensystems zu
stammen scheint. Das wissen nur die wenigsten, und selbst unter
denen, die es wissen, betrachtet es nur ein Bruchteil als wichtig.
Denn wenn es die Menschen nicht einmal bis zum Mars schaffen, wen
kümmert’s dann, was hundert Billionen Kilometer weiter
draußen vor sich geht?
     

     
    Porträt einer vergeudeten Jugend:
    Jack ist siebzehn Jahre und elf Monate alt. Er war ein ungewolltes
Kind, seinen Erzeuger hat er nie kennen gelernt. Ehe die
Familienfürsorge von seinem Vater Alimente eintreiben und die
Lohnpfändung veranlassen konnte, hat der es geschafft, sich
selbst bei einem Unfall auf der Baustelle ins Jenseits zu
befördern. Die Mutter hat Jack in einer Zweiraum-Sozialwohnung
in Hawick groß gezogen. Als er noch klein war, hatte sie einen
Job in einem Call-Center, aber die Aufträge dort flauten immer
mehr ab: Heutzutage braucht man für solche Telefonaktionen keine
Menschen mehr. Jetzt jobbt sie als Lagerarbeiterin in einem
Lieferservice für virtuelle Nachtschwärmer, die wie
Touristen in der Festivalsaison hereinschwirren und wieder
verschwinden. Aber auch an Lagerarbeiterinnen aus Fleisch und Blut
besteht heutzutage kaum noch Bedarf.
    Jacks Mutter hat ihn auf eine Schule am Ort geschickt, eine
konfessionelle Schule, die ihn regelmäßig vom Unterricht
ausgeschlossen hat. Seit er zwölf ist, treibt er sich herum und
verwahrlost. Mit dreizehn bekommt er eine Bewährungsstrafe wegen
Ladendiebstahls. Mit vierzehn bricht er sich bei einem Autounfall das
Schlüsselbein – es passiert, als er mit gestohlenem Wagen
eine Spritztour unternimmt –, und der strenge Sheriff,
Angehöriger der Presbyterianischen Kirche, schickt ihn zu den Wee Frees von der Freikirche Schottlands. Mit hehren
Grundsätzen und gesetzeswidrigen Prügelstrafen geben sie
seiner Erziehung den Rest.
    Mittlerweile hat er die harte Schule hinter sich gebracht,
öffentlichen Überwachungskameras erfolgreich auszuweichen,
und sich besondere Kenntnisse darin erworben, wasserdichte Alibis zu
basteln. Meistens besteht die Voraussetzung dafür darin, mitten
in einer Menschenmenge zuzuschlagen: Wenn du jemanden ausrauben
willst, suche dir einen Ort, wo es vor Menschen nur so wimmelt, denn
dann fällt der Verdacht nicht gleich auf dich. Allerdings
haben die Expertensysteme der Polizei seine Spur bereits aufgenommen.
Falls er in diesem Tempo weitermacht, werden sie in vier Monaten eine
positive statistische Korrelation erhalten, die selbst ein
Schöffengericht von Gleichaltrigen überzeugen würde,
dass er verdammt viel auf dem Kerbholz hat. Und dann wird er für
vier Jahre im Bau von Saughton verschwinden.
    Doch Jack versteht nichts von Gauß’schen
Normalverteilungen und statistisch signifikanten Korrelationen.
Deshalb sieht er die eigene Zukunft immer noch rosarot, als er die
klobige Brille aufsetzt, die er dem Touristen von der Nase gerissen
hat, während der das Denkmal auf der Nordbrücke angeglotzt
hat. Und als ihm kurz darauf Stimmen etwas ins Ohr flüstern,
dazu noch in Stereo, und Bilder aus dem Blickfeld des Touristen in
seine Augen projiziert werden, sieht er die Zukunft noch rosiger.
    »Du musst Geschäfte machen, einen Handel unter Dach und
Fach bringen«, flüstert die Brille. »Geh zum Borg,
Mann, schlag den Akkord an.« Verrückte Grafiken in
gespenstischen Farben füllen den Rand seines Sichtfeldes. Sie
wirken wie die Halluzinationen

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