Accelerando
zu.
»Merde. Falls du ihm nicht ’ilfst…«
»Versuchs am Grassmarket«, sagt die Katze mürrisch.
»Er hat erwähnt, dass er sich dort mit dem
Franklin-Kollektiv treffen will. Weiß der Teufel, was er sich
davon erwartet…«
Ein Mann, der einen chinesischen Kampfanzug aus alten
Armeebeständen und eine schrecklich teure Brille trägt,
springt feuchte Steinstufen hinauf. Ein Grundstein oberhalb der
Treppe weist das Gebäude als Wohnheim der Heilsarmee aus. Er
hämmert an die Tür und schreit etwas, allerdings dringt
seine Stimme kaum durch den Lärm, den zwei MiGs von der
Gesellschaft zur Wiederbelebung des Kalten Krieges verursachen: Sie
schwirren um das Schloss herum, das weiter oben an der Straße
liegt.
»Macht auf, ihr Schisser! Hab ’nen Handel mit euch zu
tätigen!« Ein Spion, der auf Augenhöhe in die Tür
eingelassen ist, gleitet zur Seite. Zwei schwarze Knopfaugen, die in
Wirklichkeit Videokameras sind, spähen hindurch. »Wer sind
Sie und was wollen Sie?«, krächzt die Sprechanlage. Die
Bewohner gehören nicht zur Heilsarmee. Seit einigen Jahrzehnten
ist das Christentum in Schottland völlig aus der Mode, und die
Kirche, die derzeit das Gebäude gepachtet hat, ist für alle
Fälle mit der Zeit gegangen, um überhaupt noch irgendeine
Rolle spielen zu können.
»Ich bin Macx«, erwidert er. »Sie haben sicher
schon von meinen Systemen gehört. Ich bin hier, um Ihnen einen
Handel anzubieten, den Sie nicht ausschlagen können.«
Zumindest ist es das, was die Brille ihm zu sagen aufgetragen hat.
Was aus seinem Mund dringt, klingt eher wie Bin Macx. Habt sicher
schon g’hört von dem, was ich treibe. Bin hier wegen
’nem Deal. Wärt ganz schön bescheuert, den
abzulehnen.
Der Brille ist nicht genügend Zeit geblieben, an seiner
Sprache zu feilen. Mittlerweile ist er dermaßen von sich
eingenommen, dass er mit den Fingern schnippt und vor Ungeduld ein
Tänzchen auf der obersten Treppenstufe aufführt.
»Also gut, warten Sie eine Minute.« Die Person an der
Gegensprechanlage spricht mit dem geschliffenen Morningside- Akzent,der es irgendwie schafft, noch englischer als der
englische König zu klingen und dennoch die schottische Herkunft
erkennen zu lassen.
Als die Tür sich öffnet, steht Macx ein großer,
ausgezehrter Mann gegenüber, dessen Tweed-Anzug schon bessere
Tage gesehen hat. Zwar trägt er den Kragen eines Geistlichen,
aber dieser Kragen ist aus lichtdurchlässigen Platinen
hergestellt. Sein Gesicht ist unter der großen Brille, die
stillschweigend alles aufzeichnet, kaum zu erkennen. »Wie war
der Name doch gleich?«
»Ich bin Macx! Manfred Macx! Ich bin hier, weil ich Ihnen ein
unglaubliches Angebot machen möchte. Ich kann Ihrer Kirche aus
der finanziellen Klemme helfen. Ich werde Sie reich machen!«
Alles, was Macx äußert, sagt seine Brille ihm vor.
Der Mann, der im Eingang stehen geblieben ist, legt den Kopf
leicht schräg, während seine Brille Macx von Kopf bis
Fuß scannt. Macx hüpft derweil so enthusiastisch auf und
ab, dass seine Stiefelabsätze blaue Abgase freisetzen.
»Sind Sie sicher, dass Sie an der richtigen Adresse
sind?«, fragt der Mann beunruhigt.
»Jawoll, bin ich.«
Der Heimbewohner zieht sich ins Innere zurück. »Also
gut, treten Sie ein, setzen Sie sich und erzählen Sie mir
alles.«
Während Macx ins Zimmer eilt, hat sein Gehirn auf Empfang
geschaltet: Ein Wirbelsturm von Tortengrafiken, Wachstumskurven und
Dokumenten fegt durch den bizarren, mit ihm synchronisierten
virtuellen Raum, der derzeit von der Software für
Unternehmensmanagement besetzt ist. »Ich hab Ihnen ein
unglaubliches Geschäft vorzuschlagen«, spricht er seiner
Brille nach und geht dabei an Schwarzen Brettern vorbei, an denen
vergilbende Rundbriefe der Kirche wie exotische Schmetterlinge
aufgespießt sind. Er steigt über aufgerollte Teppiche und
einen Stapel von Laptops hinweg, die von einem
Wohltätigkeitsbasar übrig geblieben sind, und kommt an
einem Radioteleskop der Gemeinde vorbei, das eine Doppelfunktion
erfüllt und auch als Vogelbad in Mrs. Muirhouses Garten
dient.
»Sie sind jetzt fünf Jahre hier und Ihre Bilanz zeigt,
dass Sie nicht viel Geld machen, es reicht kaum für die Miete.
Allerdings besitzen Sie Aktien von Scottish Nuclear Electric,
stimmt’s? Ein Großteil Ihres kirchlichen Kapitals besteht
in einem Treuhandvermögen, das Ihnen von einem weiblichen
Gemeindemitglied übereignet wurde, als es sich zum Omega-Punkt
aufgemacht hat, richtig?«
»Tja.« Der
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