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Accelerando

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Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Pfarrer mustert ihn mit seltsamem Blick.
»Zum eschatologischen Investmentfonds der Kirche kann ich mich
nicht äußern. Wieso haben Sie das überhaupt
angenommen?«
    Irgendwie landen sie im Büro des Pfarrers. Über dem
zerschlissenen Bürostuhl hängt eine riesige gerahmte
Endzeitansicht des kollabierenden Kosmos mit zerfallenden
Himmelskörpern und den Dyson-Sphären des Eschaton, die auf
das große Chaos zustürzen. Sankt Tipler, der
Astrophysiker, strahlt mit gönnerhafter Miene auf all das
herunter. Ein Ring aus Quasaren bildet den Heiligenschein um seinen
Kopf. Plakate verkünden das neue Evangelium: KOSMOLOGIE IST
BESSER ALS BLOSSE VERMUTUNG und IN MEINEM LICHTKEGEL KANNST DU EWIG
LEBEN. »Darf ich Ihnen etwas anbieten? Vielleicht Tee? Oder
möchten Sie Ihre Treibstoffzellen aufladen?«, fragt der
Pfarrer.
    »Haben Sie ein bisschen Methadon da?«, fragt Macx in
froher Erwartung. Als der Pfarrer entschuldigend den Kopf
schüttelt, entgleist Macx das Gesicht, doch er sagt: »Keine
Sorge, war nur Spaß.« Er beugt sich vor. »Weiß
Bescheid über Ihre Spekulationen mit Plutonium«, zischt er
und klopft mit Drohgebärde auf die gestohlene Brille. »Die
zeichnet nicht nur auf, die denkt auch und würde gern
wissen, wo’s Geld geblieben ist.«
    »Was haben Sie für mich?«, fragt der Pfarrer
kühl. Jede Spur von Humor ist wie weggewischt. »Diese
speziellen Erinnerungen werde ich löschen müssen, Sie
Mistkerl. Dachte, ich hätte das alles längst vergessen.
Dank Ihnen werden jetzt bestimmte Teile von mir am Ende der Zeit
nicht mehr mit der Gottheit verschmelzen können.«
    »Fahren Sie doch nicht gleich aus der Haut. Warum das Leben
in allen Einzelheiten aufbewahren, wenn Sie gar kein’s haben,
das sich zu leben lohnt? Glauben Sie denn, der große einzige
Gott versteht keinen Spaß?«
    »Was wollen Sie?«
    »Na ja.« Macx lehnt sich bekümmert zurück.
»Ich habe…« Er gerät ins Stocken, während
seine Miene den Ausdruck höchster Verwirrung annimmt. »Ich
habe Hummer«, bringt er schließlich heraus.
»Genetisch manipulierte, heraufgeladene Hummer, die Ihre
Urananlage betreiben können.« Je verwirrter er ist, desto
weniger kann die Brille seinen Dialekt unterdrücken. »Wollt
Se ja nur helfen, wollt Se zeigen, wie Se de Kohle wieda dahin
schaffen können, wo se hingehört…« Er legt eine
taktische Pause ein. »Damit Se die Haushaltssteuer
pünktlich zahlen können. Vastehn Se, die sind resistent
gegen Neutronen, die Hummer. Nee, kann nich stimmen. Wollt Ihnen was
verkaufen, das Se…«, sein Gesicht verzieht sich vor
Widerwillen, »das Se nichts kostet, wenn Se’s
benutzen…«
    Als er sich runde dreißig Sekunden später von den
oberen Stufen der Ersten Reformierten Kirche des Astrophysikers
Tipler hochrappelt, fragt sich der Möchtegern-Macx
verblüfft, ob diese Scheißgeschäfte mit der
Hochfinanz wirklich so einfach sind, wie man ihnen nachsagt. Derweil
fragen sich manche der Agenten in seiner Brille, ob ein Rhetorikkurs
seine Probleme lösen könnte, allerdings sind andere da
nicht so optimistisch.
     

     
Um mit dem Geschichtskurs fortzufahren: Die Aussichten
für dieses Jahrzehnt sind vor allem von medizinischen
Aspekten geprägt.
    Einige Tausend Angehörige der Baby-Boomer-Generation
treffen sich derzeit in Teheran, um »Woodstock 4« zu
feiern. Die europäischen Länder versuchen verzweifelt,
Krankenpflegepersonal und Haushaltshilfen aus Osteuropa zu
importieren. In Japan hat eine Landflucht eingesetzt: Ganze
Dörfer, in denen früher Landwirtschaft betrieben wurde,
sind verwaist und rotten vor sich hin; es sind nur noch
Geisterdörfer, aus denen alles Leben herausgesaugt ist. Wie
Schwarze Löcher haben sich die Städte mehr und mehr
Menschen einverleibt.
    In den bewachten Seniorenresidenzen des amerikanischen
Mittelwestens kursiert ein Gerücht, das zu Chaos und Aufruhr
führt: Demnach wird das Altern durch ein langsam wirkendes
Virus ausgelöst, das im Genom von Säugetieren eincodiert
und von der Evolution nicht beseitigt worden ist. Aber an den
entgegenwirkenden Impfstoff kommt man nicht heran, weil
Milliardäre auf den Rechten hocken. Wie üblich, hat man
den armen Charles Darwin zum Sündenbock auserkoren. (Weniger
spektakuläre, aber realistischere geriatrische Behandlungen
– die Telomerase Reverse Transkriptase und die Reduktion von
denaturierten Hexose-Proteinen – bieten Privatkliniken
denjenigen an, die bereit sind, ihre Renten dafür zu opfern.)
Man geht

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