Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kwei Quartey
Vom Netzwerk:
Bestimmtheit.
    »Wovon redest du?«
    »Daramani. Wir haben ein Messer bei ihm gefunden, das er versteckt hatte.«
    Dawsons Herz stolperte. »Ein Messer? Was für ein Messer? Buttermesser, Taschenmesser?«
    »Ein großes Messer. Etwa zwanzig Zentimeter lange Klinge, und es sieht aus, als wäre Blut daran. Wir schicken es ins Labor, aber ich weiß, dass es die Tatwaffe ist. Daramani hat versucht, sich mit einer verrückten Geschichte herauszuwinden, dass er vor ein paar Wochen ein Huhn geschlachtet hätte, um Eintopf zu kochen.« Chikata lachte. »Der muss uns für total bescheuert halten.«
    »Was soll an der Geschichte dumm sein?«, fragte Dawson gereizt. »In Accra ist es immer noch billiger, ein lebendes Huhn zu kaufen als ein abgepacktes in einem Laden. Daramani kauft nicht bei Shoprite ein, falls dir das bisher nicht aufgefallen ist.«
    »Klar weiß ich das«, schob Chikata den Einwand beiseite. »Aber mal im Ernst, was ist das für eine beknackte Geschichte! Hühnerblut!«
    »Warte lieber die Laborergebnisse ab.«
    »Du faselst doch dauernd von deinen Instinkten, Dawson, aber wenn es meine sind, müssen sie natürlich falsch sein. Wieso?«
    Dawson wollte antworten: »Weil du gar keine hast«, ließ es jedoch bleiben.
    »Warte auf die DNA, Chikata«, antwortete er stattdessen. »Mehr kann ich dazu nicht sagen. Gute Nacht.«
    Sie hatten das Altmetall bei dem Mann in Nima abgeliefert und waren auf dem Weg zurück zu Daramani. Nachts war Nima voller Schatten und dunkler Nischen. Daramani führt Musa durch einen schmalen Gang, der eine Abkürzung sein soll. Als sie auf der anderen Seite wieder herauskommen, schiebt nur noch Daramani den Karren. Auf dem Wagen liegt ein großes Bündel in einer Plastikplane. Es ist Musa, der hinterrücks erstochen wurde. Keiner achtet auf Daramani, als er den Karren die Straße hinunter in Richtung Korle-Lagune schiebt.
    Dawson schrak schweißgebadet aus dem Schlaf und blickte sich in der Dunkelheit um. Die ersten Sekunden nach einem Albtraum – dieser Übergang zwischen Traumwelt und Wirklichkeit – waren immer wieder beängstigend.
    Er stand auf, wechselte den klammen Pyjama und setzte sich auf die Bettkante. Christine bewegte sich, drehte sich auf die andere Seite, wurde aber nicht wach.
    Dawson dachte an den Traum, in dem er Daramani gesehen hatte, der den toten Musa auf einem Karren vor sich herschob. Mitten in der Nacht schien es ihm möglich. Morgen früh würde es das nicht mehr. Er stützte das Kinn in die Hand. Warum nahm man nachts alles so anders wahr?
    Seine Gedanken wanderten wirr umher. Chikata hatte ihm den Fall weggenommen. Einfach so. Dawson kam sich ohnmächtig vor. Was taugte ein Inspector, der solch einen Fall seinem Sergeant überließ? Vielleicht eignete er sich einfach nicht für diesen Job. Er seufzte. Seine Existenzkrise war zurück.

16
    Am Samstagmorgen gingen Christine und Hosiah mit Granny Gifty einkaufen, während Dawson ein paar Arbeiten am Haus erledigen wollte. Gegen Mittag fuhr er nach Nima. Unterwegs kaufte er eine Ausgabe des Daily Graphic . Samstage sorgten stets für ein Gefühl der Leichtigkeit. Man war frei von den Ketten der Arbeitswoche, frei zu entspannen und umherzuschlendern. In Vierteln wie Nima bedeutete es, dass noch mehr Leute auf den Straßen waren, die kauften und verkauften: Stoffe, Essen, Kleidung, Schuhe, Töpfe, Pfannen, Baumaterial, Werkzeuge, Kosmetik und Elektrogeräte.
    Dawson fuhr zu Daramanis Haus. Vergeblich hatte er gehofft, dass Chikata zu nachlässig gewesen war, um die Tür nach der Hausdurchsuchung wieder zu verriegeln. Zwei Häuser weiter wusch eine Frau Wäsche in einer großen Blechschüssel; auf einem Kohlegrill neben ihr brodelte ein Eintopf. Dawson begrüßte sie.
    »Kennen Sie Daramani? Er wohnt dort?« Dawson zeigte auf die Tür.
    Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ja, den kenne ich.«
    Sie musste in den Vierzigern sein und hieß Sheila, wie sie sagte. Ihre Stimme war rau wie Sandpapier.
    »Ich bin vom CID«, sagte Dawson, »und würde gern ein bisschen mehr über ihn wissen. Können Sie mir helfen?«
    Vielleicht kooperierte sie, vielleicht auch nicht. Es war reine Glückssache.
    »Weiß ich nicht, aber ich versuch’s.«
    »Danke. Waren Sie am vorletzten Samstagabend hier?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Abends bin ich immer hier.«
    »Erinnern Sie sich, Daramani gegen zehn Uhr mit einem anderen Mann gesehen zu haben?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Um die Zeit bin ich drinnen. Aber kann sein,

Weitere Kostenlose Bücher