Ach so!
»Stundenkilometern« verwüstete er Vorgärten, entwurzelte Bäume und legte den Zugverkehr lahm. Am folgenden Tag begannen die Aufräumarbeiten.
Als sich das Wetter beruhigt hatte, entlud sich in manchen Zeitungsredaktionen ein weiterer Sturm: Dieses Mal verlief die Wetterfront zwischen Alltagssprache und wissenschaftlicher Korrektheit: Das viel zitierte Wort »Stundenkilometer« irritierte aufmerksame Leser. Sie beschwerten sich beim Chefredakteur: Falsch sei dieses Wort, ein Ausdruck der Ignoranz, denn in der Wissenschaft gebe es keine solche Maßeinheit. »Stundenkilometer« bedeute: Stunden mal Kilometer! Ein Leser meinte sogar verärgert: »... 180 Stundenkilometer, das ist kein Sturm, sondern allenfalls ein Altweiberfurz!« Das Feilschen um die korrekte Wortwahl erinnerte an die jahrelange nationale Diskussion um die Reform der deutschen Rechtschreibung.
Mitunter leidet die Physikerseele: Alle Mühen von Galilei, Newton und Einstein, die endlosen Diskurse über Trägheit und Schwerkraft, die unzähligen Abhandlungen und Experimente erscheinen sinnlos – die meisten von uns wissen nicht um den fundamentalen Unterschied zwischen Gewicht und Masse!
Wenn wir zum Beispiel auf einer Waage stehen, messen wir die Gewichtskraft, welche durch die Erdanziehung entsteht.
Da die Anziehungskraft zum Beispiel auf dem Mond schwächer ist, würde sich auch unser Gewicht dort verringern. (Meine Frau kommentierte diese Überlegung mit den Worten: »Wenn das so ist, dann wandere ich auf den Mond aus ... !«) Korrekt wäre daher, unser Gewicht in der Krafteinheit Newton anzugeben. Unsere Masse bleibt hingegen gleich und wird in Kilogramm angegeben. Doch wehe, ich spreche bei meiner Frau von »Masse«!
In unserer Alltagssprache verbirgt sich ein Sammelsurium falscher Wissenschaftsbegriffe: Da ist von der »Atomkraft« die Rede, wenn doch korrekterweise die »Kernkraft« gemeint ist. Und wenn Politiker von einem »Quantensprung« sprechen, weiß der Spezialist, dass Quantensprünge eigentlich winzig klein sind. Da werden von Autobauern einfache Wahrheiten mit Wortschöpfungen wie »Schadstofffreiheit« vernebelt. Autos produzieren immer Schadstoffe, daher ist auch keines von ihnen wirklich freundlich zur Umwelt.
Immer häufiger verändern Wörter ihre Bedeutung, werden Sachverhalte umbenannt: Was noch vor Jahren zu Recht »Kriegsministerium« hieß, wird nun »Verteidigungsministerium« genannt, und die Armeen der Welt engagieren sich in »Friedensmissionen«. Sonderangebote locken mit »Gratisverträgen«, wobei nur das Kleingedruckte verrät, wie teuer der »Nulltarif« tatsächlich ist. Fastfoodketten werben mit kalorienarmer Nahrung – doch wo bleibt der Protest? Selbst den strengen wissenschaftlichen Maßeinheiten kann man nicht mehr trauen:
Im Jahr 1986 stellte man die offizielle Einheit der radioaktiven Äquivalentdosis von Rem auf Sievert um. Eine Röntgenaufnahme führte zuvor zu einer Strahlenbelastung von zehn Millirem, heute sind es 0,1 Millisievert! Die Dosis bleibt zwar gleich, doch die Gefahr der Radioaktivität wirkt gleich viel geringer.
Aber wenigstens gibt es einige Pedanten, die aufschreien, wenn von »Stundenkilometern« die Rede ist!
Als Orkan Kyrill die Titelseiten verlassen hatte, beantwortete der Chefredakteur die Leserbriefe und verwies auf den Duden, der das Wort »Stundenkilometer« zulasse. Er endete sein Schreiben mit einem Zitat von Friedrich Nietzsche:
»Die stillsten Worte sind es, welche den Sturm bringen ...« 35
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Sollte man bei kleinen Wunden ein Pflaster benutzen?
Was in uns vorgeht: Körper & Geist
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Sollte man bei kleinen Wunden ein
Pflaster benutzen?
66 »Auaaaaaah ... Mamaaaaa ...!« Selbst kleinste
Verletzungen führen bei manchen Kindern zu dramatischen Heulattacken. Als unser Opa
eines Tages seinen schreienden Enkel trösten wollte, meinte er liebevoll: »Indianer
weinen nicht, denn Indianer kennen doch keinen Schmerz!« Das Kind schluchzte zurück:
»Kleine Indianer schon!«
Bei unseren Kindern half oft ein einfaches Rezept:
Pflaster drauf. Das Weinen legte sich, und ein paar Stunden später wurde das
Pflaster voller Stolz präsentiert.
Doch was meinen Sie, wie heilt es schneller? Wenn man die
Wunde an der Luft trocknen lässt oder wenn man ein Pflaster draufklebt? Jede Wunde
ist eine offene Stelle in unserem Körper. Keime und Mikroben können leicht
eindringen. Zunächst sollte man die Wunde also gründlich reinigen.
Unser Körper
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