Ach so!
übermüdete
Fahrer zurück.
Ich habe jedenfalls eines in aller Deutlichkeit gelernt:
Wer müde ist, lässt besser das Fahren!
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Warum bekommen wir alle dieselbe Medizin?
68 Das Menschenbild unserer Medizin ist schon seltsam.
Ich meine damit nicht die offensichtliche Ungerechtigkeit bei der Behandlung von
armen und reichen Patienten, und auch nicht die fragwürdige Eigendynamik unseres
Gesundheitssystems. Blicken Sie auf den Beipackzettel eines Medikaments, und Sie
werden verstehen, worum es mir geht: Ob Kopfschmerztablette, Abführmittel oder
Tropfen gegen den Bluthochdruck: Der Beipackzettel unterscheidet in der Regel
lediglich zwischen Kindern und Erwachsenen, mehr nicht. Für die Pillendreher sind
wir Menschen anscheinend alle gleich: Ich kenne nur wenige Präparate, die zumindest
den Unterschied zwischen Mann und Frau berücksichtigen. Doch jeder von uns ist
einzigartig – oder? Sie unterscheiden sich von jedem anderen, und das nicht nur
äußerlich. Ihre Gene sind einzigartig, auch Ihr Stoffwechsel besitzt viele
Eigenarten: Daher vertragen Sie bestimmte Lebensmittel, die Ihrem Nachbarn womöglich
aufstoßen. Ihr Blut hat eine sehr individuelle Zusammensetzung, und jedes Ihrer
Organe gibt es so nur einmal auf diesem Planeten.
Wären alle Menschen gleich, würden wir uns alle für
dasselbe Lieblingsgericht entscheiden, würden zum selben Zeitpunkt unseres Lebens an
denselben Erkrankungen leiden und hätten gemeinsam Rückenschmerzen oder kollektive
Hustenanfälle. Wir wären identische biologische Automaten, die sich unentwegt gleich
verhalten und auf die gleiche Weise aufexterne Reize reagieren
würden. Sportliche Wettbewerbe wären überflüssig, da jeder von uns doch körperlich
gleich schnell laufen, gleich hoch und gleich weit springen würde. Sie werden mir
zustimmen, dass unsere Wirklichkeit glücklicherweise anders aussieht. Jeder von uns
ist ein Individuum, besitzt seine einzigartigen Gene, unterscheidet sich im
Stoffwechsel und in den Reaktionen seines Immunsystems von den anderen. Die
Unterschiede zeigen sich bis hin zu den feinen chemischen Reaktionsprozessen in der
einzelnen Zelle.
Doch inmitten dieses Konzerts biologischer Individualität
klingt die Melodie unserer Medikamente erschreckend monoton. Wie kann es sein, dass
die gleiche Pille ganz unterschiedlichen Patienten verschrieben wird? Es ist leicht
nachvollziehbar, dass Medikamente bei jedem einzelnen von uns unterschiedlich wirken
müssen. Unsere Gene beeinflussen unter anderem die Produktion bestimmter
körpereigener Enzyme. Diese spielen manchmal eine wichtige Rolle im Wirkungsablauf
von Medikamenten. Aufgrund der genetischen Variationen von Mensch zu Mensch kann
daher ein und dasselbe Präparat bei einem Patienten wirken, beim nächsten nicht
ansprechen und bei einem dritten Patienten sogar zur tödlichen Überreaktion führen:
Allein hierzulande sterben nach Schätzungen jedes Jahr etwa 17000 Menschen an den
Nebenwirkungen von Medikamenten.
Die individualisierte Arzneimitteltherapie findet daher
immer mehr Anhänger: Der Patient erhält ein auf seine Gen-Zusammensetzung
abgestimmtes Medikament in einer genau festgelegten Dosis. Bei der Behandlung von
Brustkrebs verzeichnet dieses Prinzip bereits erste Erfolge. Das Medikament
Herceptin wird zum Beispiel erst nach einem Bluttest verabreicht. Dadurch stellt man
sicher, dass einige Patientinnen nicht unnötige Nebenwirkungen ertragen müssen, denn
das Krebsmittel wirkt eben nicht bei allen Frauen gleich.
Der Aufwand solcher Therapien ist natürlich ungleich größer, denn
statt eines simplen »Patentrezepts« wird jeder Einzelne von uns gezielt behandelt.
In klinischen Studien müssten neue Wege beschritten werden, um die jeweiligen
Zielgruppen eines neuen Medikaments ausfindig zu machen. In Ansätzen beschreitet man
diesen Weg auch bei der Ernährungsberatung, denn abgestimmte Lebensmittel und
maßgeschneiderte Diäten können Menschen helfen, die zum Beispiel unter Fettsucht
leiden oder auf bestimmte Lebensmittel allergisch reagieren. Schon beim
Geschmacksempfinden unterscheidet die Wissenschaft zwischen »Nicht-Schmeckern«,
»Medium-Schmeckern« und »Super-Schmeckern«: Bei Bitterstoffen reagieren die
»Super-Schmecker« extrem, wohingegen die anderen Gruppen diese Geschmackskomponente
weit weniger intensiv erleben. Die bekannte Abneigung einiger Menschen gegenüber
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