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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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fährt über ein Kabel, an dessen einem Ende ein Akku hängt, der den Strom liefert, und am anderen Ende wird der Tankwart aus dem Halbschlaf geweckt.«
    »Also eine vorsintflutliche Methode?«
    »Würde ich so nicht sagen. Soweit ich die Bibel kenne, waren damals noch keine Kontaktkabel im Einsatz.«
    Überrascht sah Lohkamp auf. Dass diese BKA-Fritzen Sinn für Humor hatten, war ihm neu.
    »Aber eine ungenaue Methode.«
    »Das ist korrekt«, bestätigte der Jungspund und erläuterte den Zuschauern, warum es Beißner und nicht Sonnenschein erwischt hatte. Anschließend verteilte er Fotos eines fabrikneuen Magirus-Pluto, also genau des Lastwagentyps, der vor dem Haus der OB gestanden hatte.
    Minuten später löste Stahl den Karlsruher ab, um die Pressekonferenz zu beenden: Die Leute hatten genug Futter für einen Sensationsartikel bekommen. »Wenn Sie keine Fragen mehr haben …«
    Doch eine Hand hob sich. Der Ruhrgebietsreporter einer alternativen Tageszeitung aus Berlin hatte offenbar das Signal zum Abmarsch überhört: »Herr Polizeipräsident, Zeugen haben uns auf einen seltsamen Vorfall aufmerksam gemacht: Einer Ihrer Beamten soll lange nach der Explosion in der Nähe des Tatortes ein Pferd erschossen haben. Ist das ein neues Ritual der Bochumer Polizei?«
    Raunen im Saal – und deutliche Irritation bei Flenner und Stahl. Ungefragt ergriff Lohkamp das Wort: »Ihre Information ist korrekt, Ihre Interpretation aber ganz und gar absurd.«
    »Können Sie mir …«
    »Gern«, unterbrach der Hauptkommissar den Frager. »Ein Hubschrauber musste auf einer Pferdekoppel landen. Die Tiere gerieten in Panik und eines hat sich dabei so sehr verletzt …«
    »Das kann und darf nur ein Tierarzt feststellen.«
    »Der Besitzer des Tieres, ein erfahrener Landwirt und Pferdezüchter, stand daneben. Und das Tier hatte, wie wir inzwischen wissen, beide Vorderbeine gebrochen. In solchen Fällen wäre es Tierquälerei …«
    »Und dann hat einer der Beamten dem Bauern seine Dienstpistole geliehen?«
    »Nicht dem Bauern, sondern mir.«
    Erneuter Lärm im Saal.
    »Haben Sie keine eigene Waffe?«
    »Doch. Aber die liegt in meinem Schreibtisch. Weil ich sie gewöhnlich nicht brauche.«
    Gelächter, aber es war noch nicht klar, auf wessen Kosten das ging.
    »Haben Sie denn kein Mitleid mit dem Tier?«
    Die Bundesanwältin griff plötzlich zum Mikrofon: »Wenn Sie erlauben, Herr Lohkamp?« Und dann versprühte sie geheuchelten Charme an den alternativ schreibenden Menschen: »Es ist Ihr gutes Recht, diesen Vorgang empörend zu finden. Aber veröffentlichen Sie den Artikel besser nicht unter Ihrem richtigen Namen«
    »Wieso?«, fuhr der Bursche auf.
    »Nun, wenn Sie sich wegen der Ermittlungen mit den Polizisten oder der Bundesanwaltschaft anlegen wollen – nur zu! Wir erleben das jeden Tag und halten das ganz locker aus. Aber wenn Sie ernsthaft fordern wollen, dass wir ein Pferd unnötig lange leiden lassen – dann steigen Ihnen sowohl Millionen Tierschützer als auch Ihr Chefredakteur aufs Dach.«
    Gelächter im Saal, die Sache war ausgestanden. Lohkamp atmete auf.
    Während die Journalisten ihre Sachen packten und zum Hauptausgang strebten, kramte Lohkamp nach seinen Zigaretten. Jemand berührte leicht seinen Arm: »Herr Lohkamp?«
    Er wandte sich um und sah der Nadelstreifenfrau auf die silberne Brosche, die den Kragen ihrer weißen Bluse verschloss.
    »Nehmen Sie mich mit?«
    Wortlos ging er voran. Damit die wenigen überlebenden Raucher nicht für jede Zigarette durch die Eingangsschleuse mussten, hatte der PP es den »Paffern«, wie er sich neuerdings ausdrückte, erlaubt, zu diesem Zweck den Innenhof des Präsidiums aufzusuchen.
    »Ich dachte, Sie rauchen nicht?«
    »Gelegentlich doch. Ist heute erst meine Dritte.«
    »Warum sind Sie dagegen, dass wir auch Beißner scannen?«, fragte Lohkamp, während er ihr Feuer reichte.
    »Bin ich doch gar nicht. Aber der Mann sieht wirklich harmlos aus. Und die Suche nach einem politischen oder terroristischen Motiv erscheint mir zurzeit vordringlicher. Im Übrigen, Herr Lohkamp: Wollen Sie sich nicht bei mir bedanken?«
    »Wofür?«
    »Ich habe Sie rausgehauen.«
    »Wegen der Tötung des Pferdes? Doch, das war sehr freundlich. Aber wo ist Ihr Dankeschön?«
    »Wofür das denn?«
    »Ich habe Ihren ungeschickten Piloten herausgehalten. Bei uns dürfte der Mann nicht mal den Vorhang für den Polizeikasper aufziehen!«
    12
    Klaus-Ulrich Mager fühlte sich an diesem Abend prächtig. Während

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