Acht Pfeifen an Bord und kein Land in Sicht - Rick ; Bd.2
passiert?«
Ich zuckte unschuldig mit den Schultern und ließ mich auch nicht von Pa einschüchtern, der hinter Schatzi ins Zimmer gesprintet kam und mich finster anblickte.
»Alles gut«, versicherte ich den beiden, verdrehte die Augen und ging mir einen Ort suchen, der garantiert linda-, pa- und unbedingt finnfrei war.
Am nächsten Morgen war ich gerade dabei, meinen wöchentlichen Chaos-Bericht an Chrissy zu mailen, als ein greller Schrei die friedliche Sonntagsstimmung zerstörte.
Katastrophenalarm!
Ich starrte so angestrengt auf den Monitor, dass mir beinah die Augäpfel aus den Höhlen hüpften, und rührte mich nicht von der Stelle. Mir doch furzpiepegal, warum Lindas Gekreische sich so angehört hatte, als ob mein Pa ihr sämtliche Räucherstäbchen weggelutscht hätte.
Die darauffolgende fast beängstigende Stille trieb mich schließlich doch ins Badezimmer, von wo der Panikschrei gekommen war. – Gerade rechtzeitig, um Linda »Scheiße!« zischen zu hören und mit ansehen zu können, wie sie mit spitzen Fingern in einer widerlich glitschigen Masse aus Zahnpastaschaum, Seifenschliere und Haaren im Waschbecken herumstocherte.
»Das ist ja ekelhaft«, stieß ich hervor.
»Nicht bewegen!«, keifte Linda mich panisch an. »Nicht einen Zentimeter, hörst du?!«
»Was machst du denn da?«
Statt zu antworten, fing Linda an, sich vorsichtig ihren hässlichen Kimono abzuklopfen.
»Scheiße«, zischte sie.
Nun war ich wirklich baff. Linda sagte nie das S-Wort. Nienieniemals! Und dann gleich zweimal hintereinander und sogar vor Zeugen – boah, die musste wirklich ganz schön tief in der Sch… stecken.
Mir blieb keine Zeit, mich weiter darüber zu wundern, denn Linda ging langsam und irgendwie schwankend in die Hocke.
»Nicht bewegen! Bloß nicht!«, krächzte sie noch einmal.
Okay, allmählich schnallte ich es: Unser Badezimmer war in Wirklichkeit ein Minenfeld und jeder unbedachte Schritt konnte den sicheren Tod für uns bedeuten – oder so ähnlich.
»Ähm, lustiges Spiel, aber jetzt würde ich gern wieder in mein Zimmer gehen.«
»Wag es nicht!«
Linda robbte über den Boden, spähte angestrengt in jeden Winkel und stieß, nachdem sie die Waschmaschine zweimal umrundet hatte, einen weiteren hellen Schrei aus – diesmal vor Begeisterung.
»Ich hab sie!«
»Herzlichen Glückwunsch! Was denn?«
Sie feuchtete ihren Zeigefinger mit Spucke an, tippte damit auf einer Stelle am Fußboden herum und richtete sich, mit noch immer ausgestrecktem Zeigefinger, vorsichtig auf. Dann übergoss sie das unsichtbare Ding auf ihrer Fingerspitze mit einer Flüssigkeit und drückte es sich vorm Spiegel ins linke Auge.
»Bäh … was ist das?« Ich verzog angewidert das Gesicht.
»Meine Kontaktlinse.«
»Aha!« Ich lehnte mich gegen den Türrahmen und grinste breit. »Mein Pa hat dir wohl endlich gesagt, dass er eigentlich nicht auf Brillenschlangen steht.«
Ohne ein weiteres Wort nahm Linda den mit Wasser gefüllten Zahnputzbecher und kippte ihn einfach über meinem Kopf aus.
»So, mein Lieber. Glaub nicht, dass ich nicht auch frech werden kann!«, knurrte sie mich an.
Beim Frühstück war sie dann wieder ganz die alte Friede-Freude-Eierkuchen-Linda.
»Entschuldige, dass ich vorhin im Bad etwas überreagiert habe«, säuselte sie zuckersüß in meine Richtung. »Aber dein Pa und ich haben die halbe Nacht kein Auge zubekommen.«
Danke, das reicht, mehr Informationen brauche ich dazu wirklich nicht!, dachte ich.
Aber ich sagte nichts. Ich hatte mir nämlich fest vorgenommen, mit der gemeingefährlichen Blindschleiche nie wieder ein Wort zu reden.
Doch Finn musste es natürlich mal wieder ganz genau wissen. »Warum denn nicht?«
Linda platzte fast vor Freude. »Bärchen, ich weiß, wir wollten es erst heute Abend sagen, aber …«
Mein Vater nickte wohlwollend in ihre Richtung und schon sprudelte es förmlich aus ihr heraus. »Wir fahren in den Urlaub! Philipp und ich haben schon alles gebucht. Dienstag früh geht es los.«
»Wer ist
wir
?«, fragte Mary skeptisch.
»Linda, Finn, Rick und ich«, antwortete Pa und legte Linda zufrieden lächelnd die Hand auf die Schulter.
»Aha«, machte Mary. »Und seit wann wisst ihr das?«
Linda klatschte begeistert in die Hände. »Seit heute Nacht.«
»Aha«, machte Mary noch einmal. »Und seit wann haben die Reisebüros nachts geöffnet?«
Finn seufzte tief. »So etwas bucht man heutzutage doch alles übers Internet«, erklärte er in seinem üblichen
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