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Acht Pfeifen an Bord und kein Land in Sicht - Rick ; Bd.2

Acht Pfeifen an Bord und kein Land in Sicht - Rick ; Bd.2

Titel: Acht Pfeifen an Bord und kein Land in Sicht - Rick ; Bd.2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Westfalen> F.-Coppenrath-Verlag <Münster
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wieder in den Griff zu kriegen«, redete ich unbeirrt weiter. »Mary ist beleidigt, Wutz raucht heimlich, Finn ist traumatisiert, weil Mary mit der Klavierfrau komische Lieder singt und Wutz dazu tanzt, Helena muss in der Kabine bleiben, damit sie nicht wieder ohnmächtig wird, Pa schiebt Kohldampf und würde für irgend so eine
Creme brülle
glatt morden und du bist total grün im Gesicht und liegst stöhnend auf dem Bett. Was spricht also dagegen, dass wir die ganze Sache abblasen?«
    Ich fand meine Argumente ziemlich überzeugend. Doch Linda schien das anders zu sehen. Sie sprang auf, packte mich am Kragen und zog mich aus dem Sessel.
    »Kannst du nicht einfach akzeptieren, dass sich die Welt ausnahmsweise mal nicht nur um dich dreht,
Richard
Michalski?«
    Ähm … hallo?
Mich
hatte ich gerade mit keinem Wort erwähnt!
    Aber Linda sah ziemlich aggressiv aus, weshalb ich es für besser hielt, nur eingeschüchtert zu nicken.
    »Gut«, ächzte sie. »Dann lass mich jetzt in Ruhe. Du musst nicht neben meinem Bett sitzen. Es geht mir schon viel besser.«
    In dem Augenblick, als sie sich wieder aufs Bett sinken ließ und weinerlich das Gesicht ins Kissen drückte, wusste ich, dass sie log.
    Ich überlegte gerade, ob ich zum finalen Stoß ausholen und sie mit ihren eigenen Waffen schlagen sollte –
Rick, lügen ist was für unreife und ungefestigte Menschen
–, als es klopfte.
    Ich stürmte zur Tür und riss sie schwungvoll auf.
    »Wo ist mein Pa?«, knurrte ich Finn an.
    Finn zog eine Grimasse, als ob er fiese Zahnschmerzen hätte. »Die Klavierfrau hat ihm was zu essen besorgt.«
    »Ja und?«
    Finn kam etwas näher und flüsterte: »Er sitzt am Tisch und isst und meinte eben, alles andere sei ihm jetzt erst mal egal.«
    »Und was ist mit Mary und Wutz? Haben die sich wieder eingekriegt?«
    In Finns Augen flackerte das pure Grauen auf.
    »So schlimm?«, stöhnte ich.
    Finn nickte. »Als ich gegangen bin, hat Wutz Klavier gespielt und Mary dazu auf dem Tisch getanzt.«



Und wenn du denkst, schlimmer kann es nicht mehr werden, dann liegt da immer noch ein dürrer blasser Oberbesserwisserpopel neben dir im Bett und gibt nervige Pfeifgeräusche von sich, während das Schiff unentschlossen hin und her schwankt.
    Im Zwergenkerker war es so finster, dass ich noch nicht einmal meine Hand sah, mit der ich verzweifelt versuchte, Finns Hals zu ertasten, damit ich ihn erwürgen konnte.
    Irgendwann bekam ich schließlich seine Nase zu fassen und drehte sie um.
    »Aua! Bist du verrückt?«, brüllte er neben mir.
    »Nö, aber du gleich tot«, versprach ich ihm.
    Es schepperte und dann wurde es hell.
    Warum findet der auf Anhieb den bekloppten Lichtschalter und ich nicht?, ärgerte ich mich.
    »Einer von uns pennt ab jetzt auf dem Klo – und das bin ganz bestimmt nicht ich«, prophezeite ich Finn.
    Der zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. »Wer den Schaden hat, guckt so bedeppert, dass es sich nicht mehr lohnt, ihn näher zu beschreiben.«
    »Hä?«
    »Die Abwandlung eines alten Sprichwortes.«
    »Ach, halt doch die Klappe«, regte ich mich auf. »Was ist jetzt, gehst du freiwillig ins Miniklo oder muss ich nachhelfen?« Um ihm den Ernst der Lage zu verdeutlichen, fuchtelte ich mit den Fäusten direkt vor seiner Nase herum.
    »Du kannst mich mal!«, keifte er frech zurück. »Meinstdu, mir macht das Spaß, mit dir hier zusammen eingepfercht zu sein? Ich könnte mir für meine Ferien auch was Besseres vorstellen.«
    Ich lachte verächtlich. »Was denn, deine Lesezeichen sortieren oder überflüssige Buchrezensionen schreiben?«
    Finn verzog boshaft das Gesicht. »Stimmt, für dich wäre das ja nichts. Dazu fehlt dir nämlich die zweite Gehirnhälfte.«
    Ich stürzte mich auf ihn, aber Finn war schnell – seit wann hatte der so ein Reaktionsvermögen? – und sprang zur Seite. Dabei achtete er jedoch nicht auf die Kommode und donnerte voll dagegen.
    »Aua, verdammt«, jammerte er und rieb sich den Kopf.
    Ich lachte, weil er dabei so dämlich aussah, doch Finn hatte sich scheinbar echt wehgetan. »Das ist nicht lustig! Kein bisschen. Das alles hier ist nicht lustig.« Seine Stimme drohte wegzukippen. So hatte ich Finn noch nie gesehen. In seinen Augen standen Tränen und seine Unterlippe zuckte verdächtig.
    Er sprang vom Bett auf, schnappte sich seine Klamotten und knallte die Tür dermaßen laut hinter sich zu, dass ich mich nicht gewundert hätte, wenn sie aus den Angeln geflogen wäre.
    Und dann war es still. Astrein still.

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