Acht Pfeifen an Bord und kein Land in Sicht - Rick ; Bd.2
dass niemandem etwas passiert ist.«
Wir befanden uns an Bord der Fantastic Josefine, knappe hundert Meter von der Fantastic Magda entfernt, auf der sich das Feuer inzwischen wie verrückt ausgebreitet hatte. Pa hatte in Erfahrung gebracht, dass mittlerweile auch die Etage über dem Autodeck in Flammen stand und dass die Löschboote große Mühe hatten, das Feuer in den Griff zu bekommen.
»Sie können nicht unbegrenzt Löschwasser hineinpumpen. Sonst droht das Schiff umzukippen und unterzugehen«, erklärte er uns.
Wir hatten im Speisesaal einen Tisch zugewiesen bekommen, an dem man uns mit warmen Getränken, belegten Broten und Decken versorgte.
Wutz war grantig bis zum Gehtnichtmehr und gab ähnlich knurrende Geräusche von sich wie Helena.
Ich kaute lustlos auf meinem Wurstbrot herum, sah aus dem Fenster zu dem brennenden Schiff hinüber und wunderte mich, dass ein kleines Feuerchen auf der Ladefläche eines Lkws sich dermaßen ausbreiten konnte.
Finn, Mister Gedankenleser, sprach es mal wieder aus. »So ein kleines Feuer. Und jetzt brennen schon zwei Decks. Wie ist das nur möglich?«
Pa schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.« Dann umfasste er Finns Hand und drückte sie fest. »Ist dir eigentlich klar, dass du uns das Leben gerettet hast? All diesen Menschen hier?« Er deutete mit der freien Hand auf die Leute um uns herum.
Finn lief rote-Grütze-mäßig an.
»Quatsch«, winkte er ab. »Wenn Rick nicht gesagt hätte, dass wir dich holen sollen, wäre bestimmt nicht alles so glatt gelaufen.«
Nun sah Pa mich an. Mit großem Bambiblick. Ganz vorsichtig berührte er meine Hand, so als ob er Angst hätte, ich könnte wie eine Seifenblase zerplatzen. In seinen Augen funkelte es gefährlich.
Oh nein. Der wird doch wohl nicht …?
»Ich-ich bin echt stolz auf dich, Rick.«
Er wischte sich mit dem Handrücken eine Träne weg.
Nun lief auch ich rote-Grütze-mäßig an.
»Ihr beiden habt euch wirklich unglaublich mutig verhalten«, sagte Mary. »Und dass ihr mich retten wolltet …«
»War mehr als dumm«, fiel Wutz ihr ungerührt ins Wort.
Aber Mary ließ sich auch durch Wutz’ barschen Tonfall nicht vom sentimentalen Geheule abhalten.
»Ach, ich habe mich ja so albern benommen«, schluchzte sie los.
»Wir haben uns alle nicht gerade mit Ruhm bekleckert«, verkündete Linda mit ebenso bebender Stimme. »Aber unsere Jungs sind über sich hinausgewachsen. Wir sollten dies zum Anlass nehmen, uns die Hände zu reichen.«
Sie legte die Hand mit der Innenfläche nach oben auf den Tisch und schaute erwartungsvoll in die Runde. Pa streckte artig sein Patscherchen aus. Dann Mary, wenn auch etwas zögerlich.
Finn und ich schauten uns von der Seite an.
»Also das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun«, fand Finn und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Kein Grund, gleich zu übertreiben«, stimmte ich zu.
Und Wutz meinte: »Aufatmen können wir erst, wenn wir wieder zu Hause sind.«
Pa sah ihn alarmiert an. »Warum? Was verheimlichst du uns?«
Wutz fuhr sich mit den Händen durch die Haare und lehnte sich zurück. »Nichts«, seufzte er.
Aber Pa war mit einem Satz auf den Beinen und zog Wutz mit sich in die Höhe.
»Wir müssen reden. Sofort!« Damit rauschten die beiden aus dem Speisesaal.
Wenige Minuten später kam Pa zurück. Allein.
»Wo ist Wutz?«, wollte ich wissen.
»Ab jetzt wieder
topsecret
unterwegs«, knurrte mein Vater so finster, dass ich besser keine weiteren Fragen stellte.
»Herr Michalski?« Ein Mann in blauer Uniform und mit Nickelbrille war plötzlich an unserem Tisch aufgetaucht. Er war klein, kugelrund und hatte keinen Hals.
»Zieh ich Arm’ und Beine ein, könnt ich eine Murmel sein«, flüsterte ich Finn zu, der sich daraufhin nur schwer das Grinsen verkneifen konnte.
Mein Pa blickte hoch. »Der bin ich.«
»Kapitän Hansjörg Schmölling. Mein Staffkapitän hat mir gesagt, dass ich Sie und Ihre Familie hier finden würde.«
Pa sprang ruckartig vom Tisch auf. »Wie ist die Lage drüben an Bord?«, wollte er wissen.
Der kleine Murmelmann, der Pa gerade mal bis zur Brust reichte, wiegte nachdenklich seinen halslosen Kopf hin und her. »Zum Glück hat die Feuerwehr den Brand jetzt unter Kontrolle bekommen. Das Schiff wird bei Tagesanbruch nach Dänemark in den nächsten Hafen gezogen. Dann kann man mehr sagen. Aber ich bin hier, um mich bei Ihnen zu bedanken. Im Namen meiner Besatzung und aller Passagiere. Wenn Sie das Feuer nicht entdeckt hätten, dann hätte
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