Achtung BABY!
sollten.
[Menü]
Last-Minute-Angebote
Wenige Tage vor der Geburt kriegt man noch Last-Minute-Tipps. Die sind nicht immer hilfreich. Besonders Mütter können grausam sein. Die schildern sich gegenseitig lauthals Geburts-Horrorszenarien und ergehen sich genüsslich in Details.
»Bei uns war es ein fünfzehnstündiger Kampf.«
»Wie, nur fünfzehn Stunden? Bei uns waren es achtzehn, und als der Oberarzt mit der Saugglocke kam …«
»Dann riss der Damm …«
»Wollte eure Nachgeburt auch nicht rauskommen?«
Nichteltern drumherum fallen um wie die Fliegen. Danke. Da kriegt man schon ein bisschen Angst vor der Geburt. Man braucht auch nicht alles zu wissen. Eine Hebamme fragte uns mal:
»Wisst ihr, warum Krankenschwestern auf Geburtsstationen privat meist keinen Quark mehr essen?«
»Nein.«
»Bei einem Dammschnitt wird nachher oft Quark draufgeschmiert. Na ja, ich kann verstehen, dass da die Bedeutung von Quark als Nahrungsmittel etwas verliert.«
Was würde da noch alles auf uns zukommen? Ich hatte auch Filme gesehen wie »Das Omen« oder »Rosemaries Baby«. Das half mir aber auch nicht weiter. Bei einem Auftritt in Stuttgart habe ich mal ins Publikum gefragt, wer von den Männern schon mal bei einer Geburt dabei war und wie es für sie so war. Ein Schwabe meldete sich und gab folgenden Kommentar: »Geburt, des isch au net anders wie Hasenschlachten.«
Nur einmal bekam ich einen guten Ratschlag, wie ich mich bei der Geburt verhalten sollte. Wir waren auf einem Sommerfest, und da traf ich auf Marcel Reif, den Fußballkommentator. Und der gab mir einen kryptischen Hinweis: »Michael, ein Tipp, ich habe zwei Kinder, hör mir zu: Wenn das Kind kommt, bleib beim Kopf, bleib beim Kopf, geh nicht nach unten, egal, was passiert, bleib beim Kopf!«
Ich dachte erst, der will mir die Spielaufstellung der deutschen Nationalmannschaft machen. Aber kurze Zeit später saßen wir bei einem Beratungstermin in unserer zukünftigen Geburtsklinik, und der Arzt schien ein Freund von Marcels Taktik zu sein. Er blickte mich bedeutungsschwanger an und riet mir: »Herr Mittermeier, bleiben Sie beim Kopf! Sie tun sich nichts Gutes. Sie wollen das nicht sehen. Sie sind neugierig, aber Sie wollen das nicht sehen!«
Noch wusste ich nicht, was ich wollen würde. Mit kinderlosen Männern braucht man über so ein Thema erst gar nicht zu reden, die sind da nicht ganz auf der Wellenlänge. Ich habe einen Kumpel gefragt, was er tun würde, und der sagte nur: »Klar gehst du nach unten und schaust. Am besten die Videokamera an!«
Es soll ja tatsächlich schon Männer gegeben haben, die bei der Geburt mit ihrer Videokamera gefilmt haben. Da wird dann kommentiert wie bei einem Urlaubsvideo: »Wir befinden uns hier vor der großen Grabkammer! Wir warten auf den großen Augenblick. Oh, guck, ein Maulwurf bahnt sich seinen Weg. Schatz, wink doch mal!«
So eine Geburt ist vielleicht nicht der ideale Zeitpunkt, den Vater des Kindes abzuschießen, aber man würde sich doch einiges ersparen. Übrigens hatte Marcel Reif noch etwas erwähnt, was ich mir ersparen sollte: »Michael, bleib beim Kopf, und Nabelschnur durchschneiden, mach es nicht. Das ist nicht so schön, wie du’s dir vorstellst. Die Nabelschnur, das ist ein bisschen so wie ein Gartenschlauch, richtig zäh und gummiartig, das muss nicht sein.«
Manchmal kamen wir uns vor wie der Briefkasten von »Aktenzeichen XY ungelöst«: »Sachdienliche Tipps und Hinweise bitte an die nächste Schwangeren-Station.« Einen zentralen Tipp bekamen wir noch last Minute: Wir sollten vor der Geburt unseres Kindes unsere künftige Erziehungsstrategie festlegen, weil nachher das Hirn weich wird. Eltern geben im Kreißsaal ihr Hirn ab, und die meisten vergessen es auch dort. So wäre zu erklären, dass Eltern alles toll finden, was ihre Nachkommen so veranstalten. Egal, was die Kinder machen, alles ist was Besonderes. Der Kleine kommt an und hat auf ein Blatt Papier etwas völlig Undefinierbares gekritzelt.
»Mami, ich habe das für dich gemalt.«
»Ui, das ist aber schön. Was ist denn das?«
»Das bist du, Mama!«
»Das hast du aber toll gemalt, mein Kind!«
Als Noch-Kinderloser dachte ich immer, das geht doch eigentlich nicht. Was soll denn dieses Kind in so einem Fall lernen? Da müsste man doch normalerweise ehrlich sagen: »Geh in dein Zimmer, mal etwas, was man erkennen kann, und dann kannst du wiederkommen!«
Man kann Kinder nicht für alles loben. Später dann mal im Arbeitsleben, glaubt
Weitere Kostenlose Bücher