Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
Lebendgeburten
1970
509.815
1.047.737
1971
492.035
1.013.396
1972
438.185
901.657
1973
397.070
815.969
1974
391.990
805.500
1975
379.520
782.310
1976
388.585
798.334
1977
390.847
805.496
1978
392.753
808.619
1979
397.627
817.217
1980
421.641
865.789
1981
419.560
862.100
1982
418.516
861.275
1983
402.494
827.933
1984
395.045
812.292
1985
396.555
813.803
1986
413.331
848.232
1987
421298
867.969
1988
433.942
892.993
1989
428.873
880.459
1990
440.296
905.675
1991
403.921
830.019
1992
394.307
809.114
1993
388.376
798.447
1994
373.734
769.603
1995
372.492
765.221
1996
386.800
796.013
1997
395167
812.173
1998
382.169
785.034
1999
374.448
770.744
Tabelle 16: Anzahl der Mädchengeburten unter der Gesamtzahl der Lebendgeburten in der Bundesrepublik (Ost- und Westdeutschland seit 1991) im Zeitraum von 1970 bis 1999
Abbildung 42: Anteil der Mädchengeburten mit zunehmender Geburtenzahl, basierend auf den Daten in Tabelle 16
Die Wahrscheinlichkeit für eine Mädchengeburt in der Bundesrepublik und in allen untersuchten Ländern beträgt nur ungefähr, aber nicht exakt 1/2. Genauer liegt der Wert bei etwa 0,486. Der biologische Grund ist darin zu sehen, dass Frauen zwei X-Chromosome besitzen und Männer ein X- und ein Y-Chromosom. Damit ein weiblicher Embryo entsteht, muss ein Spermium mit X-Chromosom den Wettlauf zur Eizelle gewinnen. Doch jene Spermien, die ein X-Chromosom des Mannes transportieren, sind etwas langsamer als solche, die das Y-Chromosom transportieren: Ein X-Chromosom ist im Vergleich geringfügig schwerer.
Noch klassischer lässt sich die Annäherung relativer Häufigkeiten an theoretische Erwartungswerte mit langen Münzwurfserien veranschaulichen. Wenn eine völlig symmetrische Münzeimmer und immer wieder geworfen wird, so nähert sich die beobachtete
relative
Häufigkeit der Kopfwürfe der theoretischen Wahrscheinlichkeit von 1/2 beliebig genau an.
Um den Spieler-Fehlschluss zu verstehen, ist es jetzt nötig, in der eingeschlagenen Richtung noch etwas weiter zu denken. Das Bisherige ist für diesen Zweck zunächst nur ein Halbfabrikat, das noch vervollständigt werden muss. Dabei ist es vorschnell und, wie sich herausstellen wird, auch falsch, aus der langfristigen Stabilisierung relativer Häufigkeiten zu schließen, dass damit auch die
absolute
Anzahl der Kopfwürfe langfristig der Hälfte der Wurfzahl immer näher kommt. Würde dies in der Wirklichkeit generell so eintreten, wäre der Spieler-Fehlschluss nicht irrig, sondern eine ganz und gar korrekte Schlussfolgerung. Tatsächlich ist aber gerade das Gegenteil richtig: Der Unterschied zwischen der
absoluten
Anzahl der aufgetretenen Kopfwürfe und deren theoretisch erwarteter Anzahl (also der Hälfte aller Würfe) wird mit zunehmender Wurfzahl immer größer werden, während gleichzeitig die
relative
Häufigkeit der Kopfwürfe sich der Wahrscheinlichkeit 1/2 immer mehr annähert.
Das scheint paradox. Und ist es vielleicht beim ersten Nachdenken auch. Doch lassen wir die Münze einmal für sich selbst sprechen. Sie wird uns dies bestätigen. Ich habe an einem regnerischen Nachmittag eine Münze 200-mal geworfen und über die Entwicklung der Kopfwürfe Buch geführt. Die Entwicklungsstufen dieser willkürlichen Zufallsinstallation sind in Tabelle 17 festgehalten.
Trotz der Kürze der Münzwurfserie demonstrieren die Zahlen sehr schön, dass die absoluten Abweichungen der Anzahl der Kopfwürfe von der halben Wurfzahl, von Schwankungen abgesehen, zu größer werdenden Zahlen tendieren, während die relativen Häufigkeiten gleichzeitig dem theoretischen Wert 1/2 näher kommen und die Abweichungen davon kleiner werden. Es ist keine Besonderheit dieses speziellen Münzwurfexperimentes, sondern verallgemeinerungsfähig. Der Prozess der fortlaufend berechneten
absoluten
Häufigkeiten eines Ereignisses ist also nicht in dem Sinne selbstkorrigierend, dass eine Tendenz hinzum Erwartungswert besteht. Genau das aber müsste gelten, wollte der Spieler-Fehlschluss nicht ein solcher sein, sondern vielmehr eine gültige Schlussfolgerung. Die Tendenz zur Annäherung an den Erwartungswert ist nur bei den
relativen
Häufigkeiten eines Ereignisses gegeben. Man kann es auch so sagen: Beim Spieler-Fehlschluss wird das Verhalten von
absoluten
und
relativen
Häufigkeiten verwechselt.
Nach n Würfen
Anzahl der
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