Achtung Klappe
weitererzählen.“
„Sie sind ein Angeber, Baldi!“
„Stimmt! Aber nur manchmal, Nobsie. Sie fangen an zu schwitzen, das ist kein gutes Zeichen.“
„Es ist ganz einfach warm hier.“
„Nicht wärmer als vorhin!“
Wunderbar, die Schweißtropfen bekamen Kinder, während die ersten links am Auge vorbei nach unten eine glänzende Bahn zogen. Er versuchte, sie durch heftiges Kopfwackeln abzuschütteln.
„Vorsichtig!“ warnte ich. „Denken Sie daran, daß auch der verliert, der verschüttet!“
„Haben Sie eigentlich noch mehr solch alberner Spiele auf Lager?“ quetschte Nobsie leidend hervor.
„Haufenweise. Ich bin eine reine Spielernatur. Können Sie Skiff?“
„Nein, was ist das?“
„Ein Kartenspiel, ich lehre es Sie!“
„Ich spiele keine Karten, also brauchen Sie es mich nicht zu lehren.“
„Sie klingen so unwirsch. Was paßt Ihnen nicht?“
„Daß ich hier stehe und ein Glas halte.“
„Wir nähern uns bereits der hundertachtzigsten Sekunde!“
„Meinetwegen...“
„He, Sie, Armanwinkeln gilt nicht!“ schimpfte ich.
Die Schweißperlen auf Nobsies Stirn waren nicht mehr zu zählen. Auch schluckte er jetzt öfter, ein untrügliches Zeichen dafür, daß er im Augenblick eine sehr kritische Phase durchmachte.
„Ich habe den Arm nicht angewinkelt!“ protestierte er leise. „Sie haben versucht, ihn abzustützen, das gilt auch nicht!“
„Sie sehen schlecht!“
„Ich sehe wie ein Adler!“
„Was sagt das schon, wo die Adler am Aussterben sind. Kann man bei diesem albernen Spiel wenigstens herumlaufen?“ fragte er.
„Nein, man muß stehen und halten, weiter nichts. Sie müssen doch zugeben, daß es sich dabei um eine äußerst leichte Spielregel handelt.“
„Ich sage nichts mehr!“
„Sie können kaum noch“, ärgerte ich ihn.
„Sie werden sich wundern! Wie war das doch? Vom besten Schneider der Stadt! Ich fange jetzt erst an!“
„Womit?“
„An der Sache Spaß zu finden. Ich hatte doch glatt den Anzug vergessen, Baldi!“
Das sagte dieser falsche Pfiff, ohne mit der Wimper zu zucken. Dabei lief ihm inzwischen das Wasser in dicken Bahnen über das runde Gesicht. Ein tapferer Bursche, dieser Nobsie, ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen. Wollte er mich wirklich um einen teuren Maßanzug bringen? Jetzt lächelte er auch noch, als bereite ihm die Halterei Vergnügen.
„Hätte nie gedacht, daß Buttermilch so schwer sein kann.“ Ich nickte. „Man hat das Gefühl, daß sie ständig mehr wird, was?“
„Stimmt. Wie der Mensch sich doch täuschen kann“, stöhnte er und wechselte erneut die Beinstellung. „Aber wir werden es schon schaffen. Ich wäre für ein sanftes Dunkelblau.“
Ich sah ihn verständnislos an. Er erklärte mir keuchend:
„Den Anzug, meine ich. Oder haben Sie was dagegen?“
„Aber nicht ein verschrumpeltes Böhnchen“, antwortete ich. „Meinetwegen können Sie sich auch für Lilagraurosa entscheiden, hehehe.“ Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, daß bereits dreieinhalb Minuten hinter uns lagen. Balduin der Dritte zeigte neue Kräfte, die erste kritische Phase hatte er überwunden. (Schade!)
„Wie war das denn, wollten Sie zum fortgeschrittenen Zeitpunkt nicht ein paar lustige Geschichten zum besten geben?“
„Ihnen geht’s wohl gut,“ erkundigte ich mich und versuchte, Gleichgültigkeit zu heucheln, dabei verspürte ich zum erstenmal ein leises ungewöhnlich schmerzhaftes Ziehen in meiner rechten Schulter. Es war deshalb ungewöhnlich, weil ich dieses Signal üblicherweise erst nach der fünften Minute wahrnahm.
„Es geht mir blendend“, sagte Nobsie, fuhr sich mit der Linken demonstrativ in die Hosentasche und grapschte nach einem blaugewürfelten Taschentuch, mit dem er sich behutsam das Gesicht abtupfte.
„Ich schätze, daß ich das Zeug doch noch ein paar Stunden halten kann.“
„Schauspieler!“ lächelte ich, ohne natürlich zuzugeben, daß mir das Lächeln weh tat.
„Lassen Sie sich überraschen!“ rief Nobsie überlaut und kniff das rechte Auge zu, um dabei einen Schweißtropfen wegzuquetschen.
„Ich lasse mich überraschen!“
„Und jetzt würde ich gern ein bißchen was aus Ihrem Detektivalltag hören.“
„Blau ist wohl Ihre Lieblingsfarbe?“
„Warum fragen Sie?“
„Weil ich neugierig bin. Den Anzug wollen Sie in Blau, ihr Taschentuch wird von Blau beherrscht...“ Der Sekundenzeiger passierte soeben die vierte Minute, und der Schmerz in meiner Schulter nahm beängstigende Formen an.
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