Acornas Heimkehr
sehen, dass sie dabei selbst den Tränen nahe war. »Aber ihm wurde von unseren Feinden schlimmer Schaden zugefügt. Manche werden seine Verletzungen sehen und ihm selbst die Schuld dafür geben, dass er sie erlitten hat, so irrational das auch sein mag. Aber andere werden so einsichtig sein wie du und wissen, dass er der lebende Beweis für die Tapferkeit und den Durchhaltewillen der Linyaari ist.
Du musst sehr stolz auf ihn sein.«
»Das bin ich«, versicherte Maati, ergriff die Hand der Ärztin und versuchte, sie in Aaris zu legen. »Aber er hat so schreckliche Schmerzen – bin ich denn die Einzige, die das spürt? Kann ihm denn niemand helfen?«
Aari hob sie hoch, nahm sie auf den Arm, strich mit seiner verwachsenen Hand sanft über ihr Haar und beruhigte sie. »Ich bin inzwischen daran gewöhnt, kleine Schwester. Bitte weine nicht um mich. Hast du nicht gehört, was sie gesagt haben?
Später, wenn sie mehr wissen, können sie vielleicht auch mehr tun.«
»Aber es muss doch irgendetwas geben, das sie jetzt tun können«, ließ das Kind nicht locker.
»Nun, eigentlich gäbe es schon etwas«, meldete sich Becker zu Wort. »Man könnte die alten Bruchstellen erneut brechen, jeweils eine zur Zeit, und dann ordnungsgemäß richten und ausheilen. Das müsste funktionieren.« Erwartungsvoll sah er die Mediziner an und hob fragend eine Augenbraue. Acorna übersetzte.
»Solche Dinge tun wir nicht, Kapitän. Nicht einmal zu therapeutischen Zwecken und um zu heilen. Ein Lebewesen vorsätzlich zu verletzen ist ein verabscheuungswürdiger Akt der Gewalt und nicht unsere Art.«
Als Acorna Becker die Antwort der Ärzte vortrug, zuckte er die Achseln und fragte: »Aber sie hätten nichts dagegen, die Sache sauber zu Ende zu führen, wenn ich die Drecksarbeit für sie übernehme, oder?«
Acorna dolmetschte. »Dagegen hätten sie keine Einwände.«
Sie fragte Becker: »Was haben Sie denn vor?«
»Nun, als Erstes möchte ich etwas sicherstellen: So wie Aari mich und SB geheilt hat, als wir verletzt waren – können sie das bei ihm in der gleichen Art und Weise hinkriegen? Ich meine, können sie es so anstellen, dass seine erneuten Verletzungen praktisch sofort wieder heilen, sodass er nichts davon spürt, jedenfalls nicht länger als höchstens einen winzigen Sekundenbruchteil lang?«
Die anderen machten zweifelnde Gesichter, Acorna jedoch, die über beträchtliche Erfahrungen hinsichtlich der Heilkünste ihres eigenen Horns besaß, nickte. »Ja. Wahrscheinlich sogar noch erheblich wirkungsvoller, als Aari Sie geheilt hat, da ihm ja nur tote Hörner zur Verfügung standen, um die Heilung zu bewerkstelligen.«
»Also, dann brauchen wir jetzt nur noch die Stellen seines Knochengerüsts noch einmal zu brechen, die schief zusammengewachsen sind, und sie danach wieder zu heilen, und zwar diesmal richtig. Mir graut davor, Aari so etwas zuzumuten, aber es ist die einzige Lösung«, stellte Becker fest.
»Eure Ärzte mögen Prinzipien haben, die ihnen so etwas verbieten, ich aber nicht.«
Bidiila warnte: »Mir persönlich sind noch nie zuvor Frakturen untergekommen, die so alt sind wie diese hier. Den wenigsten von uns. Wenn man fast jede Wunde sofort wieder heilen kann, bekommt man naturgemäß nur selten alte Verletzungen zu sehen. Und selbst wenn doch, dann wurde sie in der Regel bereits vor unserem Einschreiten irgendwie medizinisch behandelt, um zu verhindern, dass diese Traumen in einem so schlimmen Zustand bleiben wie die von Aari.«
»Ich verstehe, Doktor. Ihr wollt es nicht tun, weil in eurer Sichtweise das Verletzen von Patienten das genaue Gegenteil von Heilen ist. Ich hingegen habe keine Schwierigkeiten damit, jemandem ein paar Knochen zu brechen, besonders nicht für einen guten Zweck.« Er legte Aari die Hand auf die Schulter.
»Wie steht’s, Kumpel?«, erkundigte er sich. »Bist du damit einverstanden, dass ich dich ein bisschen in die Mangel nehme, damit eure Mediziner dich diesmal richtig heilen können?
Wegen des Horns kann ich leider nicht viel tun, aber ich habe da ein Brecheisen, das uns für ein paar wohl gesetzte chirurgische Schläge gute Dienste leisten dürfte. Sie haben versprochen, dass es nur einen Moment lang wehtun wird.«
Aari warf den Ärzten, die mit Ausnahme von Bidiila während der vorangegangenen Diskussion ein wenig zurückgewichen waren, einen unerschrockenen Blick zu. »Schmerzen, die mir ein Freund zufügt, vermag ich auszuhalten«, versicherte er.
»Ein Teil der Qualen, die
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