Acornas Heimkehr
deine vordringlichste Pflicht vielleicht darin bestehen, in die Stadt zurückzukehren und unseren Leuten die zutreffende und an sich – ein Umstand, den wir bislang übersehen zu haben scheinen – ausgesprochen frohe Botschaft verkünden, dass einer, den wir alle verloren gewähnt hatten, nicht nur zurückgekehrt, sondern auch die allererste Person überhaupt ist, die eine Gefangennahme und Folterung durch die Khleevi überlebt hat. Dass er sich gerade in medizinischer Behandlung befindet, um seine Verletzungen heilen zu lassen, und schon bald wieder im Kreis seiner Freunde und Lieben weilen sollte. In der Zwischenzeit werden Acorna, da sie Thariinye zufolge ja als Einzige von uns im Stande ist, vernünftig mit dem streitsüchtigen Kapitän Becker zu reden, Maati als nächste Blutsverwandte und ich als Freund und alte Bekannte aus den Jugendtagen des Jungen hier bleiben, um den Ärzten bei ihrer Arbeit zu helfen und allen moralische Unterstützung zu leisten.« Großmamas Worte waren ein unverhohlener Befehl an die verstörte Viizaar.
»Wie du wünschst, Großmama.« Liriili zog sich zurück und machte sich auf den Weg zur Stadt. Der Rest von ihnen marschierte zum Kompavillon hinüber.
Die Kommunikationsoffizierin überließ ihnen bereitwillig ihren Platz vor der Komanlage und schaute interessiert zu, wie Acorna die Condor anfunkte.
»Hallo, Dame Acorna, schön, Sie zu sehen. Was kann ich für Sie tun, meine Liebe?« Das ehrliche Gesicht von Jonas Becker spiegelte Freude über ihren Anblick auf seinem Komschirm wieder.
»Kapitän Becker, hier neben mir ist Großmama Naadiina, von der Sie ja aus seinem eigenen Mund gehört haben, dass Aari sie kennt und gern mochte. Sie würde gerne mit ihm reden. Aaris jüngere Schwester, Großmamas Mündel, ist auch hier. Wir haben Maati von Aaris Verletzungen erzählt, aber sie möchte schrecklich gerne selbst mit ihm reden und… nun, ich denke, es wäre am besten, wenn sie ihm das selbst sagen könnte.«
»In Ordnung. Wenn Sie es für das Beste halten, dann werde ich versuchen, ihn hier reinzulotsen.
Aber diese
Schwachköpfe, die mit Ihnen hier waren, sind an Bord dieses Schiffes nicht mehr willkommen. Ich hoffe, das haben alle verstanden.«
Acorna lächelte. »Ich glaube, Sie haben sich in dieser Angelegenheit mehr als deutlich ausgedrückt, Kapitän.« Sie sah sich um. »Thariinye scheint im Augenblick nicht hier zu sein, aber Liriili hat ihm aufgetragen, nach den Ärzten zu schicken. Sie müssten schon bald eintreffen. Wir drei würden gerne zusammen mit ihnen auf Ihr Schiff zurückkehren, mit Ihrer Erlaubnis.«
»Gewährt, mit Freuden«, antwortete er. »Warten Sie eine Minute, und ich werde mal sehen, ob Aari heraufkommt, um mit seiner Schwester zu reden.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Kontakt autorisiert ist«, zweifelte die Komdiensthabende.
»Nicht?«, wunderte sich Großmama. »Nun, er ist es. Liriili hat Khornya und mich zu ihren offiziellen Verbindungsleuten in dieser Angelegenheit ernannt. Khornya stellt doch bereits ein großes Talent als Fremdvolk-Botschafterin unter Beweis, finden Sie nicht?«
»Doch, Großmama«, bestätigte die Funkerin kleinlaut.
»So ist’s brav, Mädchen«, lobte Großmama mit einem großherzigen Lächeln.
Einen Moment später erschien Becker wieder auf dem Komschirm. Hinter ihm ragte eine große Gestalt mit einer um den Hals geschlungenen Katze auf. Maati hatte das Kinn vorgereckt und sich auf alles gefasst gemacht. Als Aaris verwüstetes Gesicht auf dem Bildschirm sichtbar wurde, blinzelte sie zweimal, doch das war alles. Aari blinzelte ebenfalls, also hatte er ihre instinktive Reaktion womöglich gar nicht gesehen. Acorna vermutete, dass er darum kämpfte, nicht wieder in Tränen auszubrechen.
»Willkommen zu Hause, großer Bruder«, sagte das kleine Mädchen, wobei sie sich weniger wie ein kleines Mädchen anhörte, als Acorna es je erlebt hatte. »Ich bin Maati; unsere Eltern haben mich hier auf Narhii-Vhiliinyar zur Welt gebracht, bevor sie zurückgegangen sind, um nach dir und unserem Bruder zu suchen. Sie… sie haben dich nie gefunden?« Acorna erkannte, dass sie zwar versucht hatte, den letzten Satz nicht wie eine Frage klingen zu lassen, dass es ihr jedoch augenscheinlich nicht gelungen war, den winzigen Funken Hoffnung, den sie immer noch hegte, nicht in ihrer Stimme mitschwingen zu lassen.
»Zu meinem Kummer, nein. Ein nicht minder großer Kummer ist, dir berichten zu müssen, dass unser Bruder dieses
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